Akte X - Staffel 1




Alles zu Chris Carters Mystery-Serien Akte X, MillenniuM und The Lone Gunmen

Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Mi 2. Jan 2019, 15:24

In Babylon 5 wurden die Staffeln 2 (zweite Hälfte), 3 und 4, die der Serie den Ruf verschafften, eine der besten SciFi-Serien aller Zeiten zu sein, praktisch am Stück von ein und demselben Drehbuchautor geschrieben, der auch noch Executive Producer war. Der hat sich aber dabei auch beinahe zu Tode gearbeitet (und das ist jetzt nicht übertrieben). Das ist auch keine Lösung.

Das Problem ist halt auch, dass man ja nie weiß, wie lange so eine Serie überlebt, besonders bei einem Sender wie Fox, der eine Reputation hat, Serien unverhofft zu killen. Ich habe über die Feiertage Morgan & Wongs Serie "Space - Above and Beyond" gesehen, zu Deutsch Space 2063, die sie schon nach einer Staffel wieder absetzten. Wie soll man da einen langfristigen Handlungsbogen planen? In den 90ern war das ohnehin noch komplettes Neuland, Akte X war da mit Babylon 5 zusammen absolute Pionierarbeit.

Ich bin trotzdem froh, wenn wir die erste Staffel hier hinter uns gebracht haben.

Game of Thrones habe ich nie verfolgt, da ich schon mit dem Buch nicht viel anfangen konnte und dieses Fantasy-Setting generell nicht so mein Ding ist (Herr der Ringe ist da eine Ausnahme).
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Mi 2. Jan 2019, 20:11

Folge 10, Staffel 1: "Gefallener Engel / Fallen Angel"

Drehbuch: Howard Gordon & Alex Gansa
Regie: Larry Shaw



In Wisconsin ist ein UFO abgestürzt, und das Militär ist auf der Suche nach dem flüchtigen außerirdischen Piloten. Der von Deep Throat über den Vorfall informierte Mulder reist zur Absturzstelle, wird dort vom Militär festgenommen und macht im Gefängnis die Bekanntschaft des UFO-Fanatikers Max, der ebenfalls am Absturzort aufgegriffen wurde.

"Fallen Angel" markiert den Beginn einer Reihe von langfristigen Handlungssträngen. Das Militär unter der Leitung von Col. Henderson versucht, den Absturz zu verbergen und die Geschehnisse zu vertuschen, indem Henderson zunächst der Flugüberwachung den Befehl gibt, das UFO als "Meteoriten" zu deklarieren (herrlich der trockene Kommentar der Mitarbeiterin, als ein zweites UFO bei der Absturzstelle auftaucht: "The meteor seems to be hovering above a small town") und dann der Öffentlichkeit zu erzählen, es handle sich um ein Zugunglück, das eine ökologische Katastrophe herbeiführen könnte. Für Regierungsmitarbeiter hat man eine andere Lüge parat, demnach handelt es sich um einen abgestürzten libyschen Kampfflieger. Die zweite Erklärung ist fast noch unglaubwürdiger als die erste; wieso soll sich ein libyscher Kampfflieger mit einem Atomsprengkopf an Bord in den Norden der USA verirren?
Hier ist ganz klar die Regierung bzw. das Millitär am Werk, die andere Interessen und Anweisungen haben als das in diesen Vorfall nicht involvierte Syndikat: Wie später in E.B.E. klar wird, wurde von der Regierung eine UN-Vereinbarung angenommen, die den Befehl beinhaltet, jegliche außerirdische Lebensform, die auf der Erde auftaucht, umgehend zu vernichten.
Das Alien, das das abgestürzte UFO geflogen hat, kann sich tarnen und starke Radioaktivität aussenden, um sich zu verteidigen.
Dies ist soweit konsistent mit den Informationen, die später in Staffel 3 über das Schwarze Öl bekannt werden; ebenso die Fähigkeit, Materie zu durchqueren: Das Alien gelangte in Maxs verschlossenen Wohnwagen und wurde zusammen mit Max aus dem Inneren des Lagerhauses geholt.

Scully, vom FBI hergeschickt, um Mulder zurückzuholen, ist wütend, weil Mulder ständig die Grenzen überschreitet, und nervt ihn die ganze Folge wegen der Anhörung und der drohenden Schließung der X-Akten - ein weiterer Handlungsstrang, der hier begonnen wird. Mulder scheint ziemlich egal, was aus ihm (oder den X-Akten) wird. (Henderson auf der anderen Seite ist auch alles außer seiner Bergungs- und Vertuschungsaktion egal, er behindert sogar die Notärzte bei der Versorgung seines Personals.) Zur Schließung der X-Akten kommt es beinahe auch schon in dieser Episode, als Mulder sich im FBI in einer Anhörung verantworten muss. Anders als andere frühe Episoden suggeriert "Fallen Angel" mit den offensichtlichen Vertuschungsaktionen und absurden Coverstories, dass Mulders Behauptungen über eine Verschwörung und die Existenz Außerirdischer nicht nur seine Hirngespinste sind. Mulders Insubordination und eigenmächtiges Handeln wird vom Sektionschef McGarth dazu benutzt, die Schließung der X-Akten und Mulders Entlassung aus dem FBI zu erwirken. Lediglich Deep Throats Einschreiten kann dies in letzter Sekunde noch verhindern. Deep Throats Agenda wird hier weiter undurchsichtig gehalten, als er McGarth erzählt, es sei besser, Mulder weiterarbeiten zu lassen, als ihn zu einer Kultfigur der UFO-Bewegung zu machen - und suggeriert McGarth hierbei, dass Mulder in Wahrheit auf dem Holzweg ist ("... what he thinks he knows"). "Always keep your friends close, Mr. McGrath... but keep your enemies closer." So ganz weiß man hier nicht, was man von Deep Throat halten soll.

Dass die Idee, Mulder könnte zu einer Kultfigur werden, nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, wird in seiner Begegnung mit Max Fenig deutlich. Fenig, in jeder Hinsicht ein archetypischer UFO-Geek, macht Mulder klar, dass er unter Max und seinesgleichen eine Berühmtheit ist, und jeder seiner Schritte von ihnen akribisch beobachtet wird. Wie sich herausstellt, schrieb Mulder unter einem Pseudonym zumindest einen Artikel in einem ihrer Underground-Magazine - auch dies ging, entgegen Mulders Annahme, nicht unter: "I didn’t think anyone was really paying attention." - "Someone's always paying attention, Mr. Mulder."

Mit seiner Historie von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen ist Max das perfekte Entführungsopfer, da ihm seine Geschichten keiner abnimmt. Es ist kein Wunder, dass sich Mulder und Max sofort anfreunden, während Scully mit Max ihre Probleme hat, wie schon mit den Teenagern in der Folge "Deep Throat". Ihre Gleichgültigkeit und Kälte gegenüber Maxs Schicksal gefielen mir hier nicht. Auch hier tauchen, wie schon im Pilotfilm, wieder die Implantate auf, die Max erst zur Absturzstelle und dann zum zweiten, zur Bergung herbeikommenden UFO lenkten.

Wie schon in "Deep Throat" (der Episode) rückt Akte X in "Fallen Angel" die menschlichen Folgen der Regierungsmachenschaften für die Betroffenen ins Zentrum des Geschehens. Max Fenig ist hier ein Überlebender von Geschehnissen und Missbrauch, die völlig außerhalb seiner Kontrolle stattfinden und die er nicht einmal verstehen kann. Die Episode impliziert zumindest stark, dass Maxs neurologische Probleme, die epileptischen Anfälle und seine Schizophrenie, die Folge mehrfacher Entführungen sind, deren er sich offenbar nicht einmal bewusst ist. Das Resultat der Entführungen ist ein zerstörtes Leben, er lebt allein und isoliert in einem Wohnwagen und wird von niemandem ernst genommen (Parallelen zu Mulder sind vermutlich nicht rein zufällig). Trotzdem gibt er nicht auf und sucht nach Antworten auf das, was ihm widerfahren ist. Scott Bellis verkörpert die Rolle dieses schrägen und gleichzeitig tragischen Außenseiters fantastisch.

Am Ende haben Mulder und Scully wieder einmal keine Beweise, Scully ist bei der Entführung nicht anwesend, versucht aber dennoch, einen vernünftig klingenden Bericht zu verfassen und ein Statement abzugeben, das Mulder unterstützt. Mulder hingegen lehnt sich offen gegen seine Vorgesetzten auf: "No government agency has jurisdiction over the truth!" Dass er gefeuert wird, wird eben noch von Deep Throat verhindert, der offenbar eine Position innehat, die ihm erlaubt, die X-Akten geöffnet zu halten. Im FBI, im Pentagon? So ganz klar ist mir das nicht. Ein gefährliches Spiel, man fragt sich wie lange das und auch Mulders außercurriculäre Aktivitäten noch gut gehen können.

"Fallen Angel" bringt die Rahmenhandlung voran bzw. startet einige Handlungsstränge erst. Es gibt diverse gelungene Szenen, besonders um den Absturzort des UFOs, und mit Max Fenig wird ein interessanter Nebencharakter eingeführt. Wieder einmal - bereits zum vierten Mal in dieser frühen Phase - bringt sich Mulder durch einen Alleingang in Gefahr und Scully muss ihn aus dem selbst verursachten Schlamassel herausholen, wobei die undurchsichtigen Vorgänge auch sie als Charakter wieder ein Stück weiterbringen. Bei den schauspielerischen Leistungen ist besonders Scott Bellis als Max Fenig hervorzuheben. Insgesamt hat mir "Fallen Angel" gut gefallen, ich gebe fünf abgestürzte libysche Kampfjets dafür.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Sa 19. Jan 2019, 12:37

Die Folge hat mir richtig gut gefallen.
Wie schon in "Deep Throat" (der Episode) rückt Akte X in "Fallen Angel" die menschlichen Folgen der Regierungsmachenschaften für die Betroffenen ins Zentrum des Geschehens. Max Fenig ist hier ein Überlebender von Geschehnissen und Missbrauch, die völlig außerhalb seiner Kontrolle stattfinden und die er nicht einmal verstehen kann.

Es zeigt, wie gefährlich totalitäre Diktaturen und Systeme sind. Sie nehmen keinerlei Rücksicht auf das Wohlergehen der Bevölkerung, was hier explizit am Schicksal von Max verdeutlicht wird. Die Lügen - Fake News :wink: - der Regierung erinnern an George Orwell, Max ist ein wirklich interessanter Charakter.
Der für mich entscheidende Satz in nevermores - wie immer sehr guter - Besprechung scheint mir folgender Satz zu sein:
Anders als andere frühe Episoden suggeriert "Fallen Angel" mit den offensichtlichen Vertuschungsaktionen und absurden Coverstories, dass Mulders Behauptungen über eine Verschwörung und die Existenz Außerirdischer nicht nur seine Hirngespinste sind.

Akte X eben nicht nur "Mystery", sondern - heutige und damalige? - Realität? Fake News wohin man schaut. Ich lese gerade das Buch von Timothy Snyder: Der Weg in die Unfreiheit: Russland, Europa, Amerika" aus dem Beck-Verlag, der die Etablierung von Putins autoritärem Regime in Russland verdeutlicht und die Folgen, die dies hat. Er zeigt, wie die Grundlagen der westlichen Demokratien in Gefahr sind. Zeigt dies "Deep Throat", aber auch diese Folge "Fallen Angels" nicht auch? Auf jeden Fall besticht die Folge meiner Meinung nach durch beklemmende Aktualität.
Bin gespannt auf die weiteren Folgen. Ich komme allerdings erst nächstes Wochenende dazu, sie zu sehen, weil ich heute abend im Theater und morgen in der Jahrhunderthalle in Frankfurt in "Schwanensee" bin.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Do 24. Jan 2019, 20:05

Folge 11, Staffel 1: "Eve / Eve"

Drehbuch: Kenneth Biller & Chris Brancato
Regie: Fred Gerber



An zwei tausende Meilen voneinander entfernten Orten kommen zwei Väter zum exakt selben Zeitpunkt auf die gleiche Weise zu Tode. Bei der Untersuchung stellen Mulder und Scully fest, dass die Töchter beider Familien genau gleich aussehen und stoßen hierdurch auf geheime Klonexperimente.

"Eve" führt einen als Zuschauer ganz schön in die Irre. Zu Beginn denkt man an alles Mögliche, angefangen von Vampiren, dann - von Mulder auf die Irrfährte gesetzt - an Außerirdische, dann an die erwachsenen Eves; auf die Kinder bin ich jedenfalls beim ersten Ansehen lange nicht gekommen. Scully ist in einer Szene sehr nah dran ("I was beginning to suspect the girls"), aber diese Schlussfolgerung war ihr dann wohl doch zu mutig. Mulder hingegen ist in dieser Episode von der Wahrheit so weit weg wie selten. Seine Empathie mit kleinen Kindern und seine Suche nach weiteren Opfern von Entführungen durch Außerirdische wird von der teuflischen kleinen Teena schamlos ausgenutzt. Wenn Scully ihm "leading questions" vorwirft, die in die Irre führen, ist sie m.E. auf dem Holzweg; es ist hier Teena, die Mulder in die Irre führt.

Deep Throat, in einem neuerlichen Auftritt, bringt schließlich die hier ziemlich ratlosen Agenten auf die richtige Spur. Er erzählt Mulder von den sog. Lichfield-Experimenten, die die Regierung nach dem zweiten Weltkrieg - also in der Zeit des Kalten Krieges - verfolgte: Man versucht, durch genetische Experimente Supersoldaten hervorzubringen und stand hierbei mit der Sowjetunion im Wettbewerb. (Ich bin nicht sicher, ob diese Experimente einen realen Hintergrund haben; bei einer google-Recherche stieß ich auf Hinweise, dass bestimmte Nazi-Experimente unter diesem Namen bekannt waren, konnte aber nichts näheres darüber finden. Deep Throats Hinweis auf diese Experimente könnte wieder darauf hindeuten, dass er eher im Verteidigungsministerium als im FBI zu verorten ist.)
Die Information Deep Throats könnte mit den später in der Serie thematisierten Projekten "Paperclip" und "Unit 731" in Verbindung stehen; möglicherweise waren bzw. sind es deutsche und japanische Wissenschaftler; Kriegsverbrecher, die an diesen Projekten arbeiteten oder noch arbeiten, und denen hierfür von den USA Amnestie gewährt wurde.
Offenbar ging bei diesen Experimenten so einiges schief. Zwar haben die so erschaffenen "Eves" (die "Adams" erwiesen sich offenbar als nicht überlebensfähig) tatsächlich überlegene körperliche und geistige Fähigkeiten. Es wird auch angedeutet, dass sie in einer Art Hive Mind miteinander verbunden sind: Eve 6 deutet dies an - "she is me and I am her and we are all together"- und die Kinder wissen auf irgendeine Weise, wo die andere ist und was sie tut. (Es könnte auch sein, dass die Kinder telepathisch begabt sind; das würde jedenfalls erklären, woher Teena weiß, dass Mulder sofort auf die angeblichen Entführungsversuche durch Außerirdische anspringen wird.) Als Kehrseite der Experimente sind die Eves aber auch psychotisch und entwickeln gemeingefährliche oder selbstmörderische, in jedem Fall destruktive Tendenzen. Eine von ihnen, Eve 7, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Experimente zu verbessern und führte sie in einer Klinik für künstliche Befruchtung ohne Wissen der entsprechenden Mütter fort. Allerdings machten es die neuen Experimente nur noch schlimmer. Die neue Generation von Klonen wird nun schon im Kindesalter mörderisch.

Teena und Cindy ist bewusst, dass sie künstlich geschaffen wurden. Zitate wie "we have no parents" und "you made us" zeigen dies. Sie sind eine moderne Variante von Frankensteins Monster. Sie wissen auch, dass bei ihrer Erschaffung etwas schiefgelaufen ist ("we are your mistake"). Anders als das Monster sehen sie aber völlig unschuldig aus (weswegen Mulder bei seinem Festnahmeversuch selbst der Kindesentführung verdächtigt wird: "Yes, these are America's most wanted! ... I'm going to call the police!") und wachsen in einer typischen Vorstadt-Siedlung auf, was die Sache noch unheimlicher macht, denn sie könnten jedermann und überall sein. Die Furcht, die eigenen Kinder könnten Monster sein und es auf die eigenen, ihnen körperlich und geistig unterlegenen Eltern abgesehen haben, ist wieder eine dieser Urängste, mit denen Akte X gerne spielt.

Der Umgang mit den fehlgeschlagenen Eves passt auch wieder ins Bild. Die Frauen sind zwar gemeingefährlich, sie sind aber auch Opfer. Die Szenen in diesem Irrenhaus/Kerker sind wirklich erschreckend. Dass man auch die Kinder am Ende da einsperrt, rückt die Behörden oder wer immer dafür in letzter Instanz verantwortlich ist, wieder in einer äußerst dubioses Licht. Und die Experimente gegen allem Anschein nach weiter; Eve 8 scheint für die Regierung zu arbeiten, sie kommt am Ende der Episode problemlos in die Anstalt hinein.

Hervorzuheben in dieser Episode sind die Gastdarsteller. Sowohl die erwachsenen Eves als auch diese gruseligen Kinder sind super gespielt. Die beiden Mädchen vermitteln glaubthaft den manipulativen und bösartigen Charakter von Teena und Cindy. Vor allem Harriet Harris aber ist in ihrer Dreifach-Rolle als Eve 6 bis 8 einfach großartig, zumal diese drei Eves doch sehr unterschiedlich sind.

"Eve" reisst eine Menge Themen an, die später in der Serie noch eine Rolle spielen: Genetische Experimente mit Frauen, Klone, Supersoldaten etc. Die Folge zählt für mich zu den besten Monster of the Week-Episoden, und ich finde es erstaunlich, dass es der einzige Skript der Autoren Kenneth Biller und Chris Brancato geblieben ist. Streckenweise leidet die Folge etwas unter der sehr nüchtern agierenden Regie. Ein paar Ungereimtheiten gibt es auch, vor allem bleibt unklar, wie die Kinder das Ausbluten der Väter bewerkstelligt haben. Dennoch gefällt mir "Eve" sehr, ich gebe fünf vergiftete Colas dafür.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » So 27. Jan 2019, 21:59

Ich habe die Folge noch nicht gesehen und komme erst nächstes Wochenende dazu. Allerdings scheinen die genetischen Anspielungen auf die Verfolgung der Genetiker unter Stalin zurückzugehen, der Lyssenko vertraute: https://de.wikipedia.org/wiki/Lyssenkoismus
Lyssenko entwickelte ein System, ähnlich dem Lamarckismus, das bei den Machthabern die Hoffnung erweckte, den "sozialistischen Menschen" züchten zu können. Es geht also - anders als nach der Lektüre desWikipedia-Artikel zu vermuten wäre, nicht nur um die Landwirtschaft, sondern um die Hoffnung, den Menschen durch Umweltbedingungen umzuändern und nicht auf langfristige genetische Veränderungen der Menschheit warten zu müssen. Die "Umerziehung" zum "Sowjetmenschen" wäre dann schneller möglich. Nur so ist meiner Meinung nach die Stellung Lyssenkos unter Stalin und die Verfolgung der russischen Genetiker, etwa des Genetikers "Ur" zu erklären, über welche Daniel Granin in seiner Biographie über diesen herausragenden Mann so eindrucksvoll berichtet hat: https://www.amazon.de/Genetiker-Nikolai ... =Granin+Ur. Wie dem auch sei: Die russischen Genetiker wurden verfolgt und umgebracht. Wladimir Dudinzews Roman: "Die weißen Gewänder" vgl. hier: https://www.amazon.de/Die-wei%C3%9Fen-G ... %C3%A4nder berichtet davon und der sowjetische Regimekritiker und Biologe Zhores Medwedjew hat den "Fall Lyssenko" ausführlich beschrieben: https://www.amazon.de/Fall-Lyssenko-Ein ... w+Lyssenko Erst mit dem Sturz Chruschtschows im Oktober 1964 endete der Einfluss des bereits 1962 als Präsident der Akademie der Wissenschaft abgelösten Biologen. Den Menschen nach seiner eigenen Ideologie zu formen und den einem totalitären Regime angepassten Menschen zu schaffen, ist ja Thema zahlreicher Dystopien. Möglicherweise spielt auch die obige Folge von "Akte X" darauf an. Näheres weiß ich, wenn ich sie nächsten Samstag gesehen habe.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » So 27. Jan 2019, 22:17

Ich muss jetzt doch mal fragen: Hast du eigentlich unter der Woche Fernseh-Verbot? *g*

Ansonsten vielen Dank für den interessanten Input für russische Eugenik-Forschung. Das dürften die eugenischen Experimente sein, die Deep Throat erwähnte.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Mo 28. Jan 2019, 21:24

Das nicht. Ich schaue mir aber auch noch sämtliche Folgen von "Game of Thrones" erneut an, weil im April die finale Staffel kommt. Und heute kam ich eben erst vom Dienst und bin ziemlich platt.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Fr 3. Mai 2019, 20:56

So, anbei noch ein Artikel über Lyssenko: https://motherboard.vice.com/de/article ... chleuderte
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon nevermore » Fr 3. Mai 2019, 21:30

Danke. Nachdem ich das gelesen habe, kann das m.E. aber nicht gemeint sein - denn in "Eve" geht es um gentechnische Experimente an Menschen. Während Lyssenko ja selbst die Idee von Genen, diesem Artikel zufolge, ablehnte, und seine Experimente sich auf Agrarprodukte beschränkten. Also wenn Deep Throat von einem Wettbewerb mit der UdSSR redet, muss etwas anderes gemeint sein. Aber in deinem Post weiter oben schreibst du ja etwas anderes? Die Bücher habe ich natürlich nicht gelesen.
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Re: Akte X - Staffel 1

Beitragvon Bernhard Nowak » Sa 4. Mai 2019, 10:23

Ich weiß es jetzt nicht. Richtig ist, dass Lyssenko seine Experimente mit Mais etc. durchgeführt und Chruschtschow damit begeistert hat. Aber die "ideologische" Komponente ist die, dass diese Versuche die Hoffnung nährten, durch Veränderungen am menschlichen Erbgut in kurzer Zeit den sozialistischen "Menschen" zu schaffen und nicht "ewig" darauf zu warten, weil die "Gene" nicht mitspielen. Insofern eine hochpolitische Debatte. Ich muss mir Eve nochmals anschauen, vor allem die Stelle der Äußerung von Deep Throat.
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