Akte X - Staffel 1




Alles zu Chris Carters Mystery-Serien Akte X, MillenniuM und The Lone Gunmen

Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Do 8. Mär 2018, 01:24

Die Serie war in dieser Staffel noch sichtbar in den Kinderschuhen. Nur wenige Mytharc-Episoden, und auch sonst so einige, die man in die Tonne treten konnte. Nichtsdestoweniger sind einige sehr gute Folgen außerhalb des Mytharcs drin.

Mytharc-Episoden (kursiv die absolut unerlässlichen):

1X01: Pilot (Gezeichnet)
1X02: Deep Throat (Die Warnung)

1X04: Conduit (Signale)
1X10: Fallen Angel (Gefallener Engel)
1X11: Eve (Eve)
1X17: E.B.E. (Täuschungsmanöver)
1X24: The Erlenmeyer Flask (Das Labor)
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Mo 14. Mai 2018, 09:40

Ich habe mir den Auftaktfilm "Gezeichnet" mittlerweile angesehen, weiß aber nicht, was ich davon halten soll und bin verunsichert. Bewusst habe ich noch keine Kommentare und Interpretationen dazu gelesen, um meinen "ersten Eindruck" nicht durch Gelesenes zu verwischen. Zusammenfassung der Handlung nochmals hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Gezeichnet_(Akte_X)]
Was mir aufgefallen ist:
- sehr spannende Mischung aus Thriller und Fantasy-Elementen
- zum Teil richtig beklemmend

Für mich zu schnell geht die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren im Pilotfilm, Scully und Mulder. Erst mögen sie sich gar nicht, die Frau wird vom Mann richtig angefahren, dann auf einmal plötzlich - so empfinde ich dies - "ein Herz und eine Seele?" Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Für mich funktioniert - basierend auf dem Auftaktfilm - die Sache als Thriller oder Fantasy sehr gut, den - möglichen - Realitätsbezug ("beruhend auf wahren Ereignissen") sehe ich skeptisch oder nicht so sehr. Die Erklärung auf Wikipedia: "Am Anfang der Episode erscheint der Schriftzug: „Der folgende Film stützt sich auf Tatsachenberichte.“ Damit ist jedoch nicht gemeint, dass die Agenten Mulder und Scully oder deren Arbeit an den X-Akten wirklich existieren würden. Auch die Ereignisse in Bellefleur, Oregon, und sogar die Stadt selbst sind reine Fiktion. Mit den Tatsachen sind die einzelnen typischen Phänomene gemeint, welche normalerweise mit UFO-Erscheinungen und Entführungen durch Außerirdische einhergehen. Dazu zählen Implantate, verlorene Zeit, Narben an den Körpern von Entführungsopfern sowie das charakteristische gleißende Licht." ist wohl zutreffend, aber dennoch brauche ich wohl noch einige Zeit, mich an die Serie zu gewöhnen. Ich weiß - wie gesagt - noch nicht so recht, was ich von der Pilotepisode halten soll und habe deshalb auch die weiteren Folgen noch nicht gesehen.
Jetzt weiß ich wenigstens, woran mich die Serie "Dark" in Netflix erinnert.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Mo 14. Mai 2018, 12:19

Der Schriftzug am Anfang ist ein Übersetzungsfehler (ich weiß schon, warum ich immer empfehle, die Originale anzusehen; die Synchronisation ist einfach unfähig). Es heißt, "The following story is inspired by actual documented accounts". Inspired =/= stützt sich auf. UFO-Entführungen sind dokumentiert, ob man sie nun glaubhaft findet oder nicht. Aber natürlich sind die konkreten Entführungen in Oregon Fiktion.

Der Satz soll einfach aussagen, dass sich die X-Files in unserem Universum bewegen und nicht in einem fiktiven wie der "Galaxy Far, Far Away" oder dem Potterverse mit seiner magischen Welt, wo von vornherein andere Naturgesetze gelten. (Ob man den Satz in späteren Staffeln noch so stehen lassen kann, ist eine andere Diskussion. Aber für den Pilotfilm gilt er.)

Dass Mulder Scully angefahren hat, habe ich nicht so empfunden. Habe aber die deutsche Synchro lange nicht gesehen, kann sein, dass das da so rüberkommt.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Mo 14. Mai 2018, 12:32

Der von mir überarbeitete Review-Eintrag zum Pilotfilm:


Folge 1, Staffel 1: "Gezeichnet / Pilot (The X-Files)"

Drehbuch: Chris Carter
Regie: Robert Mandel



Die junge FBI-Agentin Dana Scully wird der Abteilung der X-Akten zugeteilt, die sich mit unerklärlichen Fällen befassen. Sie soll dort die Arbeit von Fox Mulder wissenschaftlich begleiten, dessen Methoden den Argwohn seiner Vorgesetzten auf sich gezogen haben. Ihr erster Fall führt die beiden Agenten nach Oregon, zur Untersuchung einer mysteriösen Mordserie an Teenagern, die alle charakteristische Male am Körper aufweisen. Mulder ist überzeugt, dass sie Opfer von Entführungen durch Außerirdische sind.

Wie bei einem Pilotfilm üblich wird der Fall hauptsächlich dazu benutzt, die Parameter für die Show zu setzen, und die Charaktere und wesentlichen Handlungsvoraussetzungen einzuführen. So werden die X-Akten und ihr Zweck benannt, und Mulder und Scully werden vorgestellt und ihre Charakterisierung in groben Zügen festgelegt: Fox "Spooky" Mulder, der brilliante aber auch kauzige FBI-Agent mit den merkwürdigen Theorien, die ihn zum Außenseiter stempelten. Dana Scully, die wissenschaftlich ausgebildete Agentin, die Skeptikerin ist und ganz auf dem Boden der Tatsachen steht. Der Fall selbst ist eine klassische X-Akte, es geht um eine Entführung durch Unbekannte, an den Opfern wurden Experimente vorgenommen.

Interessanterweise ist Scully die erste der beiden Charaktere, die uns vorgestellt wird. Oft wurde argumentiert, dass Scully die eigentliche Protagonistin ist, und nicht Mulder. Tatsächlich folgen die Zuschauer Scully, und werden zusammen mit ihr in die X-Akten eingeführt. Als Blevins ihr von ihrem neuen Job erzählt, weiß man als Zuschauer genauso wenig wie sie, und fragt sich, was für ein Typ dieser Mulder wohl ist (wenn man aufmerksam ist, fragt man sich auch, wer dieser Raucher ist, der wortlos alles beobachtend im Hintergrund steht).

Mulder wird uns, noch bevor wir ihn zu sehen bekommen, in zwiespältiger Weise vorgestellt. Einerseits lobt Scully seine Qualifikationen in den höchsten Tönen, andererseits wird beim Gespräch in Blevins Büro auch deutlich, dass er sich mit seltsamen Theorien beschäftigt und unorthodoxe Vorgehensweisen pflegt, und die Vorgesetzten wohl mit ihrer Geduld langsam am Ende sind. Sein Büro befindet sich im Keller, ohne richtige Fenster, schon der Zugang ist mit allem möglichen Gerümpel halb verstellt. Das Büro selber ist ein heilloses Chaos und hat nichts mit den aufgeräumten Tischen in den Großraumbüros oben im Gebäude gemein. Als Scully sich dort hinunter begibt, ist die Symbolik klar: Sie verlässt ihr bisheriges geordnetes Leben und steigt hinab in die Unterwelt.

Die erste Begegnung der beiden lässt dann auch vermuten, ganz so schräg hat sich Scully Mulder nach den Berichten wohl doch nicht vorstellt. Er stellt sich vor als "The FBI's most Unwanted". Im Büro selber stapeln sich unübersichtlich Akten und Utensilien, an der Wand das "I Want To Believe"-Poster (interessant, dass in der Episode die Sonnenblumenkerne auch schon da sind). Es wurde viel über Carters Umkehrung der Geschlechterrollen geschrieben und tatsächlich wird gleich in dieser Szene klar, dass es hier Mulder ist, der dem Irrationalen, Intuitiven und auch Fantastischen zugeneigt ist (was üblicherweise der rechten Gehirnhälfte und "dem Weiblichen" zugeordnet wird), während Scully die rationale, sich auf Fakten und wissenschaftliche Methoden Verlassende ist (üblicherweise der linken Gehirnhälfte und "dem Männlichen" zugeordnet). Mulder macht sie gleich darauf aufmerksam, dass bei seiner Arbeit die Königin der Wissenschaften, die Physik, selten anwendbar ist. (Interessanterweise hat Scully eine Undergraduate Thesis in Physik geschrieben - nicht alltäglich für eine Medizinerin - aber nicht in irgendeiner physikalischen Disziplin, sondern in der Quantenphysik, in der selbst diverse klassischen physikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht zu gelten scheinen. Könnte sein, dass da für Scully schon ein Weg aus dem szientistischen Dogma bereitet wurde.)

Zu Beginn der Untersuchungen prallen die beiden Sichtweisen immer wieder aufeinander, und während Mulder etwas herablassend und konfrontierend ist, lässt Scully ihrerseits durchblicken, dass sie Mulders Theorien nicht ernst nehmen kann. Dennoch wird recht schnell klar, nämlich gleich in der zweiten Nacht im Motel, dass Scully nicht nur die toughe Wissenschaftlerin ist, der so ein läppisches Implantat nicht den Schlaf rauben kann, als sie wegen ein paar Mückenstichen regelrecht in Panik verfällt und zu Mulder rennt. Der wiederum zeigt, dass er sehr wohl eine fürsorgliche Seite an sich hat, und nimmt sich ihrer an, ohne zu versuchen, die Situation auszunutzen. Als er ihr dann von dem Verschwinden seiner Schwester erzählt, von der er glaubt, dass sie von Außerirdischen entführt wurde, ist der Grundstein für gegenseitiges Vertrauen gelegt.

Insgesamt wirkt Scully in dieser Folge noch sehr naiv, lehrbuch- und autoritätsgläubig (so übergibt sie z.B. Blevins den einzig verbleibenden Beweis), aber ihr Vertrauen in die Autoritäten wird schon durch die Vernichtung der Beweise deutlich erschüttert. Auch ihr Lehrbuch-Glaube ist nicht so fest, wie es den Anschein hat - die unerklärlichen Erlebnisse während der Arbeit an diesem Fall rütteln sie ziemlich durcheinander, und nachdem sie den Waldboden an Billy Miles Füßen entdeckt, muss Mulder sie sogar warnen, sie solle daran denken, dass sie über ihre Schlussfolgerungen einen Bericht schreiben muß. Dennoch ist Scully am Ende der Episode nicht zugegen, als Mulder im Wald das gleißende Licht sieht. Dass Scully woanders ist / zu spät kommt / bewusstlos ist, wenn irgendwas Unerklärliches passiert, ist ja beinahe schon Running Gag in den ersten Staffeln.

Gegeben, dass Scully eigentlich den X-Akten zugeteilt wurde, um Mulder zu diskreditieren, glaube ich, dass Blevins einen psychologischen Fehler machte, als Scully ihm am Ende berichtete und er sie so ein bisschen abkanzelte, weil sie keine Beweise vorbringen konnte. Damit musste sie gleich einmal ein paar Meter in Mulders Mokassins laufen und kriegte zu spüren, wie es ist, wenn man etwas zweifelsfrei gesehen hat und einem keiner glaubt. Das brachte sie gleich etwas in Oppositionshaltung und auf Mulders Seite, wie man an der etwas trotzigen Übergabe des Implantats erkennen konnte.

Im Hinblick auf die Handlung des Pilotfilms geht es um Entführungen durch Außerirdische und Opfer, an denen Experimente vorgenommen wurden, ein Kernthema der X-Akten.
Die Experimente in Bellefleur sind Teil der frühen Hybridisierungsexperimente; es sind keine offensichtlichen äußeren Merkmale zu erkennen, aber die Leichen zerfallen nach dem Tod in eine nicht-menschliche Gestalt. Sowohl Billy Miles als auch Theresa Nemman tauchen später in der Serie im Zusammenhang mit Experimenten wieder auf.
Die Entführten haben Implantate, die Auswirkungen auf Krankheiten haben und die Testpersonen lenken können. Das Versagen von Elektronik und unerklärliche 9-Minuten Zeitverlust bei außerirdischen Entführungen sind bereits ein Storyelement. Es werden fast alle Beweise, die Mulder und Scully gesammelt haben, vernichtet. Den einzig verbleibenden, das Implantat, deponiert der Raucher am Ende der Episode in einem riesigen Archivraum im Pentagon. Klar ist, dass es im FBI Leute gibt, die Bescheid wissen, und auch das Verteidigungsministerium eine Rolle spielt. Die Show deutet hier schon die Existenz dunkler Machenschaften und einer großen Verschwörung an - schon zuvor hatte Mulder Scully von diesem Verdacht erzählt. Er glaubt nicht nur, dass seine Schwester von Außerirdischen entführt wurde und weiterhin Leute entführt werden, sondern auch, dass die Regierung darüber im Bilde ist. Er glaubt, dass er nur weiter arbeiten darf, weil ihn jemand im Senat protegiert.
Das ist im Kern richtig, nur ist der Senatskontakt - Matheson - bei Weitem nicht der wichtigste Player, der ihn schützt.
Er sagt Scully auch, dass sie ein Teil der Agenda gegen ihn sei - was auch seine psychologische Wirkung hat, da jemand wie Scully natürlich nicht gern als ein unwissentliches Werkzeug anderer gesehen werden will.

Der Pilotfilm ist überschrieben mit "The following story is inspired by actual documented accounts". Inspiriert vor allem von der Politik der USA in der Nachkriegszeit, und den Geschehnissen in der Watergate-Affäre. Im tieferen Sinn kann diese Tagline weniger auf dokumentierte Fälle von vermeintlichen Entführungen durch Außerirdische bezogen werden, als auf dokumentierte Fälle von Regierungen oder Teile derer, die lügen, die Öffentlichkeit täuschen und eine versteckte eigene Agenda verfolgen.

Im Hinblick auf filmische Einflüsse ist neben dem offensichtlichen "Close Encounters of the Third Kind" und der Anspielung auf "Raiders of the Lost Arc" am Ende vor allem "Silence of the Lambs" zu nennen. Die Figur der Dana Scully ist nach Carters eigener Aussage durch Clarice Sterling inspiriert (nicht zufällig hat Scully rote Haare).

Der Pilotfilm leistet besonders, was die Einführung der Charaktere angeht, m.M.n. erstaunlich viel, das ist wirklich alles sehr geschickt gemacht. Die Chemie zwischen den beiden Hauptcharakteren stimmt von der ersten Szene an. Dann ist da der Raucher, gleich in der ersten FBI-Szene im Büro, und später bei der Befragung von Billy Miles anwesend. Auch die wesentlichen Handlungselemente werden gut eingeführt. Die Inszenierung tut ein Übriges, den Ton für die Serie zu setzen. Der Filmort Vancouver, mit den dunklen, feuchten Wäldern und dem notorischen Wetter, schafft eine perfekte bedrohliche Atmosphäre. Es gibt beängstigende Szenen bei Nacht und im Regen mitten im Wald und auf Friedhöfen, exhumierte Leichen und undurchsichtige Gesetzeshüter, und am Ende ist da wieder der Raucher, der den einzigen Beweis in einer riesigen Lagerhalle im Pentagon verstaut ... eben alles, was eine X-Akte ausmacht.

Insgesamt ist der Pilotfilm einer der besten seiner Art, die ich gesehen habe. Zwar ist die Geschichte jetzt nicht übermäßig spektakulär und streckenweise noch etwas behäbig, und auch die Inszenierung und die Schauspielkunst sind noch nicht auf dem Niveau der späteren Folgen. Dennoch leistet "The X Files" mit Bravour alles, was ein Pilotfilm leisten sollte. Ich gebe fünf von sechs unerklärlichen Körpermalen dafür.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Mo 14. Mai 2018, 12:51

Vielleicht werde ich mir die weiteren Folgen - jetzt habe ich ja Urlaub und etwas mehr Zeit - doch im englischen Original ansehen. Danke für die Hinweise. Jetzt habe ich auch den Bezug zu den "Tatsachen" besser verstanden. Dies wirkt in der Tat beklemmend. Diese Wirkung im Pilotfilm resultiert für mich aus einer klassischen Abgrenzung des Phantastischen Genres von Fantasy. Eine - der zahlreichen - Definitionen von Phantastik lautet ja, dass das Phantastische aus einer anderen Welt in unsere wirkliche Welt "eindringt", die Grenze zweier Welten also überwindet. Dies wirkt häufig düsterer oder bedrohlicher (man denke an die Autoren der Phantastischen Literatur, etwa Poe) als reine Fantasy, in der einer eigenen Welt, die von unserer streng abgegrenzt ist, sich Dinge ereignen, es aber keinen Bezug oder eine Überschneidung zu unserer Welt gibt, auch wenn die dortigen Ereignisse auch in unserer Welt spielen könnten (etwa die Werke von Tolkine oder auch G.R.R. Martin). Ich glaube, darauf - auf die Einführung des phantastischen Elementes - beruht die Wirkung von Akte X - zumindest des Pilotfilms.

Was die beiden Protagonisten im Pilotfilm angeht: Mulder wirft Skully ja vor, ihn ausspionieren zu wollen - und dann ist auf einmal Friede, Freude, Eierkuchen. Die Wendung in der Szene mit den Mückenstichen - die plötzliche Angst der vorher doch so rationalen Skully - ist mir auch als Schlüsselszene oder Wendepunkt aufgefallen. Dies meine ich mit der obigen Bemerkung des Eindringen des Phantastischen, bislang "Unglaubhaften" in die Realität - hier die bislang wahrgenommene Realität oder Welt von Skully. Skully erkennt plötzlich, dass die unwahrscheinlichen, phantastischen Ereignisse doch "wahr" sein könnten - dem Zuschauer "gefriert" es an dieser Stelle plötzlich. Das ist in der Tat sehr gut gemacht.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Mo 14. Mai 2018, 13:20

Ja, das mit dem Phantastischen Genre im Gegensatz zur Fantasy ist ein guter Punkt. Die X-Files werden ja auch dem Mystery-Genre zugeordnet (das dürfte so in etwa die angelsächsische Entsprechung des deutschen Begriffs Phantastisches Genre sein). Bzw. unter den TV-Serien gelten die X-Files als der wohl wichtigste Vorreiter des modernen Mystery-Genres.

Ich glaube nicht, dass Mulder Scully vorwirft, sie wolle ihn ausspionieren. Sondern dass sie zu diesem Zweck zu ihm geschickt wurde. "I was under the impression... that you were sent to spy on me." Der Vorwurf, wenn es einer ist, geht an Blevins und den Raucher, die hinter der Sache stecken. Scully selber werden hier keine bösartigen Absichten unterstellt, eher schon betrachtet er sie als eine Art willfährige Marionette. "You're a part of that agenda, you know that."

(Transkripts findet man übrigens hier:
http://www.insidethex.co.uk/scripts.htm#one)

Scully passt das übrigens überhaupt nicht ("I'm not a part of any agenda. You've got to trust me. I'm here just like you, to solve this."), diese Vorstellung, von jemanden für dessen eigene Machenschaften benutzt zu werden. Auch das hat Blevins nicht einkalkuliert. Der Plan, die vermeintlich "verlässliche" Scully auf diesen Job anzusetzen, weil man die als schulbuch- und autoritätsgläubig kennengelernt hat, hat schon hier deutliche Kenntnislücken.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Sa 17. Nov 2018, 08:57

Zu Folge 1 ist mir jetzt noch aufgefallen, dass auch für mich als erster Eindruck festzuhalten ist:
Oft wurde argumentiert, dass Scully die eigentliche Protagonistin ist, und nicht Mulder. Tatsächlich folgen die Zuschauer Scully, und werden zusammen mit ihr in die X-Akten eingeführt.
Denn wenn ich es richtig sehe, ist es auch Scully, die eine Entwicklung durchmacht - wie es bei Protagonisten üblich ist. Sie wandelt sich von einer rationalen Person, die außerirdische Dinge zunächst strikt ablehnt, zu einer Person, die am Ende des Pilotfilmes zumindest Zweifel an diesem rationalen Weltbild bekommt. Das ist für mich eigentlich in dieser Pilotfolge das wirklich faszinierende: zum einen das bedrohlich wirkende Eindringen der Fantasy in die angeblich geschlossene, ja heil im Sinne von überschaubar wirkenden Realität (später von den gleichen Machern in der Serie "Grimm" oder auch der Serie "Dark" auf Netflix wiederholt), zum anderen aber keine von vornherein festgelegten, eindimensionalen oder gar statischen Charaktere. Ja, der Pilotfilm gefällt mir gut. Morgen dann mehr zur 2. Folge - hier kommt dann die Parallele zu Watergate ins Spiel. Ansonsten: hervorragende Zusammenfassung und Analyse von Folge 1, Nevermore. Ohne diese Zusammenfassung hätte ich wohl - gerade beim ersten Durchgang - häufig nur "Bahnhof" verstanden. :wink:
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Sa 17. Nov 2018, 11:16

Was mir beim Überarbeiten des Eintrags auffiel, ist, wieviel die Episode auch an Symbolik zu bieten hat. Ich konnte nicht herausfinden, ob Carter irgendeinen Background in diesem Bereich hat (Literaturstudium oder ähnliches), aber es wurde in den späteren Episoden immer deutlicher und so habe ich im Pilotfilm genauer hingeschaut. Über die Umkehrung der Geschlechterrollen wurde ja schon genug gesprochen. Es kann m.E. kaum ein Zufall sein, dass das Büro des für die "weiblichen Eigenschaften" stehenden Mulder im Keller ist, keine richtigen Fenster hat und dort solche Unordnung herrscht. Dort, wo man das Unterbewusste verortet. Schon um dahin zu kommen, muss sie durch enge, dunkle Gänge; toll aus diesem Blickwinkel die Szene, als sie im Dunklen vor der nur einen Spalt geöffneten Tür steht und zögerlich anklopft. Was sie dahinter wohl vorfinden wird? "Sorry, nobody here but the FBI's most unwanted!" Mit dem Unterbewussten und seinen Bedrohlichkeiten und Seltsamkeiten will keiner etwas zu tun haben.

Scully wird symbolisch gesprochen losgeschickt, das Unterbewusste zu treffen, und findet dort erst einmal eine ihr völlig fremde, unverständliche und sogar lächerliche Welt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese markante Szene einfach zufällig so entstanden ist. Wenn doch, wäre es wieder ein Beispiel, wie Kunst ohne bewusste Planung Bedeutung hervorbringen kann.

Womit wir wieder bei Joseph Campbell und seiner Heldenreise sind. Über Mulders "Heldenreise", der ja oberflächlich gesehen der "Held" (oder eher Anti-Held) der Serie ist, wurde viel geschrieben. Aber Scully ist auf ihrer eigenen Reise, und das wird im Verlauf der Serie immer deutlicher werden. Man kann gute Argumente dafür finden, dass ihr Charakterbogen sogar der stärkere ist. Auch wenn die Aussage "Mulder bleibt immer Mulder" sehr kurzsichtig und oberflächlich ist, Scully ist zweifellos diejenige, die die größere Wandlung durchläuft.

Was Mulder angeht, hat Duchovny hier die Figur noch nicht so ganz im Griff, dennoch kommen schon die wesentlichen Eigenschaften herüber. Er ist ein Einzelgänger und Sonderling, sehr gescheit und mit einem bissigen Humor ausgestattet, aber auch ziemlich paranoid. Beim Wiederansehen fiel mir auf, dass hier doch schon sehr auf die Bedeutung von Samanthas Entführung Wert gelegt wird. Schon beim ersten privateren Gespräch erzählt er Scully von dem Vorfall, und betont mit Vehemenz, dass sein Antrieb ist, das Verschwinden von Samantha und die dahinter liegenden Vorgänge aufzudecken. "The government knows about it, and I got to know what they're protecting. Nothing else matters to me!" Nothing else matters - das hätte Scully eine Warnung sein können, wie besessen er von dieser Suche ist. Das ist eine der Szenen, die Duchovny auch hier schon gut rüber bringt - und mir fiel auf, dass Scully da doch ein wenig erschrocken wirkte.

P.S.: Ich werde mich heute auch mit "Deep Throat" beschäftigen und die unüberarbeiteten Beiträge erstmal in den Archiv-Thread verschieben.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Sa 17. Nov 2018, 20:15

Folge 2, Staffel 1: " Die Warnung / Deep Throat"

Drehbuch: Chris Carter
Regie: Daniel Sackheim



In Idaho wird ein Militärpilot nach einer psychotischen Erkrankung hospitalisiert. Die Familie verliert jeden Kontakt mit ihm und vom Militär wird jede Auskunft verweigert. Er ist der letzte in einer Serie solcher Vorkommnisse. Mulder vermutet, das Militär vertusche Experimente mit Flugzeugen, die UFO-Technologie einsetzen. Er wird von einem mysteriösen Mann gewarnt, er solle sich von dem Fall fernhalten, macht sich aber dennoch mit Scully auf, um den Fall zu untersuchen.

"Deep Throat" fungiert als eine Art Fortsetzung oder zweiter Teil des Pilotfilms, der die Zuschauer weiter in den Handlungsrahmen und die Charaktere einführt. Während es im Piloten selbst um UFO-Entführungen ging und die Machenschaften der Regierung und vermutete Verschwörung nur angedeutet wurden, wird dies hier zum zentralen Thema. Die Regierung ist mit ihrer Technologie, sowohl was Flugzeuge als auch Gedankenkontrolle und Informationsvertuschung angeht, wesentlich weiter, als öffentlich bekannt ist. Es wird wahrscheinlich mit UFO-Technologie aus dem Roswell-Absturz experimentiert, und auf Leben und Gesundheit des "Versuchspersonals" wird hierbei keinerlei Rücksicht genommen.
Mulders Telefon wird abgehört, und Mulder bekommt seinen ersten Informanten.

Der Handlungsort, "Ellens Air Base", auf der Karte nicht verzeichnet, dient hier als Stand-In für die real existierende Area 51, die auch nicht auf den Karten verzeichnet ist: Mulder zufolge ist es einer von sechs Orten, zu denen Überreste des Roswell-Absturzes gebracht wurden. Auch das von Scully erwähnte "Aurora Project" und die die beiden Agenten auf der Landstraße überfallenden Men in Black existieren als reale Verschwörungstheorien, die beide im Zusammenhang mit angeblichen UFO-Sichtungen stehen. Dass Pläne für das Aurora-Projekt zumindest angedacht wurden, ist dokumentiert.

Ob nun außerirdische Technologie zum Einsatz kam oder nicht, auf "Ellens Air Base" wurden experimentelle Flugzeuge getestet, soviel ist im Rahmen des X-Files-Universums sicher. Bei den Experimenten mit extremer G-Belastung und Strahlung ausgesetzt erlitten die Piloten schwere mentale Schäden. Lt. Col. Budahas war einer dieser freiwilligen Testpiloten. Um die Vorgänge geheim zu halten, wurden die Piloten von der Air Force in medizinische Einrichtungen gebracht, und es wurden selektiv ihre Erinnerungen gelöscht, was jedoch nicht ohne negative Nebeneffekte bewerkstelligt werden konnte. Die Episode lässt spätestens mit Mulders Erlebnissen keinen Zweifel daran, dass entgegen Scullys Versicherungen diese Technik des selektiven Löschens von Erinnerungen existiert.

Die Episode legt Wert darauf, das menschliche Drama der Piloten, das als Kollateralschaden vom Militär hingenommen wird, in den Vordergrund zu stellen. Col. Budahas wird seiner Familie entrissen, seiner Frau wird jeglicher Kontakt mit ihm verwehrt, sie ist nicht imstande, eine Spur von ihm zu finden. Fast noch schlimmer als ihre Verzweiflung, die sie schließlich das FBI rufen lässt, fand ich die Apathie und den Fatalismus, mit der die Frau des anderen geschädigten Piloten, Mrs. McLennen, reagiert. "The military deals with things in a certain way." Als ob die Tatsache, dass die Piloten sich freiwillig zur Verfügung gestellt haben und ihre Therapien bezahlt werden, es rechtfertigen würde, dass das Militär mit den Experimenten einfach so weiter macht, oder Budahas ohne Rechenschaft ablegen zu müssen einfach so verschwinden lässt.

Die Episode zeigt auch wieder die Problematik auf, irgendetwas von all dem zu beweisen. Der ganze Militärapparat inklusive als Reporter maskierte Sicherheitsbeamte wird eingesetzt, um die Geschehnisse zu vertuschen und Beteiligte einzuschüchtern. Das Auto der MiB ist nicht registriert, Fotos haben fragwürdige Authentizität, als Augenzeugen gibt es nur Leute mit zweifelhafter Glaubwürdigkeit, so hier zwei bekiffte Teenager. Scully war wieder nicht anwesend bei Mulders Erlebnissen im Inneren der Basis, und dieser kann sich Ende an nichts mehr erinnern.

Interessant ist beim wiederholten Ansehen der Episode die Verteilung von Leichtgläubigkeit und Mißtrauen bei den beiden Agenten. Während Scully dem gesetzmäßigen Handeln der Regierung allzuleicht vertraut ("The Government is not above the law. They can't withhold information.") und sowohl die Fotos als auch die Aussagen der beiden Teenager nur belächelt, ist es bei Mulder genau umgekehrt: Dieser vertraut ungeprüft dem Foto der Barfrau und schenkt den beiden offensichtlich bekifften Teenagern Glauben. Trotz ihrer Erlebnisse in dieser Episode und im Pilotfilm muss dies für Scully einfach unnachvollziehbar sein.

Dennoch muss sie am Ende anerkennen, dass auf der Air Base unerklärliche Dinge vor sich gehen. Sie bezeichnet die Flugobjekte in ihrem Bericht auch als "unidentified flying objects" (UFOs), ohne jedoch darauf einzugehen, ob diese mit außerirdischer Technologie operieren oder nicht. "Just because I can’t explain it, doesn’t mean I’m gonna believe they were UFOs." In der Tat lässt die Episode diese Frage offen; es ist durchaus möglich, dass es eine rationale Erklärung für all das gibt. Was allerdings sicher ist und sie auch akzeptieren muss, ist, dass die Möglichkeiten der Regierung weit über das öffentlich Bekannte hinausgehen. Es sind sowohl selektive Gedächtnislöschungen möglich, als auch Flugmanöver, zu denen herkömmliche Flugzeuge nicht in der Lage sind.

Die beiden entgegengesetzten Haltungen der Agenten im Hinblick darauf, wem zu vertrauen ist und wem nicht, führen wieder zu einigen Konfrontationen sowie zum ersten von Mulders Alleingängen, mit dem er sich in große Gefahr begibt. Scullys resolute Rettungsaktion zeigt, dass sie bei allen Differenzen für ihren Partner durchs Feuer geht und dabei auch nicht das unbedarfte Mädchen ist, als das sie im Pilotfilm ein bisschen erschien.

In "Deep Throat" hat auch eine wichtige neue Nebenfigur ihren ersten Auftritt: Der titelgebende Informant Deep Throat, benannt nach dem Informanten aus der Watergate-Affäre. Er stellt sich vor als jemand, der an Mulders Arbeit interessiert ist und in einer Position ist, in der er viele Dinge erfährt, die die Regierungsarbeit betreffen. Er versucht zunächst, Mulder von dem Fall fernzuhalten, erreicht damit aber das Gegenteil (und die Frage ist, ob das nicht so gewollt war, oder seine Warnung ein Test für Mulders Entschlossenheit war). Der hervorragend ausgewählte Jerry Hardin erweckt sofort den Eindruck von jemandem, der als Informant mit Zugang zu Informationen mit hoher Geheimhaltungsstufe glaubhaft ist. Mulder scheint auf seiner Suche einen ersten Verbündeten gefunden zu haben, und sowohl die Überwachung von Mulders Telefon als auch Deep Throats Warnung deuten darauf hin, dass Mulder wirklich etwas auf der Spur ist. Am Ende der Episode antwortet er auf Mulders Frage "they're here, aren't they?": "Mr. Mulder, they’ve been here for a very long time."

Die Wahl des Episodentitels und Namens für Mulders Informanten, "Deep Throat", nach dem Whistleblower in der Watergate-Affäre ist ein Hinweis auf eine der wichtigsten Inspirationen der Show. Chris Carter hat den Einfluss der Watergate-Affäre auf seine Haltung zu Autoritäten und der Regierung anerkannt:
Chris Carter hat geschrieben:"I was about 15 or 16 when Watergate happened and I think that ruined me forever as far as my belief in institutions and in authority and agendas of government. Watergate really opened my eyes to the corruption present in the system."
Die X-Akten sind durch und durch von der Post-Watergate-Frustration und Paranoia gegenüber der Regierung inspiriert.

Was die Inszenierung angeht, weist "Deep Throat" gegenüber dem Pilotfilm erstmals einen Teaser, die Tagline "The truth is out there" und das klassische X-Akten-Intro auf. Die Interaktion von Mulder und Scully ist sehr gelungen, mit Jerry Hardin als Deep Throat und Seth Green als bekifftem Teenager hatte die Episode zwei sehr gut gewählte Gastschauspieler. Auch die Mrs Budaha fand ich gut dargestellt. Besonders die Szenen in der Militärbasis fand ich sehr gelungen, als eines der Flugobjekte über Mulder schwebt und dieser anschließend halb bewusstlos durch die Basis gezerrt wird. Ansonsten zieht sich die Episode an einigen Stellen doch etwas in die Länge. Ich gebe knapp fünf Sonnenblumenkerne dafür.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » So 18. Nov 2018, 01:28

Manchmal sind Magenschmerzen ja ganz gut. Dann kann man nicht schlafen und ich werde jetzt mal erste Gedanken zur Folge schreiben. Was zeigt mir diese Folge, die nach dem Informanten der Watergate-Affäre "Deep Throat" https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_Felt benannt ist ?
Während es im Piloten selbst um UFO-Entführungen ging und die Machenschaften der Regierung und vermutete Verschwörung nur angedeutet wurden, wird dies hier zum zentralen Thema.


Irgendwo habe ich gelesen, ich meine, es war in einer Hitler-Biographie, dass sich die Deutschen niemals daran gewöhnen könnten, dass ihr Staatsoberhaupt ein Verbrecher ist - im Zuge der Röhm oder der Blomberg/Fritsch-Affäre war dies. Und genau so geht es Scully hier. Sie kann sich nicht gewöhnen - wie viele Amerikaner - dass ihre Regierung 1974 - und heute??? - aus politischen Verbrechern bestand oder besteht. Genau wie Mark Felt in der Watergate Affäre so geht es hier aber auch um die Warnung eines "Deep Throat" vor geheimen Machenschaften der Regierung, an die Scully nicht glauben will. Akte X zeigt eben hier seine Vielschichtigkeit: auf der einen Ebene ist es ein Mystery-Film, es geht um Überirdisches, Phantastisches. Aber in dieser Folge zeigt sich eben auch: es geht um mehr: Akte X zeigt sich als eine Dystopie (vgl. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Dystopie) und folgt den Spuren George Orwells 1984 und ähnlicher Werke. Gerade die heutige Jugendliteratur zeigt ein enormes Wachstum von Titeln mit dystopischen Inhalt, etwa die Panem-Trilogie oder der "Gelöscht"-Trilogie von Tery Terri. Auch der Vergleich zu Harry Potter liegt nahe. In den ersten Bänden eine harmlose Kinder-Fantasy-Serie, spätestens ab Band 5 mit seinen Bezügen zum Dritten Reich und dem Rassismus eine düstere Dystopie. Akte X ist enorm politisch. Und wenn der Regisseur von seiner zentralen Prägung durch Watergate spricht, der ihm seine Illusionen über das damlige (und heutige?) politische System der USA nahm, dann wird dies in dieser Folge deutlich, die mich durchaus gepackt hat. Sie mag Längen haben, aber - möglicherweise auch durch die aktuellen Ereignisse in den USA (man denke an die Behandlung von Jim Acosta, dem CNN-Journalisten durch Trump oder den Vergleich zwischen Nixon und Trump besonders in der Verfolgung ihrer jeweiligen Sonderermittler 1973 und heute) wirkt diese Folge heute beklemmend aktuell. Und betrifft sie - Fake News, Mainstream-Presse - wirklich nur das politische System der USA? All diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, wenn ich diesen 2. Teil des Pilotfilms, der noch genauer in die Charaktere, v.a. die beiden Protagonisten einführt (allerdings auch gute Nebendarstelle hat) ansehe. Soweit erste Gedanken zum Thema. "The Government is not above the law. They can't withhold information." Der für mich zentrale Satz dieser Folge. Beklemmend aktuell.
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Tyrion Lannister in "Game of Thrones", Staffel 3, Folge 10
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Bernhard Nowak
 
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