seirex hat geschrieben:Ich sehe das Ganze eben als eine Art Vergewaltigung des Geistes.
Wenn man als Kind in eine solche strikte Lebensweise hinein geboren wird,
und dann einem Lama dient, dann ist das doch eine Art Freiheitsberaubung.
Aus westlicher Sicht betrachtet ist es das vielleicht auch. Nur kennen die Kinder das nicht anders und leben in einer festgefügten Tradition, in der sie sich sicher fühlen. Und wem steht es zu, zu behaupten, dass die eine Tradition besser ist als die andere? Vermutlich wird in Asien über unsere Tradition etwas ähnliches gedacht.
Zur Leibeigenschaft: Die bezieht sich in Asien nicht nur auf den Bauernstand, sondern zumindest in Japan war so ziemlich jeder Leibeigener eines anderen. Die Bauern eines Bereiches gehörten den jeweiligen Samuraj-Familien ('samuraj' bedeutet 'dienen'), die Samuraj (inklusive ihrer Familien) gehörten ihren Fürsten und die Fürsten gehörten den Oberbefehlshabern bzw. dem Kaiser, der ja direkt von der Sonne abstammt. Im Gegenzug waren die Besitzer verpflichtet, für ihre Untergebenen zu sorgen (das konnte eingefordert werden), sonst verloren sie ihre Ehre, was bis heute so ziemlich das Schlimmste ist, was passieren kann. Der Grundgedanke hinter all diesen Strukturen ist der Dienst an der Gemeinschaft.
Ein weiterer Grund für diese strenge Hierarchie ist vermutlich die Tatsache, dass die Japaner so viele sind und auf einer vergleichsweise kargen Inselgruppe leben, wo Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunamis und Taifune an der Tagesordnung sind. Da ist wenig Platz für Individualität, sondern alle müssen zusammenhalten.
Viel schlimmer als dieses Sozialsystem ist meiner Meinung nach, dass die Japaner ihre Ansichten auch außerhalb von Japan anwenden, was ein Grund für ihre Greueltaten im zweiten Weltkrieg sein dürfte. Toleranz scheint für sie eher ein Fremdwort zu sein.
frared hat geschrieben:ich finds oft doof, wenn man einfach sagt, naja, is halt ne andere kultur und nicht unser problem.
Das Problem ist, dass wir das Problem nicht ändern können
Missionieren oder auf andere herabblicken und sagen 'was ihr macht, ist schlecht, was wir machen ist gut' erinnert mich an die Kirche. Die hat das auch gerne behauptet und umgesetzt. Viele Kulturen sind deswegen untergegangen.
nevermore hat geschrieben:(warum fühle ich mich grade an die Hauselfen erinnert?)
Bei den Hauselfen handelt es sich um eine Versklavung (!), die aus der Sicht eines in dieser Kultur Lebenden (nämlich Harry oder Hermine) betrachtet wird, die nicht nachvollziehen können, warum dieser Misstand akzeptiert wird. Wir betrachten eine Kultur von
außen und können daher nur schwer etwas dagegen tun, weil es uns nicht zusteht. Mich erinnert die Sache an Dr. Franklin und seinen vergeblichen Rettungsversuch von Shon. Es ist die gleiche Thematik.
nevermore hat geschrieben:Allerdings verstehe ich nicht, was das mit dem Buddhismus als Religion zu tun hat.
Es hat aus meiner Sicht schon mit dem Buddhismus zu tun, das sehe ich wie seirex. Es ist die Einstellung, dass man sein Los akzeptiert, sowie die Aussage, dass Leben und Tod ein und dasselbe sind, die solche Strukturen fördern.