Buddhismus und der Dalai Lama




Alles, was sich um philosophische, religiöse und verwandte Themen dreht

Beitragvon nevermore » Di 29. Jul 2008, 11:53

@seirex

Bitte vergiss aber dabei nicht, aus welcher Zeit Marx' Zitat stammt und auf welche sozialen Umstände es gezielt war. Dass Marx alles heute noch so schreiben würde wie damals bezweifle ich.

Dass Religion zu manchen Zeiten "Opium des Volkes" war, und es in manchen Situationen und Teilen der Welt immer noch ist, bestreite ich gar nicht. Aber meiner Meinung nach wird man dem Phänomen Religion einfach nicht gerecht, indem man es auf diesen Satz reduziert. Religion kann für andere Leute auch etwas anderes sein als "Opium des Volkes". Irgendwie kommt bei deinen Beiträgen immer der Eindruck herüber, alle religiösen Menschen seien vielleicht nicht grade "Doofmänner", aber bemitleidenswerte fremdkontrollierte Individuen, die es halt nicht besser wissen. Dafür sind mir zuviele sehr gescheite und unabhängige Leute unter den Religiösen, wie zum Beispiel ein Einstein, ein Wilber, ein Grof, um nur ein paar zu nennen. Sag mir doch mal, inwiefern du glaubst, dass solchen Leuten die Religion "Opium" ist.

Kola hat geschrieben:*lach* die 'Gummi-Ei-Nummer' ist ja auch eine Steilvorlage. Aber es geht aus meiner Sicht hier nicht darum, ob es Menschen sind oder Außerirdische, sondern es geht um Toleranz und um das Akzeptieren von Andersartigkeit.

Wenn du die asiatische Kultur jetzt als einen Verstoß gegen die UN-Charta betrachtest, was genau möchtest du dagegen tun? Es ist eine typisch westliche Sicht, hinter Leibeigenschaft Ausbeutung zu vermuten. Ich habe oben versucht zu erklären, dass diese Strukturen sich aus der Notwendigkeit heraus entwickelt haben. Zusammenhalt, Gehorsam und Disziplin, um zu überleben, zumindest in Japan. Aber im Himalaya wird sich das vermutlich ähnlich verhalten.


Das Gummi-Ei ist wirklich fantastisch :mrgreen: Ob es Menschen oder Außerirdische sind, ist hier insofern von Bedeutung, als es im einen Fall einen internationalen Grundkonsens gibt, im anderen dagegen nicht. Wie gesagt, das Akzeptieren von Andersartigkeit kann sehr leicht als Generalentschuldigung missbraucht werden. Was ist, wenn ein Staat ankommt und behauptet, dass Folter zu seiner "Andersartigkeit" gehört? Oder das Ermorden Unschuldiger zu "Abschreckungszwecken"? Ist das auch noch zu tolerieren? Soweit geht die "Nichteinmischungsdirektive" bei mir auch nicht.

Unter diese Argument kann man nicht einmal das betroffene Volk darüber abstimmen lassen, ob es mit diesen Institutionen heute noch einverstanden ist, denn das Nächste, was dann kommt, ist, dass demokratische Entscheidungen auch ein Produkt der westlichen kulturellen Linse sind. Dagegen tun kann man allenfalls etwas, indem man sie vor den internationalen Gerichtshof stellt. Das wird aber auch nichts bewirken, wenn der Staat grundsätzlich internationale Entscheidungen nicht akzeptiert.

Damit habe ich weniger Probleme, weil ich es nicht als Fatalismus wahrnehme. Mein Problem - und das ist auch ein Grund, warum ich keine Buddhistin mehr bin - sind der Dogmatismus, das Hierarchiedenken und die extreme Reglementierung, zumindest im japanischen Zen-Buddhismus. Es ist einfach sehr anstrengend. Aber vermutlich meinte der Dalai Lama das, als er sagte, dass der Buddhismus für Europäer nur bedingt geeignet sei. Es ist für uns einfach schwer nachzuvollziehen.


Dieser Dogmatismus und das Regeldenken ist aber Teil dessen, was ich "fatalistische Tendenzen" nenne. Die Idee, dass es bestimmte Strukturen gibt, die irgendwie unumstößlich sind und nicht in Frage gestellt werden sollten. Eben wie du sagst, dass man "sein Los akzeptiert"; was eine Interpretation des Karma-Prinzip ist, die ich so nicht teile. Für mich hat Ursache-Wirkung nicht unbedingt zur Konsequenz, dass man die Situation akzeptiert, wie sie nun einmal ist.
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Beitragvon Kola » Di 29. Jul 2008, 12:44

nevermore hat geschrieben:Das Gummi-Ei ist wirklich fantastisch :mrgreen: Ob es Menschen oder Außerirdische sind, ist hier insofern von Bedeutung, als es im einen Fall einen internationalen Grundkonsens gibt, im anderen dagegen nicht.

Aber es gibt offenbar moralische Instanzen. Abgesehen davon handeln die Eltern aus ihrer Überzeugung heraus, weil sie es von klein auf so gelernt haben, wie ihr eigenes Kind auch. Ein 'internationaler' oder 'interplanetarer' Grundkonsens hätte sie nur wenig interessiert.

nevermore hat geschrieben:Wie gesagt, das Akzeptieren von Andersartigkeit kann sehr leicht als Generalentschuldigung missbraucht werden. Was ist, wenn ein Staat ankommt und behauptet, dass Folter zu seiner "Andersartigkeit" gehört? Oder das Ermorden Unschuldiger zu "Abschreckungszwecken"? Ist das auch noch zu tolerieren? Soweit geht die "Nichteinmischungsdirektive" bei mir auch nicht.

Genau das ist der Unterschied: Ist es ein Staat, der vorhandene Strukturen ausnutzt, um sein Volk zu unterdrücken, wie es die Chinesen getan haben oder sind es alte gewachsene Strukturen und die Herrscher bewegen sich innerhalb der sozial festgelegten Normen? Das Ermorden Unschuldiger war in Japan eine legale und akzeptierte Methode, um abzuschrecken. Aber auch da wurden grausame Machthaber gestürzt. Heute ist es keine Norm mehr, weil sich die Gesellschaft auch dort ändert, aber eben sehr langsam. So wie seirex geschrieben hat: 'Anfangs' konnte der Dalai Lama noch auf Leibeigene zurück greifen. Mittlerweile nicht mehr.

nevermore hat geschrieben:Dieser Dogmatismus und das Regeldenken ist aber Teil dessen, was ich "fatalistische Tendenzen" nenne. Die Idee, dass es bestimmte Strukturen gibt, die irgendwie unumstößlich sind und nicht in Frage gestellt werden sollten. Eben wie du sagst, dass man "sein Los akzeptiert"; was eine Interpretation des Karma-Prinzip ist, die ich so nicht teile. Für mich hat Ursache-Wirkung nicht unbedingt zur Konsequenz, dass man die Situation akzeptiert, wie sie nun einmal ist.

Naja, wenn ich einfach nur fatalistisch, also statisch an die Sache ran gehen würde, dann brauche ich auch den Buddhismus nicht zu praktizieren, dessen Ziel der Weg zur Erleuchtung, also Änderung des eigenen Schicksals ist. Buddhisten finden sich eben nicht mit dem ewigen Wiedergeboren werden ab, sondern streben bewußt eine Veränderung an. Aber nicht im Außen, sondern erstmal innen. Sie akzeptieren ihre Ausgangsposition, also ihr Los, und starten von da, weil sie wissen, dass das Leben Veränderung ist und nichts Bestand hat.
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Beitragvon Demona » Di 29. Jul 2008, 13:16

Dieser Dogmatismus und das Regeldenken ist aber Teil dessen, was ich "fatalistische Tendenzen" nenne. Die Idee, dass es bestimmte Strukturen gibt, die irgendwie unumstößlich sind und nicht in Frage gestellt werden sollten. Eben wie du sagst, dass man "sein Los akzeptiert"; was eine Interpretation des Karma-Prinzip ist, die ich so nicht teile. Für mich hat Ursache-Wirkung nicht unbedingt zur Konsequenz, dass man die Situation akzeptiert, wie sie nun einmal ist.


Das ist auch die Sache, wo ich denke, dass die ursache und Wirkung so nicht ganz funktionieren kann bzw. wo die strengen Strukturen dann wieder gelockert werden können, wenn sich die Regel ändert.
Es braucht sich ja nur einer umzudrehen, weil er z.B. gerufen wird und damit fällt sozusagen ein anderer Dominostein.
Ist wie mit einen Stein ins Wasser werfen, mal springt er dreimal über das Wasser, aber genauso gut kann es passieren, dass er nur zweimal springt oder sogar viermal.
Dann ruft das auch andere Wellen hervor und es treten unvorgesehene Änderungen hervor...
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Beitragvon nevermore » Di 29. Jul 2008, 14:20

Kola hat geschrieben:Aber es gibt offenbar moralische Instanzen. Abgesehen davon handeln die Eltern aus ihrer Überzeugung heraus, weil sie es von klein auf so gelernt haben, wie ihr eigenes Kind auch. Ein 'internationaler' oder 'interplanetarer' Grundkonsens hätte sie nur wenig interessiert.


Es gab keine allgemein akzeptierten moralischen Instanzen, das war ja das Problem in dieser Episode. Im Unterschied dazu ist die Menschenrechtscharta ein solcher von der Völkervereinigung akzeptierter Moralkodex. Ein Land, das sich in der UN befindet, hat ihn jedenfalls auf dem Papier akzeptiert und kann entsprechend auch daran gemessen werden. Muss sich daran messen lassen, meines Erachtens. Man kann nicht in so einer Gemeinschaft nur das akzeptieren, was einem gerade gefällt. Ich glaub, das wird noch sehr interessant werden drüben im Videozirkel ;)

Genau das ist der Unterschied: Ist es ein Staat, der vorhandene Strukturen ausnutzt, um sein Volk zu unterdrücken, wie es die Chinesen getan haben oder sind es alte gewachsene Strukturen und die Herrscher bewegen sich innerhalb der sozial festgelegten Normen? Das Ermorden Unschuldiger war in Japan eine legale und akzeptierte Methode, um abzuschrecken. Aber auch da wurden grausame Machthaber gestürzt. Heute ist es keine Norm mehr, weil sich die Gesellschaft auch dort ändert, aber eben sehr langsam. So wie seirex geschrieben hat: 'Anfangs' konnte der Dalai Lama noch auf Leibeigene zurück greifen. Mittlerweile nicht mehr.


Wer entscheidet, wann der Punkt gekommen ist, ab dem der Staat nur noch vorhandene Strukturen ausnutzt, die längst obsolet sind, bzw. wann die Strukturen sozial akzeptiert sind? Und was bedeutet "Unterdrückung" - unterdrücken kann man nicht nur mit Waffengewalt und Drohungen, sondern auch mit psychologischer Erpressung und Manipulation. Und wie soll man ein Volk befragen, ob es sich unterdrückt fühlt, wenn die Leute glauben, kein Recht auf eine eigene Meinung zu haben und wenn ihnen nie eine Alternative aufgezeigt worden ist?

Naja, wenn ich einfach nur fatalistisch, also statisch an die Sache ran gehen würde, dann brauche ich auch den Buddhismus nicht zu praktizieren, dessen Ziel der Weg zur Erleuchtung, also Änderung des eigenen Schicksals ist. Buddhisten finden sich eben nicht mit dem ewigen Wiedergeboren werden ab, sondern streben bewußt eine Veränderung an. Aber nicht im Außen, sondern erstmal innen. Sie akzeptieren ihre Ausgangsposition, also ihr Los, und starten von da, weil sie wissen, dass das Leben Veränderung ist und nichts Bestand hat.


Es gibt auch äußere Situationen, die inneres Wachstum praktisch ausschließen. Im Hinduismus ist dieses "fatalistische Denken" noch viel extremer. Viele Wachstumschancen hatte man da lange Zeit nicht, wenn man in der Kaste der Untouchables geboren ist. Im Westen hatte ein Fabrikarbeiter im Frühkapitalismus nicht viele Wachstumschancen, weshalb von Marx durchaus zurecht von der Religion als "Opium des Volkes" gesprochen wurde. Taoistisch ausgedrückt, wenn der Westen heute zu "yang" ist mit seiner Betonung auf Individualismus und Veränderungen der äußeren Lebenssituation, dann ist mir der Buddhismus zu "Yin", und zusehr darin verhaftet, dass man die bestehende Situation in diesem Leben akzeptiert.
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Beitragvon Kola » Di 29. Jul 2008, 14:48

nevermore hat geschrieben:Es gab keine allgemein akzeptierten moralischen Instanzen, das war ja das Problem in dieser Episode. Im Unterschied dazu ist die Menschenrechtscharta ein solcher von der Völkervereinigung akzeptierter Moralkodex. Ein Land, das sich in der UN befindet, hat ihn jedenfalls auf dem Papier akzeptiert und kann entsprechend auch daran gemessen werden. Muss sich daran messen lassen, meines Erachtens. Man kann nicht in so einer Gemeinschaft nur das akzeptieren, was einem gerade gefällt. Ich glaub, das wird noch sehr interessant werden drüben im Videozirkel ;)

Wenn ich mich recht erinnere, gab es eine moralische Instanz und zwar die Bewohner des Planeten, von dem die Familie kam. Und nur diese Instanz zählt für sie in dem Augenblick. Für diese Familie ist es eine moralische Instanz. Dass es keine übergeordnete gibt, habe ich schon kapiert :wink:

nevermore hat geschrieben:Wer entscheidet, wann der Punkt gekommen ist, ab dem der Staat nur noch vorhandene Strukturen ausnutzt, die längst obsolet sind, bzw. wann die Strukturen sozial akzeptiert sind? Und was bedeutet "Unterdrückung" - unterdrücken kann man nicht nur mit Waffengewalt und Drohungen, sondern auch mit psychologischer Erpressung und Manipulation. Und wie soll man ein Volk befragen, ob es sich unterdrückt fühlt, wenn die Leute glauben, kein Recht auf eine eigene Meinung zu haben und wenn ihnen nie eine Alternative aufgezeigt worden ist?

Das ist zweifellos das Problem, ohne Frage.

nevermore hat geschrieben:Es gibt auch äußere Situationen, die inneres Wachstum praktisch ausschließen. Im Hinduismus ist dieses "fatalistische Denken" noch viel extremer. Viele Wachstumschancen hatte man da lange Zeit nicht, wenn man in der Kaste der Untouchables geboren ist. Im Westen hatte ein Fabrikarbeiter im Frühkapitalismus nicht viele Wachstumschancen, weshalb von Marx durchaus zurecht von der Religion als "Opium des Volkes" gesprochen wurde. Taoistisch ausgedrückt, wenn der Westen heute zu "yang" ist mit seiner Betonung auf Individualismus und Veränderungen der äußeren Lebenssituation, dann ist mir der Buddhismus zu "Yin", und zusehr darin verhaftet, dass man die bestehende Situation in diesem Leben akzeptiert.

Wie schon gesagt, es ist für westliche Menschen nur schwer nachvollziehbar :wink:
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Beitragvon nevermore » Di 29. Jul 2008, 17:49

Kola hat geschrieben:Wenn ich mich recht erinnere, gab es eine moralische Instanz und zwar die Bewohner des Planeten, von dem die Familie kam. Und nur diese Instanz zählt für sie in dem Augenblick. Für diese Familie ist es eine moralische Instanz. Dass es keine übergeordnete gibt, habe ich schon kapiert :wink:


Ach so, dann habe ich dich da falsch verstanden. Klar, für die Eltern gibt es eine moralische Instanz - so wie für Franklin aber auch.

Wie schon gesagt, es ist für westliche Menschen nur schwer nachvollziehbar :wink:


Ich sage nur "bring balance to the force" ;)

Ich glaube, dass man konsequent durchgezogen in einer westlichen Gesellschaft damit baden geht. Hat der Dalai Lama eigentlich nähere Ausführungen gemacht, inwiefern er den Buddhismus für den Westen nicht für geeignet hält?
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Beitragvon Demona » Di 29. Jul 2008, 19:37

Hat der Dalai Lama eigentlich nähere Ausführungen gemacht, inwiefern er den Buddhismus für den Westen nicht für geeignet hält?


Soweit ich mich erinnere ging es vor allem darum, dass die westliche Welt - und ich meine, da sprach er vor allem von den Amerikanern - die unangenehme Art hat, sich das für sie Beste aus allen Religionen heraus zu picken, um es dann in einen Topf zu werfen und dann eine seltsame Mischung daraus zu nehmen.
Er spielte da auch auf die sich verbreitende New Age-Richtung in den hippen Kreisen an. Er meint, dass es da momentan sehr in sei zu sagen, man sei Buddhist. Wenn man dann diejenigen fragt, was denn Buddhismus und warum sie zum Buddhismus übergetreten sind, dann kommen da sehr verquere Ansichten rüber und die haben meist nichts mit dem "realen" Buddhismus zu tun.
Er verurteile die Menschen jedoch nicht, da er der Meinung ist, jeder solle seinen Glauben frei wählen können. Gleichzeitig würde auch mit dem Buddhismus Tibet asoziiert und je öfter Tibet ins Gespräch komme umso besser für sein Heimatland.
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Beitragvon nevermore » Di 29. Jul 2008, 19:51

Ich weiß nicht, was in den amerikanischen Hip-Kreisen vertreten ist, aber unter den New Age'lern gibt es durchaus sehr gute Leute und Ideen. Dass sie sich "aus allen Religionen das beste rauspicken", wie das öfter mal unterstellt wird, konnte ich bei denen, die ich kenne bzw. aus dem, was ich gelesen habe, so auch nicht feststellen.

Generell wird dort unter den Denkschulen, die von Reinkarnation ausgehen, von einer anderen Art der Reinkarnation ausgegangen, die mir mehr auf die Theosophen und verwandte Richtungen zurückzugehen scheint, als auf den Buddhismus (jedenfalls, sowiet ich das beurteilen kann, ich habe über Theosophie etc. nur sehr kursorische Kenntnisse): Man geht von einem Erhalt der Persönlichkeit aus, und von einem "Lernen" der unsterblichen Seele, wobei auch keine "Rückentwicklungen" wie Wiedergeburt als Tier möglich sind. Das "Endziel" scheint auch nicht wirklich das Gleiche zu sehen. Wie Kola im Okkultismus-Thread geschrieben hat, "Der Buddhist möchte ins Nirwana eingehen, also 'Nichts' werden, der Magier/Theurg möchte alles werden." Im New Age scheint es auch eher um das "alles werden" zu gehen. Letztendlich liegt vielen New Age Richtungen dieses holographische Weltbild zugrunde, dass jeder Bestandteil eines höheren Bewusstseins ist, das manche als das Universum und andere als Gott bezeichnen, und diese "Aufspaltung" eine Art Selbsterforschungsprojekt dieses höheren Bewusstseins ist. Es hat also gewisse Elemente, die auf den ersten Blick verwandt mit dem Buddhismus zu sein scheinen, aber bei genauerer Betrachtung eben doch etwas anderes sind.
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Beitragvon Kola » Di 29. Jul 2008, 20:54

Demona hat geschrieben:
Hat der Dalai Lama eigentlich nähere Ausführungen gemacht, inwiefern er den Buddhismus für den Westen nicht für geeignet hält?
Soweit ich mich erinnere ging es vor allem darum, dass die westliche Welt - und ich meine, da sprach er vor allem von den Amerikanern - die unangenehme Art hat, sich das für sie Beste aus allen Religionen heraus zu picken, um es dann in einen Topf zu werfen und dann eine seltsame Mischung daraus zu nehmen.

Ja, sowas in der Art, und er hat noch darauf hingewiesen, dass westliche Menschen spirituelle Entwicklung in westlichen Systemen suchen sollten, weil es einen Grund habe, dass sie in diese Welt geboren wurden und weil es eher ihrer Kultur entspreche.

nevermore hat geschrieben:Ich glaube, dass man konsequent durchgezogen in einer westlichen Gesellschaft damit baden geht.

Das glaube ich auch.

nevermore hat geschrieben:Man geht von einem Erhalt der Persönlichkeit aus, und von einem "Lernen" der unsterblichen Seele, wobei auch keine "Rückentwicklungen" wie Wiedergeburt als Tier möglich sind.

Ja, es die alte, ursprünglich ägyptische/orientale Weltsicht, dass alles eine Entwicklung durchmacht, einschließlich der Erde und des Kosmos, damit es irgendwann wieder zu der Einheit werden kann, aus der es kommt. Die Seele sammelt immer mehr an Erfahrung, bis sie schließlich vollständig ist. Daraus ergibt sich dann der "Gottmensch", also ein Erleuchteter.

Allerdings frage ich mich, ob das Ergebnis nicht letztlich das gleiche ist :mrgreen:
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Beitragvon seirex » Mi 30. Jul 2008, 19:31

@nevermore

Bitte vergiss aber dabei nicht, aus welcher Zeit Marx' Zitat stammt und auf welche sozialen Umstände es gezielt war. Dass Marx alles heute noch so schreiben würde wie damals bezweifle ich.

Dass Religion zu manchen Zeiten "Opium des Volkes" war, und es in manchen Situationen und Teilen der Welt immer noch ist, bestreite ich gar nicht. Aber meiner Meinung nach wird man dem Phänomen Religion einfach nicht gerecht, indem man es auf diesen Satz reduziert. Religion kann für andere Leute auch etwas anderes sein als "Opium des Volkes". Irgendwie kommt bei deinen Beiträgen immer der Eindruck herüber, alle religiösen Menschen seien vielleicht nicht grade "Doofmänner", aber bemitleidenswerte fremdkontrollierte Individuen, die es halt nicht besser wissen. Dafür sind mir zuviele sehr gescheite und unabhängige Leute unter den Religiösen, wie zum Beispiel ein Einstein, ein Wilber, ein Grof, um nur ein paar zu nennen. Sag mir doch mal, inwiefern du glaubst, dass solchen Leuten die Religion "Opium" ist.


Ich denke, dass das Zitat immer gültig sein wird, solange es noch Religionen gibt.

Allerdings denke ich nicht, dass religiöse Menschen bemitleidenswerte fremdkontrollierte Individuen sind,
denn weder bemitleide ich sie, noch denke ich, dass es überhaupt möglich ist ein fremdkontrolliertes Individuum zu sein.

Ich würde eher sagen ein beeinflusster Mitläufer.

Was mir jedoch ein Rätsel bleibt ist, wie man als Physiker gläubig sein kann. Ohne jedoch Einsteins Können in Frage stellen zu wollen: Hat er letztlich nicht verstanden was Mathematik und Physik bedeuten?
Schließlich ist es Aufgabe der Physik mit Hilfe der Mathematik alle Fragen die es gibt zu beseitigen und Glauben/Unwissenheit durch Wissen zu ersetzten.

LG

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