Akte X - Staffel 1




Alles zu Chris Carters Mystery-Serien Akte X, MillenniuM und The Lone Gunmen

Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » So 18. Nov 2018, 09:44

Erstmal gute Besserung, und danke für deine Gedanken.

Den Vergleich mit der Potter-Reihe hatte ich ja schon in einer PM einmal angesprochen. Potter wird vielleicht erst ab Band 5 ausdrücklich politisch, unterschwellig war die politische Kritik aber von Anfang an da, mit den Reinblütern, die auf Mischblüter wie Hermine herabschauen ("Mudblood"), und dem Gespenst Voldemorts im Hintergrund. In der Hinsicht hat Potter durchaus einige Gemeinsamkeiten mit Akte X, und auch in der Potter-Reihe wechselten sich die Schwerpunkte ab; besonders in den frühen Bänden traten die politischen Themen über ganze Kapitel völlig in den Hintergrund.

Und in mancherlei Hinsicht erinnert mich die Figur der Scully an die der Hermine. Sie ist auch so eine junge Frau (Mädchen in Hermines Fall), die in ihrem Vorgehen ziemlich schulbuchmäßig und autoritätsgläubig daher kommt (auch bei Hermine musste zu Anfang immer gemacht werden, was die Lehrer sagen). Und selbst ihre Herkunft ist nicht unähnlich; Scully scheint anders als Mulder nicht aus einem Umfeld mit hochrangigen Regierungsbeamten zu stammen, sondern aus einer recht normalen Middleclass-Familie.

In beiden Reihen wird das fantastische Umfeld benutzt, um eine politische Botschaft zu transportieren (der teilweise von Seiten der Linken an solche Literatur geäußerte Vorwurf des "Eskapismus" ist bei solchen Reihen m.E. völlig fehl am Platz, das gilt auch für andere Reihen). Nur so ist m.E. auch der enorme Erfolg solcher Serien bzw. Buchreihen über alle Generationen zu erklären.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » So 18. Nov 2018, 11:45

Danke für die guten Wünsche. Ich war gestern zum Essen eingeladen (Ente mit Klößen) und die Klöße waren doch etwas zu schwer. :lol:
Du hast mit Harry Potter natürich vollkommen recht. Mir fällt dazu auch "Game of Thrones" ein, welches genauso vielschichtig ist - politisch, v.a. am Anfang, dann Phantastisch und auch hier transportiert Fantasy politische Botschaften. Heute gehe ich am Mittag in eine Vorstellung von "Momo" ins Darmstädter Staatstheater. "Momo", m.E. das bedeutendste Werk Michael Endes mit seinem sehr aktuellen Thema des "Zeitstehlens" passt auch in solche Betrachtungen. Den Vergleich von Scully mit Hermione finde ich interessant. Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen, aber es stimmt.
In "Deep throat" gefällt mir aber auch die Titelfigur sehr gut, auch wenn es eine Nebenrolle ist. Darauf hattest Du ja auch schon hingewiesen.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » So 18. Nov 2018, 20:00

Folge 3, Staffel 1: "Das Nest / Squeeze"

Drehbuch: Glen Morgan & James Wong
Regie: Harry Longstreet



In Baltimore findet eine Reihe von seltsamen Morden statt: Alle Opfer werden in einem verschlossenen Zimmer aufgefunden, es gibt keine Zeichen gewaltsamen Eindringens, und dem Opfer wurde die Leber herausgerissen. Scully wird von einem früheren FBI-Kollegen gebeten, sich den Fall anzusehen. Sie zieht Mulder hinzu, der eine mindestens 90 Jahre zurückreichende Reihe ähnlicher Fälle in den X-Akten findet, die jeweils im Abstand von 30 Jahren stattfanden.

"Squeeze" ist die erste "Monster of the Week"-Episode und das erste Drehbuch der Masters of Darkness Morgan & Wong, die einige der besten X-Akten und Millennium-Drehbücher verfasst haben. Es spielen weder Außerirdische noch Verschwörungen eine Rolle, es ist eine klassische Horrorstory in der Tradition von Lovecraft und Poe.

Sowohl der Zuschauer als auch Mulder wissen frühzeitig, wer der Schuldige ist: Mulder entdeckt am Tatort lockere Schrauben an einem Lüftungsgitter und einen abnorm verlängerten Fingerabdruck, und entwickelt nach einer Recherche in den X-Akten die Theorie, dass der Täter ein Mutant ist, der nur alle 30 Jahre aus der Hibernation kommt und fünf Opfer ermordet, von deren Leber er sich die nächsten 30 Jahre ernährt. Natürlich glaubt Mulder niemand diese Theorie, weder der FBI-Kollege, der den Fall ursprünglich angenommen hat, noch Scully. Das Spannende der Episode ist, wie Mulder Tooms seine Taten beweisen kann und wie Tooms aufzuhalten ist.

Eugene Victor Tooms verbringt seine Tage als Tierkontrolleur in Baltimore und wirkt bei seiner täglichen Arbeit auf den ersten Blick wie eine Durchschnittsperson. Der abnorme Fingerabdruck ist Teil seiner Mutation, die es ihm erlaubt, sich durch kleinste Öffnungen wie Lüftungsgitter zu zwängen und so in verschlossene Räume einzudringen. Zwar sind für die Morde der letzten 50 Jahre stets übereinstimmende Fingerabdrücke vorhanden, doch da niemand an so eine Mutation glauben kann, nimmt das niemand ernst. Hinzu kommt, Tooms besteht den Lügendetektortest, bis auf zwei von Mulder gestellte Fragen, in denen es darum geht, ob er über 100 Jahre alt ist und ob er 1933 in Powhatan Mill, einem früheren Tatort, war. Den FBI-Beamten genügt das nicht, so dass Tooms freigelassen wird.

"Squeeze" ist eine der denkwürdigsten X-Akten-Episoden überhaupt und spielt gelungen mit den latenten Ängsten von Großstadteinwohnern, was sich wohl alles in den Kellern der vielen Gebäude und hinter den vielen Unbekannten auf den Straßen verbergen und in ihre vermeintlich abgesicherten Wohnungen eindringen könnte. Alle Opfer starben an Orten, an denen sie eigentlich sicher sein sollten - in der Wohnung oder im Büro. Tooms kann aber auch durch kleine Öffnungen kriechen - durch Lüftungsschächte, Kamine, Abwasserrohre. Er ist ein der Großstadt perfekt angepasster Mutant. Er taucht nur alle 30 Jahre auf, tötet fünf Opfer und verschwindet dann wieder. Er kann sich hinter jedem Gesicht verbergen, er kann einem in jedem engen Schacht und jeder dunklen Ecke auflauern. Hier wird mit Urängsten gespielt.

Die Episode funktioniert so gut, weil Tooms großartig geschrieben ist und Doug Hutchinson ihn großartig spielt. Tooms gibt die ganze Episode fast kein Wort von sich, selbst als er festgenommen ist, schweigt er nahezu die ganze Zeit. Mit seinem durchdringenden Blick und seiner erstarrten Haltung erinnert er an ein Raubtier, das lauert, bevor es ein Opfer angreift. Unterstützt wird der Eindruck durch eine gelungene Maske mit gelb gefärbten Kontaktlinsen und die unheimliche Musik von Mark Snow.

Die Episode lebt aber nicht nur von dem großartigen Monster Tooms, sondern auch von den personalpolitischen Verstrickungen im FBI und der Interaktion zwischen Mulder und Scully. Der FBI-Agent, der Scully um Rat fragt, ist ein alter Kollege und bringt sie mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber Mulder in eine Zwickmühle, so dass sie sich zwischen ihm (und dem restlichen FBI) und Mulder entscheiden muss. Scully bekommt in dieser Episode die Schattenseiten der Zusammenarbeit mit Mulder zu spüren, dessen merkwürdige Theorien von den anderen nicht ernst genommen werden, und der Spott der Kollegen war ihr sichtlich unangenehm. Agent Colton ist ein bornierter karrieregeiler Schnösel, dem weder an dem Fall noch an Scully etwas liegt, und der in ihr lediglich eine Art Assistentin sieht, die ihm helfen kann, auf der Karriereleiter schneller nach oben zu kommen. Spätestens bei seiner Frage "Whose side are you on?" - auf die Scully die perfekte Antwort hat: "The victim's." - wird deutlich, dass es ihm einzig und allein um sich selber geht.

Mulder wiederum macht ihr die Situation auch nicht einfacher. Als Colton ihn mit einer dummen Bemerkung über grüne Männchen begrüßt, antwortet Mulder mit einer ironischen längeren Ausführung darüber, dass die Außerirdischen eigentlich grau seien und Leber in der retikulanischen Galaxie teuer gehandelt wird. Colton weiß sichtlich nicht, was er davon halten soll - ob das nun ernst gemeint ist oder nicht. Auch später in der Episode scheint Mulder einen Konflikt eher zu provozieren, indem er wiederholt seine sonderbare Theorie offensiv vertritt, so mit den Fragen an Tooms am Lügendetektor (generell spielt Duchovny Mulders Distanziertheit zu seiner Umwelt viel ausgeprägter als noch im Pilotfilm oder in "Deep Throat"). Morgan & Wong deuten hier an, dass seine sonderbaren Theorien vielleicht nicht der alleinige Grund sind, warum Mulder zum Außenseiter wurde. Dennoch wird klar, dass Mulder nicht egal ist, was aus Scully wird, denn er sagt zu ihr, wenn sie sich lieber dem Colton-Team anschließen wolle, werde er ihr das nicht nachtragen.

Scully selber glaubt zwar nicht wirklich, dass Tooms schon seit 100 Jahren lebt und die vorherigen Mordserien auch begangen hat, kann aber mit den Alternativen noch weniger anfangen und wird ungehalten, als ihre Kollegen sich über Mulder lustig machen und die Ermittlungen eher behindern als sie voranzubringen. Obwohl sie sich erkennbar Sorgen um ihren guten Ruf macht, steht sie zu ihrem Partner. Wie Mulder sagt, "in our investigations, you may not always agree with me, but at least you respect the journey." Interessant ist hier, dass Scullys Profil hier richtig ist, sie liegt mit ihrer Einschätzung über den nächsten Schritt Tooms besser als der gelernte Profiler Mulder. Letztlich muss Scully akzeptieren, dass Tooms die ihm von Mulder zugeschriebene Fähigkeit hat, sich durch engste Öffnungen zu zwängen, spätestens, als sie selber angegriffen wird.

Es ist interessant, Scullys Entwicklung in dieser Episode zu beobachten. Am Anfang scheint sie noch ziemlich zwischen den Welten zu stehen und ich hatte den Eindruck, sie wäre schon ganz gern noch beim "FBI Mainstream" dabei. Es schien ihr fast ein bisschen peinlich zu sein, bei den X-Akten zu arbeiten - sie sieht sich veranlasst, ihre Arbeit und ihren neuen Partner zu verteidigen. Jedoch wird in der Episode auch deutlich, dass sie nicht so recht zu Colton und den anderen passt, denen es ausschließlich darum geht, möglichst schnell die Karriereleiter hochzuklettern. Am Ende ist sie dann richtig sauer auf Colton, als der die Posten von der Exeter Street 66 abziehen lässt: "Is this what it takes to climb the ladder Colton? Then I can't wait `til you fall off and land on your ass!" Wie absonderlich auch Mulders Theorien teilweise sind, verglichen mit diesen Leuten hat er wesentlich mehr Integrität, und mir schien das eine Zäsur zu sein, ab der sich Scully vom FBI-Mainstream ab- und Mulder zuwendet.

Absonderlich oder nicht, "Squeeze" ist einer der Fälle, in denen angesichts der Umstände und Alternativen Mulders Erklärung ab einem bestimmten Punkt plausibler wirkt als die Verrenkungen der Kollegen, eine "plausible" Erklärung ohne übernatürliche Phänomene zu finden (wie bspw. Coltons Idee, die Leber könnte für Organhandel entnommen worden sein - dazu muss man schon etwas chirurgischer vorgehen). Im Zusammenhang mit den X-Akten wurde hierfür der Begriff des "Scully-Syndroms" geprägt: Wenn beim Bestreben, unerklärliche Dinge unter Ausschluss übernatürlicher Faktoren zu erklären, so viele unwahrscheinliche Ereignisse miteinander verknüpft werden müssen, dass der übernatürliche Erklärungsansatz der plausiblere ist. Obwohl Morgan & Wong Mulder hier (wie auch in späteren Episoden) eher mit einem kritischen Blickwinkel schreiben, als Zuschauer ist man hier auf Mulders Seite, weil man merkt, dass er recht hat, und die Weigerung der Kollegen, sich seine Theorie auch nur anzuhören, sie borniert erscheinen lässt.

Die Episode ist m.M.n. eine der besten Monster of the Week-Folgen überhaupt und glänzt sowohl mit den Charakterentwicklungen und witzigen Dialogen als auch mit erschreckenden Horrorszenen. Schon der Teaser, in dem man nicht viel vom Täter und der Tat sieht, außer sich öffnenden Lüftungsgittern und Fingern, die hindurchschlüpfen, ist phantastisch inszeniert. Es gibt viele weitere denkwürdige Szenen, so als Mulder und Scully im Keller das Nest entdecken, oder als Tooms den Kamin hinunter kriecht. Als Tooms am Ende in seiner Zelle sitzt, auf den Türschlitz starrt und grinst, weiß der Zuschauer, dass diese Geschichte noch nicht zuende ist. Eine großartige Horrorepisode, für es sechs aufgeschraubte Lüftungsgitter von mir gibt.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Mo 19. Nov 2018, 20:00

Die Episode ist m.M.n. eine der besten Monster of the Week-Folgen überhaupt und glänzt sowohl mit den Charakterentwicklungen und witzigen Dialogen als auch mit erschreckenden Horrorszenen-


Ja, eine tolle Episode. Kann es sein, dass Stephen King hier Pate gestanden haben?

Alle Opfer werden in einem verschlossenen Zimmer aufgefunden


Auf jeden Fall ist es eine ironische Anspielung auf die Kriminalromane, die in "verschlossenen Räumen" spielen (Titelgebend der gleichnamige Krimi von John Dickinson Carr https://www.amazon.de/verschlossene-Rau ... ssene+raum). Denn dort gab es in den 1920-ger Jahren eine Regel, dass Morde in geschlossenen Räumen bitte nur "natürlich" erklärt werden dürfen, übersinnliche Phänomene galten nicht, da es streng "logisch" zugehen und die Genialität des Detektives gezeigt werden sollte. Man denke etwa an: "Der Mord in der Rue Morgue" von Edgar Allan Poe mit einem Menschenaffen als Täter in einer ähnlichen Situation.

Aber seit Lovecraft, Poe oder auch Stephen King zeigt sich, dass gerade das unheimliche Phänomen des Übernatürlichen die Leute reizt. Gestern sah ich zufällig im ZDF, nachdem ich von "Momo" zurückgekehrt war, ein Film in "Terra X" über Drachen und Monster (in der ZDF-Mediathek sicherlich abrufbar). Letztlich sollten übernatürliche Phänomene auf Teufel komm raus "natürlich" erkärt werden - mit Dinosauriern als Drachenersatz, einem räudigen Kojoten, der in Puerto Rico für ein Monster gehalten wurde, weil er Schafe riss, aber wegen seiner Räude nur Tiere, die im Stall waren, der zufällig offen stand, erreicht werden konnte. Ja, kann man machen. Aber solche Filme nehmen eben die Faszination des "Übernatürlichen", des "Unerklärlichen", des Grauens, welches in die scheinbar so heile Wirklichkeit "eindringt"; wir hatten darüber ja schon gesprochen. Das schöne: es gibt eine Erklärung - Mutant - und der Detektiv - hier Mulder - kann seine Theorie schlüssig beweisen, ohne dass sie lächerlich oder gar falsch klingt. In den 1920-ger Jahren des "klassischen Kriminalromans" ein Regelverstoß - und jetzt zeigt sich, dass gerade solche Dinge faszinierend sind. Ja, die Folge ist einfach herrlich. :lol:
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Di 20. Nov 2018, 22:23

Bernhard Nowak hat geschrieben:Ja, eine tolle Episode. Kann es sein, dass Stephen King hier Pate gestanden haben?

Zumindest habe ich nichts darüber gefunden. Habe aber auch die ganzen "behind the scenes"-Bücher nicht und muss mich da auf die Online-Lexika und Reviews verlassen:

X Files Wikia hat geschrieben:In the writing of this episode, James Wong and Glen Morgan were inspired by Jack the Ripper and a large ventilator shaft outside their office. According to Morgan, the episode's concept began when he and Wong were working late and he asked Wong, "What if we were working here late at night and some guy came through that thing?" (The Truth Is Out There: The Official Guide to The X-Files, p. 106; "Behind the Truth", TXF Season 1 DVD special features) The writers were also inspired by an article Morgan had read about Richard Ramirez, a serial killer who had been dubbed "The Night Stalker" by the news media and had, despite being a large man, supposedly entered each of his victims' homes via a small window above their shower, leaving the dust and soap grime on the sill undisturbed. "I think we took it from there," reflected Morgan. "That was when it was Jim and Chris and I sitting around saying, 'How about this, how about that?' Some things we thought would be too far out there." (X-Files Confidential, p. 39)

http://x-files.wikia.com/wiki/Squeeze

Ich muss jetzt endlich die Special Features auf der DVD ansehen.

Auf jeden Fall ist es eine ironische Anspielung auf die Kriminalromane, die in "verschlossenen Räumen" spielen (Titelgebend der gleichnamige Krimi von John Dickinson Carr https://www.amazon.de/verschlossene-Rau ... ssene+raum). Denn dort gab es in den 1920-ger Jahren eine Regel, dass Morde in geschlossenen Räumen bitte nur "natürlich" erklärt werden dürfen, übersinnliche Phänomene galten nicht, da es streng "logisch" zugehen und die Genialität des Detektives gezeigt werden sollte.


:lol: Das wusste ich gar nicht.

Gestern sah ich zufällig im ZDF, nachdem ich von "Momo" zurückgekehrt war, ein Film in "Terra X" über Drachen und Monster (in der ZDF-Mediathek sicherlich abrufbar). Letztlich sollten übernatürliche Phänomene auf Teufel komm raus "natürlich" erkärt werden - mit Dinosauriern als Drachenersatz, einem räudigen Kojoten, der in Puerto Rico für ein Monster gehalten wurde, weil er Schafe riss, aber wegen seiner Räude nur Tiere, die im Stall waren, der zufällig offen stand, erreicht werden konnte.

Muss ich mir auch ansehen.

An der nächsten Folge, "Conduit", muss ich noch ein bisschen arbeiten. Und mit der letzten im SciFi-Forum-Projekt, "Revelations" in Season 3, habe ich grad einen richtigen Kampf. :oops:
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Di 20. Nov 2018, 22:49

Die ZDF-Doku, meinst du diese?

https://www.zdf.de/dokumentation/terra- ... n-100.html

Im Programmverzeichnis von gestern ist sie nicht drin. Hast du sie auf Neo oder einem anderen Spartenkanal gesehen?
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Mi 21. Nov 2018, 14:23

Genau diese Sendung meine ich. Sie lief am Sonntag abend um 19.30 Uhr bis 20.15 Uhr im ZDF - nach "Berlin direkt".
Die 10 Regeln von Knox hier: http://www.buechersammler.de/die-10-geb ... nott-knox/
https://de.wikipedia.org/wiki/Detection_Club
https://books.google.de/books?id=IOBX-0 ... ox&f=false
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Do 22. Nov 2018, 21:47

generell spielt Duchovny Mulders Distanziertheit zu seiner Umwelt viel ausgeprägter als noch im Pilotfilm oder in "Deep Throat")


Das ist übrigens der Punkt, der mir in dieser Folge auch sehr aufgefallen ist. Mulders Außenseitertum und seine Fähigkeit zur Intuition. Während die rationale Scully und ihre Kollegen mit den Mitteln der Deduktion arbeiten, also versuchen, aus den Ereignissen logische Schlussfolgerungen zu ziehen, dabei aber ihren Horizont einengen, weil sie das "Unmögliche" - einen Mutanten - völlig als Lösungsansatz ausschließen, arbeitet Sculder mit dem Mittel der Intuition. Er schließt nichts von vornherein aus und glaubt seiner "inneren Stimme". Er fragte Scully in "Deep throat", ob sie ihn für verrückt halte. Nein, tut sie nicht, aber für sonderbar schon. Und doch ist es Mulder, der hier Erfolg hat und für mich erstmals in dieser Folge eine ernstzunehmende Persönlichkeit ist, kein "spinnender Nerd", als der er mir in den ersten beiden Folgen vorkam. Intuition oder: auf seine innere Stimme hören und die Bereitschaft zu haben, alles für möglich zu halten - eben auch das scheinbar unmögliche - das ist Mulder. Mir ist dies besonders in der Garagenszene aufgefallen. Eigentlich kann niemand in die Garage kommen - da hört Mulder das Geräusch und fordert über Scully Verstärkung an. Und seine Ernsthaftigkeit - und er wirkt hier wirklich engagiert, ernsthaft und voller Empathie für die Opfer und sein Drang, die Wahrheit zu ergründen - das ist es doch, was Scully an ihm überzeugt und was die rationale Scully mit ihm verbindet und dazu bringt, ihm beizustehen:
Scully selber glaubt zwar nicht wirklich, dass Tooms schon seit 100 Jahren lebt und die vorherigen Mordserien auch begangen hat, kann aber mit den Alternativen noch weniger anfangen und wird ungehalten, als ihre Kollegen sich über Mulder lustig machen und die Ermittlungen eher behindern als sie voranzubringen. Obwohl sie sich erkennbar Sorgen um ihren guten Ruf macht, steht sie zu ihrem Partner. Wie Mulder sagt, "in our investigations, you may not always agree with me, but at least you respect the journey." Interessant ist hier, dass Scullys Profil hier richtig ist, sie liegt mit ihrer Einschätzung über den nächsten Schritt Tooms besser als der gelernte Profiler Mulder. Letztlich muss Scully akzeptieren, dass Tooms die ihm von Mulder zugeschriebene Fähigkeit hat, sich durch engste Öffnungen zu zwängen, spätestens, als sie selber angegriffen wird.


Und das ist das Motto der Folgen - die als Intro ja am Anfang auch eingespielt werden: es geht um die unbedingte Suche nach der Wahrheit - mag sie noch so "unmöglich" sein. Vielleicht in Zeiten von Main-Stream-Medien, die selber Fake-News verbreiten (siehe Fall Maaßen) mal wieder erstaunlich aktuell.Wie heißt es doch so schön in eine meiner Lieblingsserien: "Sachsens Glanz und Preußens Gloria": da wird ein Idealist, der zum sächsischen Hof gehört und Aufklärung über die dortige Korruption beim Amtsantritt von August III., dem Sohn Augusts des Starken betreibt und den Verbrechen des Grafen Brühl auf die Spur kommt, auf den Königstein verbannt, gequält und schließlich umgebracht. Er habe sich doch alles selber zuzuschreiben, erklärt der Kommandant der Festung Königstein (bei Dresden), er sei ein "Wahrheitssucher": erst kämpfe er für die Wahrheit, dann leide er für die Wahrheit und schließlich sterbe er für die Wahrheit. Die Regierung verbirgt die Wahrheit - ob nun durch ihre geheimen Machenschaften ("Deep throat") oder durch Ignorieren von "Akte X"-Fällen - und letztlich wollen beide Mulder und Scully - die Wahrheit herausfinden. In dieser Folge erscheint mir klarer als in den beiden vorhergehenden, dass dies das gemeinsame "Band" beider doch so unterschiedlicher Charaktere zu sein scheint - in dieser Folge wurde mir dies deutlich. Une deshalb ist das Fazit oben so treffend:
Absonderlich oder nicht, "Squeeze" ist einer der Fälle, in denen angesichts der Umstände und Alternativen Mulders Erklärung ab einem bestimmten Punkt plausibler wirkt als die Verrenkungen der Kollegen, eine "plausible" Erklärung ohne übernatürliche Phänomene zu finden (wie bspw. Coltons Idee, die Leber könnte für Organhandel entnommen worden sein - dazu muss man schon etwas chirurgischer vorgehen). Im Zusammenhang mit den X-Akten wurde hierfür der Begriff des "Scully-Syndroms" geprägt: Wenn beim Bestreben, unerklärliche Dinge unter Ausschluss übernatürlicher Faktoren zu erklären, so viele unwahrscheinliche Ereignisse miteinander verknüpft werden müssen, dass der übernatürliche Erklärungsansatz der plausiblere ist. Obwohl Morgan & Wong Mulder hier (wie auch in späteren Episoden) eher mit einem kritischen Blickwinkel schreiben, als Zuschauer ist man hier auf Mulders Seite, weil man merkt, dass er recht hat, und die Weigerung der Kollegen, sich seine Theorie auch nur anzuhören, sie borniert erscheinen lassen.



Das ist mir noch zu "Das Nest" durch den Kopf gegangen. :) Ansonsten hast du, nevermore, ja schon alles gesagt und das besondere an dieser Folge - das super gelungene Horrormoment vor allem und die guten Schauspieler - ja schon hervorgehoben.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Do 22. Nov 2018, 22:31

Bernhard Nowak hat geschrieben:Und doch ist es Mulder, der hier Erfolg hat und für mich erstmals in dieser Folge eine ernstzunehmende Persönlichkeit ist, kein "spinnender Nerd", als der er mir in den ersten beiden Folgen vorkam.


Ich bin schockiert :scare: :lol: Ich zitiere aus dem Pilotfilm:

BLEVINS: Are you familiar with an agent named Fox Mulder?
SCULLY: Yes, I am.
BLEVINS: How so?
SCULLY: By reputation. He's an Oxford educated Psychologist, who wrote a monograph on serial killers and the occult, that helped to catch Monty Props in 1988. Generally thought of as the best analyst in the violent crimes section.


An Mulders Fähigkeiten kann kein Zweifel bestehen. Dem war eine großartige Karriere prophezeit und viele im FBI setzten große Hoffnungen in ihn.

Und seine Ernsthaftigkeit - und er wirkt hier wirklich engagiert, ernsthaft und voller Empathie für die Opfer und sein Drang, die Wahrheit zu ergründen - das ist es doch, was Scully an ihm überzeugt und was die rationale Scully mit ihm verbindet und dazu bringt, ihm beizustehen.


Irgendeiner der Reviewer hat mal geschrieben, Mulder pflege bei all seiner Bereitschaft, an das Irrationale zu glauben, einen wissenschaftlichen Ansatz. Er kommt bei allem Sonderbaren immer über das Wissen und die Analyse, nicht über die Emotion. Intuition und rechte Hirnhälfte, ja, aber keine Gefühlsduseleien. Und das verbindet ihn in der Tat mit Scully.

Mulder ist ebenso wie Scully ein äußerst komplexer Charakter, da gibt es nichts zweidimensionales oder holzschnittartiges. Carter und Co. haben da wirklich zwei außergewöhnliche Figuren geschrieben, die mit gutem Grund TV-Geschichte geschrieben haben.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon YodaL » Do 22. Nov 2018, 23:56

Endlich habe ich es geschafft, die 3. Folge - Das Nest anzuschauen. MagentaTV sei dank!

Mein Gott war die Mode damals schlimm! Und hätte es damals schon Smartphones gegeben, die Handlung wäre nur halb so spannend verlaufen :wink:

Ich will mich zur Geschichte hier nicht wiederholen, ihr habt ja die Handlung und die Zusammenhänge hervorragend zusammengefasst. Die glasklare Logik in der Geschichte führt zu einem Schaudern. Während man dem Film folgt, ist man irgendwann versucht, die Geschichte für glaubwürdig zu halten. Das Düstere verbunden mit dem offenen Ende lässt den Zuschauer - zumindest mich - mit einem unwohlen Gefühl zurück.

Mulder ist der Querdenker! Damals wie heute sind Querdenker unbequem. Heute versucht man mit agilen Arbeitstechniken, den Menschen das Querdenken beizubringen, um ihre Kreativität herauszukitzeln. Dennoch bleiben die richtigen Querdenker unbequem. Alles soll im Rahmen bleiben.

Scully muss sich in der 3. Folge erstmals entscheiden, auf welcher Seite sie steht. Der Mainstream im FBI ist für sie zwar reizvoll, aber sie leidet still unter dem Spott, der auch sie nicht verschont. Man spürt ihr Gerechtigkeitsempfinden, der sie dazu bringt Mulder in Schutz zu nehmen. Die Fakten sind zwar eindeutig, aber sie traut sich damit nicht aus der Deckung, doch letztendlich zwingen sie sie, sich auf die Seite von Mulder zu stellen.
Noch hat sie nicht durchschaut, warum sie auf Mulder angesetzt wurde. Der Raucher spielt bereits hier eine leicht zwielichtige Rolle.

Tooms ist also ein Mutant, der Nester baut und von menschlicher Leber lebt. Sein Stoffwechsel ist so verlangsamt, dass er quasi jahrelang schlafen kann. Der Bezug auf die Nazigräuel und die Kriegsverbrechen lassen den Zuschauer vermuten, dass Experimente während des Krieges die Ursache für die Mutation ist. Interessant wie ohne eine Wort und ohne einen Handlungsstrang diese Idee in der Geschichte mitschwingt.

Eines ist schon bemerkenswert. Gillian Andersson wirkt in den ersten Folgen älter als später :-)

Bis zum nächsten Mal, eine gute Nacht! :sleep:

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Wir haben erfahren, dass der Mensch seinen Intellekt bis zu erstaunlichen Leistungen kultivieren kann - ohne dadurch der eigenen Seele Herr zu werden. (Hermann Hesse)

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