Alles zu Chris Carters Mystery-Serien Akte X, MillenniuM und The Lone Gunmen
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Re: Akte X - Staffel 1

Fr 23. Nov 2018, 00:29

YodaL hat geschrieben:Endlich habe ich es geschafft, die 3. Folge - Das Nest anzuschauen. MagentaTV sei dank!

MagnetaTV? Wie auch immer, schön, dass du dich uns anschließt!

Mein Gott war die Mode damals schlimm!

Vor allem die Krawatten! :grin: Mulder und Colton überbieten sich da gegenseitig.

Mulder ist der Querdenker! Damals wie heute sind Querdenker unbequem. Heute versucht man mit agilen Arbeitstechniken, den Menschen das Querdenken beizubringen, um ihre Kreativität herauszukitzeln. Dennoch bleiben die richtigen Querdenker unbequem. Alles soll im Rahmen bleiben.

Mulder wäre bei Daimler längst rausgeflogen oder zumindest in den Keller verbannt worden. Oh, wait...

Der Bezug auf die Nazigräuel und die Kriegsverbrechen lassen den Zuschauer vermuten, dass Experimente während des Krieges die Ursache für die Mutation ist. Interessant wie ohne eine Wort und ohne einen Handlungsstrang diese Idee in der Geschichte mitschwingt.

Das verstehe ich jetzt nicht. Tooms Geschichte reicht bis mindestens 1903 und vermutlich noch später zurück? :confused:

Fr 23. Nov 2018, 00:29

Re: Akte X - Staffel 1

Fr 23. Nov 2018, 22:54

Folge 4, Staffel 1: "Signale / Conduit"

Drehbuch: Alex Gansa & Howard Gordon
Regie: Daniel Sackheim



In einer Kleinstadt in Iowa verschwindet ein junges Mädchen von einem Campingplatz. Das örtliche Boulevardblatt berichtet über eine Entführung durch Außerirdische. Der kleine Bruder des Mädchens schreibt merkwürdige Codes auf Papier, die er aus dem Fernsehen zu empfangen behauptet. Während die örtlichen Behörden den Fall nicht weiter verfolgen wollen, macht sich Mulder auf die Suche nach dem Mädchen.

Mit der Entführungsgeschichte zählt "Conduit" zu den Mythologieepisoden, auch wenn sie nicht unerlässlich ist, um den Mythologiebogen zu verstehen. Im Grunde ist sie eher eine Charakterfolge, die sich um Mulder und die Entführung seiner Schwester dreht, und die zeigt, wie getrieben er von diesem Erlebnis ist. "You know when I was a kid, I had this ritual. I closed my eyes before I walked into my room, 'cause I thought that one day when I opened them my sister would be there. Just lying in bed, like nothing ever happened. You know I'm still walking into that room, every day of my life."

Es genügt ihm hier ein Bericht eines Boulevardblatts, um eine X-Akte über den Fall zu eröffnen - er weist die skeptische Scully darauf hin, dass der Tatort als UFO-Hotspot bekannt ist und es auch über die Mutter des Mädchens bereits Entführungsberichte gibt. Der kleine Kevin war wie Mulder bei Samantha anwesend, als Ruby verschwand, so ist es kein Wunder, dass er sich in Kevin wiedererkennt und für diesen besondere Empathie empfindet.

Schon als Mulder die Bilder im Haus von Mrs Morris betrachtet, wird sichtbar, dass dieser Fall sehr persönlich für ihn ist und ihm jede Distanz dazu fehlt. Er greift die örtliche Polizei an, weil diese dem Fall nicht nach geht, beim Verhör mit Tessa wird er grob, und als ihn im Wald ein Wolf zur Leiche von Rubys Freund führt, fängt er ohne Rücksicht darauf, dass er Spuren an einem Tatort zerstört, fieberhaft an zu graben. "What if it's her? I need to know!" Er muss es wissen, aus persönlichen Gründen, nicht Rubys Mutter oder ihr Bruder. Die Szenen im Haus der Morris zeigen eine schöne Metapher, als man das Bild von Ruby, das sich aus der Unzahl von Nullen und Einsen zusammensetzt, nur von Treppen oben erkennen kann - und es ist kein Zufall, dass es Scully ist, die dies erkennt. Die Episode will sagen, dass man manchmal nur aus der Distanz das eigentliche Bild versteht.

"Conduit" zeigt hier durchaus Sympathie für Mulder. Bei aller Grobheit ist Mulders Kritik an den örtlichen Polizeibeamten gerechtfertigt, die dem Fall nicht nachgehen, weil Ruby schon in der Vergangenheit auffällig war. Auch hier sind die Augenzeugen wieder Außenseiter: Ein Mädchen mit problematischer Vergangenheit, eine Mutter, die im Ort keiner ernst nimmt, ein Biker. Mulder hat immer eine Tendenz, sich auf die Seite derer zu stellen, die sonst kein Gehör finden. Er arbeitet sehr gut mit Opfern zusammen. Entsprechend macht er Scully Vorwürfe, als diese den NSA-Beamten die Adresse von Kevins Haus gibt, wo diese wie die Vandalen einfallen und alles auf den Kopf stellen. "You shouldn't have told them. They have no jurisdiction!" Als Ruby dann zurückkommt, versucht Mulder, die Mutter zu überzeugen, dass Ruby über ihre Erlebnisse redet. "It's important that you let her." Darlene lehnt das ab, "important to who?" Das kann man sich in der Tat fragen.

Mulders Haltung ist hier aber nicht nur oberflächlich eigennützig, es geht ihm auch um Kevin. "As far as I'm concerned, she spent the last month on the back of a Harley Davidson." - "Is that what you're gonna tell Kevin?" Ruby ist zwar wieder aufgetaucht, aber dennoch ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass Kevin diese Geschichte nicht so einfach ad acta legen kann durch eine Lüge, dass seine Schwester mit Bikern unterwegs war - zumal dann, wenn er etwas anderes gesehen hat. Es ist durchaus vorstellbar, dass er irgendwann die Wahrheit erfahren will.

"Conduit" ist eine sehr wichtige Episode für Mulders Charakterbogen, in der aber auch Scully viel lernt und über ihren Partner erfährt. Zunächst ist Scully wieder viel zu autoritätsgläubig, als sie ohne zu hinterfragen den NSA-Leuten glaubt, dass der kleine Kevin ein nationales Sicherheitsrisiko ist. Ein Fehler, den sie selber nach deren Razzia in Kevins Kinderzimmer auch zugibt. Sie versucht aber auch die ganze Episode, Mulder zu verstehen und ihm zu helfen, die richtige Perspektive zu finden. Sie hat einerseits recht, was Mulders Motivation in diesem Fall angeht ("Mulder, stop running after your sister!"), andererseits aber auch nicht, denn am Ende ist Mulder derjenige, der, was Rubys Schicksal angeht, recht behält - zwar spricht die Episode es nicht aus, aber die Hinweise, dass Ruby tatsächlich entführt wurde, sind erdrückend. Gegen Ende der Episode schaut sich Scully ein Band mit Mulders Regressionshypnose an, und die Episode schließt mit dem Bild des weinend in einer Kirche sitzenden Mulder.

Was die Charakterstudie Mulders angeht, finde ich die Episode sehr gut gelungen. Leider sind Teile der restlichen Handlung ein reichlich chaotisches Puzzle unzusammenhängender Ideen. So ist völlig unklar, woher die Botschaften an Kevin aus dem Fernseher kamen und was damit ausgesagt werden sollte. Zum einen ergeben sie ein Bild von Ruby, zum anderen enthalten sie Ausschnitte aus den Voyager-Botschaften (das Brandenburgische Konzert, die Doppel-Helix etc.). Wer hat sie ausgesendet, und warum? Warum sind die NSA-Leute hinter den Botschaften her? Die Episode bietet nicht einmal Möglichkeiten einer Erklärung an. Mit "statistischen Abweichungen" kann man sie wohl kaum erklären. Auch das Auftauchen der Biker-Gang im Wald kam wie aus dem Nichts. Wenn die Charakterstudie um Mulder nicht wäre, und diese nicht so wichtig wäre, wäre "Conduit" aufgrund seiner wirren Rahmenhandlung eine der schwächsten Episoden der ersten Staffel. So gebe ich knapp vier Satellitenbotschaften dafür.

Re: Akte X - Staffel 1

Sa 24. Nov 2018, 11:56

Mich hat die Folge ebenfalls eigentlich nur wegen Mulders Entwicklung interessiert. Ich hatte weiter oben beschrieben, dass er in Folge 1 auf mich wie ein eher introvertierter Nerd auf mich wirkte - klar, er hat seine Ausbildung, seine Fähigkeiten, aber es ging mir um den ersten Eindruck auf mich als Zuschauer. Der erste Eindruck täuscht aber, wie diese Folge beispielhaft zeigt. Schon in den beiden darauffolgenden Folgen bemerken wir als Zuschauer (und natürlich auch Scully), dass er sehr wohl mehr kann - und wie wichtig seine Fähigkeit des Querdenkens und der intuitiven Ermittlung zur Lösung von Fällen ist. Oberflächlich kann man in der Tat sagen, na ja, wir lernen etwas über Mulders Vergangenheit, seine Empathie ist eben autobiographisch bedingt und damit auch "eigennützig", was sich aber im Laufe der Episode als zu einseitig herausstellt, weil es ihm in der Tat auch um Kevin geht. Aber der Focus der Folge liegt eben darin, zu zeigen, dass Mulder noch mehr Fähigkeiten besitzt, um "Akte X"-Fälle erfolgreich "zu lösen: er besitzt die Fähigkeit zur Empathie - notwendig, um mit den Opfern zu fühlen, sich aber auch in Gedankengänge eines Mörders hineinzuversetzen.Und deshalb ist - da ja auch ein Mörder letztlich ein "Außenseiter" ist, eine weitere Eigenschaft Mulders zentral:
"Conduit" zeigt hier durchaus Sympathie für Mulder. Bei aller Grobheit ist Mulders Kritik an den örtlichen Polizeibeamten gerechtfertigt, die dem Fall nicht nachgehen, weil Ruby schon in der Vergangenheit auffällig war. Auch hier sind die Augenzeugen wieder Außenseiter: Ein Mädchen mit problematischer Vergangenheit, eine Mutter, die im Ort keiner ernst nimmt, ein Biker. Mulder hat immer eine Tendenz, sich auf die Seite derer zu stellen, die sonst kein Gehör finden.
. George R.R. Martin hat in seinem Fantasy-Zyklus: "Das Lied von Eis und Feuer" dies ebenso übernommen wie Harry Potter (man denke an die "Maulende Myrthe"). Eine wichtige Eigenschaft der Empathie. Und diese Fähigkeiten sind eben zur Lösung solcher Fälle genauso wichtig wie Logik und Deduktion, wie etwa die Pater-Brown-Klassiker mit Heinz Rühmann ebenfalls aufzeigen, der mich in dieser Hinsicht - so verrückt es klingen mag - auch an Mulder erinnert.
Fazit: Mulder erweist sich hier erneut als vielschichtige und eben nicht eindimensonale Persönlichkeit. Ansonsten hat mir die Folge nicht so viel gegeben, die vorherigen Episoden haben mich emotional mehr gepackt.

Re: Akte X - Staffel 1

Sa 24. Nov 2018, 13:18

Ich habe dem eigentlich nichts hinzuzufügen.

Leider sind in der ersten Staffel (und auch noch in der zweiten) ein paar Folgen drin, die man nicht unbedingt gesehen haben muss. Wie wollen wir weiter verfahren? Alle beackern, oder uns auf die sehenswerten beschränken? Die nächste wäre die erste der fraglichen.

Re: Akte X - Staffel 1

Sa 24. Nov 2018, 13:25

Ich denke, wir sollten alle Folgen besprechen - ich bin jetzt allererst bei "Conduit" angelangt, weil ich aufgrund Deiner - übrigens sehr guten - Reviews manche Folgen zweimal gesehen habe. Heute und morgen werde ich mir die nächsten beiden Folgen ansehen und die Besprechungen dazu lesen. Es kann ja doch sein, dass uns zu den Folgen - jede Review regt ja an - noch etwas einfält.

Re: Akte X - Staffel 1

Sa 24. Nov 2018, 13:48

Gut. Dann werde ich mal zusehen, dass ich mit dem "Jersey Devil" bis morgen etwas hinbekomme. :)

Ein paar interessante Details noch aus den Produktionsnotizen zu "Conduit":
The massive image of abductee Ruby Morris seen in this episode was originally designed by Assistant Art Director Greg Loewen. However, colleague Vivien Nishi had to painstakingly alter the printed binary design to make it seem like an eight-year-old had drawn the image. The assignment took several days to complete, but the final image only appears for a few seconds.

http://x-files.wikia.com/wiki/Conduit
Chris Carter felt the episode's highlights were the ending and the realization by Scully that Mulder may not be a crackpot, feeling it was very important to the show in establishing its point of view. He also felt that the episode proved effective at highlighting that the series was told from Scully's point of view, citing instances of the character "pulling Mulder back" from his fringe theories and emotional attachment.

https://en.wikipedia.org/wiki/Conduit_(The_X-Files)#Production

Anscheinend kommt das Wirrwarr in der Episode nicht von ungefähr - von den Drehbuchautoren heißt es, es sei sehr schwierig für sie gewesen, und der Skript wurde achtmal umgeschrieben.

Re: Akte X - Staffel 1

Sa 24. Nov 2018, 22:40

Folge 5, Staffel 1: "Der Teufel von Jersey / The Jersey Devil"

Drehbuch: Chris Carter
Regie: Joe Napolitano



In den Wäldern New Jerseys verschwindet ein Mann und wird tot und mit einem anscheinend von einem Menschen abgebissenen Oberarm aufgefunden. Mulder vermutet, es handle sich um den "Teufel von Jersey", ein Wesen, das örtlichen Legenden zufolge seit Jahrzehnten dort sein Unwesen treibt.

Akte X befasst sich in dieser Episode erstmalig mit alten Volkslegenden. Der historische Jersey Devil hat in den üblichen Beschreibungen allerdings nichts mit der wilden Frau hier in der Episode gemein, sondern ist ein echtes mythologisches Wesen, das den gängigsten Beschreibungen nach eher aussieht wie ein Känguruh mit Fledermausflügeln. (Allerdings existieren auch Varianten, die von "half man, half beast" und Ähnlichem sprechen.) Warum Carter sich dazu entschieden hat, hier eine Art Bigfoot-Verwandten daraus zu machen, ist unklar. M.J. Koven vermutet in "The X Files and Literature", dass Carter beabsichtigte, einen möglichen wahren Kern der Volkslegende zugrunde zu legen und die Geschichte so zu erzählen, dass sie in einem X-Files-Universum tatsächlich passieren könnte. Es gibt Zitate von Carter, die dafür sprechen:
Chris Carter wanted to focus this episode on an evolutionary relic, rather than a generic hairy creature. He noted, "The idea was not to make this a monster per se, but almost a missing link." (The Truth Is Out There: The Official Guide to The X-Files, p. 110) Carter further explained, "I wanted to say, 'What happens if there was some sort of genetic snafu that could actually send us tumbling backwards, where to survive we would actually have to revert to our old ways?' So I wanted this idea that there could be somebody living out there who was either a reversion or who would never have evolved to our point, and really was a simpler, and in a way, more complete human being.

http://x-files.wikia.com/wiki/The_Jersey_Devil

Die Episode beginnt mit einem historischen Fall im Jahr 1947, über den eine X-Akte existiert. Mulder nimmt die Existenz dieser X-Akte zum Anlass, sich in den Fall einzuschalten, der ihn ansonsten nichts angeht, sondern in die Zuständigkeit der örtlichen Polizei fällt. (In "Squeeze" verwendete er dasselbe Argument, um den Tooms-Fall an sich zu ziehen.) Der örtliche Polizeichef ist alles andere als begeistert über die Einmischung; wie sich später herausstellt, nicht nur, weil sich Mulder ohne triftigen Grund einschaltet, sondern weil er die Geschichte im Interesse der Stadt aus den Schlagzeilen halten will: Eine Mordserie durch ein die Stadt heimsuchendes Monster würde dem Tourismus in der Stadt schaden. Dass der Polizeichef Bescheid weiß, dass es sich nicht um "normale" Morde handelt, wird spätestens klar, als die Leiche des männlichen Jersey Devil aus der Autopsie verschwindet.

Scullys Versuche, Mulder von dem Fall abzubringen, indem sie ihn zum Anthropologieprofessor schleppt, bewirken eher das Gegenteil: Da der die Existenz eines solchen Wesens nicht komplett ausschließt und sogar über die Möglichkeit einer solchen Entdeckung ins Schwärmen gerät, ist Mulder danach erst recht entschlossen, der Sache nachzugehen (wofür er mit einer Nacht im Gefängnis bestraft wird).

Der Besuch beim Anthropologen enthält ein paar interessante Dialogzeilen:
MULDER: But what if something entered the food chain above us?
DR. DIAMOND: It won't happen, see our intelligence virtually insures us, barring the introduction of some alien life-form, we will live out our days as rulers of the world.

"Barring the introduction of some alien life-form" - eben das Thema, das Mulder vor allem umtreibt und um das es im Haupthandlungsbogen der Serie geht. Ein anderer Satz spielt eher auf die Monster of the Week-Folgen an:
MULDER: But, but what if through some fluke of nature, a human was born, who reverted to it's most animal instincts, a kind of carnivorous Neanderthal. Wouldn't he occupy a space above us on the food chain?

Solche "flukes of nature" sind in Akte X oftmals die Monsters of the Week; Mutanten, die aus irgendeinem Grund durch ihre Instinkte geleitet zu Mördern werden. Eugene Victor Tooms ist in dieser frühen Phase das offensichtlichste Beispiel.

Als unterschwelliges Thema der Episode schwingt mit, wie die Gesellschaft Außenseiter behandelt; in diesem Fall die am Rand der Stadt lebenden Obdachlosen, die von der Polizei mit der Gefahr, durch das Monster getötet zu werden, einfach allein gelassen werden. Dass Mulder sich zu ihnen begibt, sie ernst nimmt, und sein Motelzimmer mit einem von ihnen tauscht, kann einen schon nach den ersten vier Episoden nicht mehr überraschen. Die örtliche Polizei scheint diese Obdachlosen genauso wenig als Menschen zu betrachten, wie später die wilde Frau, die ohne Not einfach erschossen wird.

In der Nebenhandlung tut sich Scully etwas schwer mit der Entscheidung, ob sie nun "ein Leben haben" will oder nicht. Für ihren relativ biederen Familien- und Freundeskreis heißt das ganz offensichtlich, Ehemann und Kinder (jedenfalls ist ihre Tätigkeit beim FBI für die Verwandte / Freundin wohl "kein Leben", denn sonst müsste sie ja nicht eines suchen). Scully passt das zwar irgendwie nicht, andererseits möchte sie aber doch dazugehören und lässt sich auf das Date mit diesem Steuerberater ein. Das ist natürlich ein totaler Reinfall.

According to Chris Carter, the reasoning for the scenes in which Scully meets her best friend Ellen and discusses the possibility of dating Mulder was "to show the life she's passing on. I just wanted to open up Scully a little bit for the audience. [...] That was a little bit of experimentation. I wanted people to see that Scully had a feminine side, but also I wanted to play that against Mulder, how she felt about Mulder having his work [....] So it was a little bit of a chance to give the character some dimension. And I think for a lot of women, the 'man's world' is much more interesting than a 'woman's world.'

http://x-files.wikia.com/wiki/The_Jersey_Devil

Die Gegenüberstellung der beiden "Verabredungen" zum Essen mit dem Steuerberater und mit Mulder (als der aus dem Gefängnis kommt) ist interessant. Mit Mulder hat sie wieder allen möglichen Ärger, muss sogar das Essen für beide bezahlen, aber langweilig ist ihr da jedenfalls nicht. Die ganze Handlung zeigt ähnlich wie in "Squeeze", dass die junge Scully hier ziemlich zwischen den beiden Welten steht, und außerdem, dass in dieser Familie keiner versteht, wie sie tickt. Ein Date mit dem Steuerberater reichte ihr allerdings, beim nächsten Mal lässt sie ihn abblitzen und geht lieber mit Mulder zum nächsten Experten, einem Ethnobiologen. (Auch hier wieder die Parallele zu "Squeeze", als sie sich von ihrem Kollegen Colton abwendete.)

Mulders Reaktionen zeigen auch eine gewisse Ähnlichkeit mit seiner Haltung in "Squeeze", als Scully sagte, "you were acting very territorial". Er will sie hier an ihrem freien Wochenende für seine Untersuchung vereinnahmen, und als sie das ablehnt, reagiert er passiv-aggressiv. (Notiz am Rande: Die Episode enthält gleich am Anfang auch den meiner Erinnerung nach ersten Hinweis auf Mulders Porno- und Erotikmagazinfetisch.)

"The Jersey Devil" ist sicher eine der schwächeren Episoden der ersten Staffel - die so einige Holprigkeiten hat - trotz eigentlich interessanter Ideen. Ein Teil der Probleme resultiert aus Carters Drehbuch. Carter hat großartige Ideen, aber er ist nicht immer der beste Drehbuchautor, wenn es um die Umsetzung geht. Die Taktung der Episode lässt einiges zu wünschen übrig; manche Szenen haben Längen, während anderes zu kurz abgehandelt wird. Carter hat auch eine Tendenz, seine Figuren zu Sprachrohren seiner eigenen Weltsicht zu machen. Das ist hier besonders in den Szenen mit dem Anthropologieprofessor extrem. Die ganze Unterhaltung wirkt mehr wie eine Vorlesung als wie ein Gespräch, mit Mulder als Stichwortgeber, so dass Diamond seine Theorien über den universellen Mythos des Wilden Mannes ablassen kann. (In eine ähnliche Kategorie fallen die wiederholten Zitate, dass die Menschen sich seit der Steinzeit nicht viel weiter entwickelt haben.) Ein anderes Problem ist die Regie, die es einfach nicht schafft, bspw. in der Konfrontation im Lagerhaus die Gefährdung der Agenten und vor allem Mulders glaubhaft zu machen. Es ist schade, bei dem Thema wäre m.M.n. definitiv mehr drin gewesen. Ich gebe drei abgenagte Oberarmknochen dafür.

Re: Akte X - Staffel 1

Di 27. Nov 2018, 01:10

So. Hat zwar bei mir etwas gedauert, u.a. auch, dass meine DVD-Player nicht so wollten wie ich...

Scully ist für mich die typische Intellektuelle, die alles nur rein wissentschaftlich sieht und dies auch nur so erklären kann. Sie ist anfangs auch nicht offen für Dinge, die man nicht rein wissenschaftlich erklären kann. Scully empfand ich als den introvertierten Charakter und Mulder als den extrovertierten.
Ich fand auch nicht, dass die Chemie zwischen den beiden nicht stimmte, auf eine ihr eigene Art bewundert sie Mulder.Sie versteht bzw. verstand nicht, warum Mulder seine Chancen und Möglichkeiten nicht nutzt(e) und sich in den X-Akten vergräbt.
Mulder reagiert sehr ironisch auf Scully und weiß sehr genau, warum sie seine Partnerin wurde. Er überascht sie schon alleine damit, dass er ihre Arbeiten gelesen hat und sich auch Hintergrundinformationen über sie besorgt hat. Mulder ist für mich jemand, der Dingen, ob nur erklärbar oder nicht, offen gegenübersteht - was sicher auch mit dem Erlebnis in seiner Kindheit, die Entführung seiner Schwester - im Zusammenhang steht. Ich mag Mulder, sein Humor ist zuweilen schon sehr britisch und Zynismus ist sein zweiter Vorname.

Man beachte auch die Folge, wo er erfährt, dass seine Eltern vor der Wahl standen, welches Kind "entführt" werden soll.


Berhard hat die Serie mit HP und GoT verglichen. Ich möchte da noch eine neuere Serie hinzufügen, geschrieben und produziert von Jonathan Nolan Person of Interest.

Sicher, die Folge ist von der Geschichte nicht besonders, aber als Einführung ist sie sehr gelungen.

Re: Akte X - Staffel 1

Di 27. Nov 2018, 01:25

Die 2 Folge der 1. Staffel ist für mich aktueller den je. Gerade was da zur Zeit in Amerika abgeht - Rausschmiss eines Journalisten aus dem Weißen Haus, Trumps Behauptungen über Fake-News, Trumps Militarisierung an der mexikanischen Grenze und die Kippung des Dreamer Gesetzes sowie die Erhöhung des Militäretats.

Ich finde es schon sehr bezeichnend wie da zwei FBI-Agenten behandelt werden. ABER man sieht es auch heute - siehe Trump und seine Attakierungen gegenüber dem FBI.

Die Episode legt Wert darauf, das menschliche Drama der Piloten, das als Kollateralschaden vom Militär hingenommen wird, in den Vordergrund zu stellen. Col. Budahas wird seiner Familie entrissen, seiner Frau wird jeglicher Kontakt mit ihm verwehrt, sie ist nicht imstande, eine Spur von ihm zu finden. Fast noch schlimmer als ihre Verzweiflung, die sie schließlich das FBI rufen lässt, fand ich die Apathie und den Fatalismus, mit der die Frau des anderen geschädigten Piloten, Mrs. McLennen, reagiert. "The military deals with things in a certain way." Als ob die Tatsache, dass die Piloten sich freiwillig zur Verfügung gestellt haben und ihre Therapien bezahlt werden, es rechtfertigen würde, dass das Militär mit den Experimenten einfach so weiter macht, oder Budahas ohne Rechenschaft ablegen zu müssen einfach so verschwinden lässt.


Dies ist aber auch bezeichnend für Amerika. Bei Bush gab es damals einen Aufschrei der Entrüstung, wie man mit den Toten aus dem Golfkriegen und den psyschich und physisch angeschlagenen Soldaten umgeht, ganz zu schweigen von denen, die aus dem Dienst ausgeschieden waren.
Damals fand ja ein Reporter raus, dass bei den Abgeordneten der Republikanern nur einer dabei war, dessen Sohn sich als Soldat verflichet hatte.

Die ganze Serie ist sehr politisch und gleichsam etwas für Querdenker. Nicht umsonst kommt jetzt auch im Vorspann "The truth is out there".

Re: Akte X - Staffel 1

Mi 28. Nov 2018, 21:43

Zum "Teufel in New Jersey" ist eigentlich schon alles gesagt.
Quelle zur Sage hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Jersey_Devil
Mir ist noch aufgefallen, dass es von Joe R. Landsdale einen Krimi gibt: "Die Wälder am Fluss". Es geht hier um eine Kriminalgeschichte in den USA Anfang der 30-ger Jahre - zur Zeit der großen Depression. Ein Mörder bringt Leute um und schiebt die Tat auf den sogenannten "Ziegenmann", ein Wesen mit Hörnern, aber menschlicher Gestalt, der an den Ufern des Flusses lebt. Am Ende ist es nicht der Ziegenmann, der die Morde begeht - die ein jugendlicher Protagonist im Stile von Tom Sawyer und Huckleberry Finn aufklärt, sondern der Serienkiller verbirgt sich als biederer Bewohner des Dorfes, der den mythischen Schauer zur Tarnung seiner Taten benutzt. Eine ähnliche Situation, wie sie sich hier stellt. Landsdales Roman erschien 2000, er dürfte sich Anregungen in dieser Folge geholt haben.
Buchtitel hier: https://www.amazon.de/Die-W%C3%A4lder-F ... 429&sr=1-2
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