Buddhismus und der Dalai Lama




Alles, was sich um philosophische, religiöse und verwandte Themen dreht

Beitragvon Demona » Mo 28. Jul 2008, 00:52

@seirex

Sorry, die Thementrennung war meine Idee, da ich Buddhismus nun nicht mit der katholischen Kirche in einen Topf werfen wollte.

Und ehrlich gesagt, zwischen Mensche, die es alte eine Ehre ansehen - und es auch noch zu einer Jahrhunderte alten Tradition gehört - dem Dalai Lama zu dienen (Versklavung sieht für mich anders aus) und Kindern, die von Hitler und seinen Mannen als lebende Mauer benutzt wurden ist ja wohl ein himmelweiter Unterschied.
Viele von diesen Kindern haben es auch nicht als Ehre angesehen und wären mit Sicherheit lieber woanders gewesen.
Zumindest soweit es meine Verwandten mir aus der damaligen Zeit erzählt haben. Und so alt wie die asiatischen Tradition ist die europäische garantiert nicht.
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von Anzeige » Mo 28. Jul 2008, 00:52

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Beitragvon Kola » Mo 28. Jul 2008, 10:14

seirex hat geschrieben:Was kann daran nur im entferntesten nicht verwerflich und menschenverachtend sein?
Wenn hier dann gesagt wird, es sei Teil der asiatischen Kultur,
dann frage ich war es dann auch völlig in Ordnung, dass Hitler Kinder in den Krieg schickte?

Keiner verlangt, dass du das toll findest, seirex. Du solltest es einfach akzeptieren. Es ist Teil der asiatischen Kultur, seit tausenden von Jahren. Und auch wenn es von uns Europäern nur schwer nachzuvollziehen ist, ist der Vergleich mit Hitler aufs höchste unangebracht und für Asiaten beleidigend.
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Beitragvon seirex » Mo 28. Jul 2008, 10:58

Ich sehe das Ganze eben als eine Art Vergewaltigung des Geistes.
Wenn man als Kind in eine solche strikte Lebensweise hinein geboren wird,
und dann einem Lama dient, dann ist das doch eine Art Freiheitsberaubung.

Schließĺich hatte das Kind niemals die Möglichkeit sich wirklich selbst zu entscheiden.


Auch bei den Katholiken finde ich die Kommunion als viel zu früh angesetzt.
Die Konfirmation empfinde ich mit einem Antrittsalter von 14-16 als noch vertretbar.

LG

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Beitragvon Demona » Mo 28. Jul 2008, 13:23

@ seirex

Das mag ja sein, aber überleg mal wie jung die Kinder sind, wenn ein Dalai Lama stirbt und sie unter denen sind, die evtl. die Wiedergeburt des neuen Lama sind?
Sie empfinden das auch nicht als Unterdrückung sondern als große Ehre.

Es ist nun mal so, dass die Asiaten, wie auch die indianischen oder afrikanische Bevölkerung ein anderes Empfinden haben als wir Europäer, was ihr kulturelles Erbe betrifft.
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Beitragvon frared » Mo 28. Jul 2008, 15:18

ich finds oft doof, wenn man einfach sagt, naja, is halt ne andere kultur und nicht unser problem.

und trotzdem: ich glaub wir schauen einfach anders auf individualitaet und uniformitaet. die japanische auffassung von uniformen ist ehrenvoller als unsere. warum das so ist, weiss ich nicht, ob das toll ist, weiss ich auch nicht.

is aber schon so.

Ich sehe das Ganze eben als eine Art Vergewaltigung des Geistes.
Wenn man als Kind in eine solche strikte Lebensweise hinein geboren wird,
und dann einem Lama dient, dann ist das doch eine Art Freiheitsberaubung.

es haengt halt auch von deiner perspektive ab. schule kann man auch als eine art freiheitsberaubung betrachten und bestimmt tun das viele auch. und wieviel wahl haben denn europaeische kinder? als kinder? wieviel wird denn von ihnen verlangt?
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Beitragvon nevermore » Mo 28. Jul 2008, 17:20

seirex hat geschrieben:@nevermore

Es ging mir ja auch um Religion als Werkzeug zur Unterdrückung.
In diesem Zusammenhang nannte ich auch den Dalai Lama, als einen solchen Mittelsmann.
Deshalb sehe ich die Themenneustrukturierung und Benennung auch als nicht gerechtfertigt und falsch an.


Das Thema des anderen Threads war die Reformbedürftigkeit der katholischen Kirche - und mit der hat der Dalai Lama nun wirklich nichts zu tun. Was den Titel hier betrifft, kann ich ihn gerne ändern.

Was die Leibeigenschaft anbelangt:

Was kann daran nur im entferntesten nicht verwerflich und menschenverachtend sein?
Wenn hier dann gesagt wird, es sei Teil der asiatischen Kultur,
dann frage ich war es dann auch völlig in Ordnung, dass Hitler Kinder in den Krieg schickte?


Ich sehe das auch so, dass Leibeigenschaft immer verwerflich ist und man da nicht einfach mit "Kultur" und "die wollen das ja nicht anders" argumentieren kann (warum fühle ich mich grade an die Hauselfen erinnert?) Leibeigenschaft ist ein Verstoß gegen die Menschenrechtscharta und dementsprechend inakzeptabel.

Allerdings verstehe ich nicht, was das mit dem Buddhismus als Religion zu tun hat. Leibeigenschaft und Sklaverei gab es auch in nicht-buddhistischen Gesellschaften, vor allem in Europa. Übrigens sagt die englische Wikipedia (Serfdom), dass wissenschaftlich umstritten ist, ob der Bauernstatus in Tibet tatsächlich als Leibeigenschaft anzusehen war (Quellen werden dort zitiert). Umgekehrt werden von einigen Wissenschaftlern zentrale Planwirtschaften und vor allem die dortigen Bauerngenossenschaften als "Leibeigenschaft" eingestuft - mit der Religion hat das somit nichts zu tun.
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Beitragvon Kola » Di 29. Jul 2008, 10:05

seirex hat geschrieben:Ich sehe das Ganze eben als eine Art Vergewaltigung des Geistes.
Wenn man als Kind in eine solche strikte Lebensweise hinein geboren wird,
und dann einem Lama dient, dann ist das doch eine Art Freiheitsberaubung.

Aus westlicher Sicht betrachtet ist es das vielleicht auch. Nur kennen die Kinder das nicht anders und leben in einer festgefügten Tradition, in der sie sich sicher fühlen. Und wem steht es zu, zu behaupten, dass die eine Tradition besser ist als die andere? Vermutlich wird in Asien über unsere Tradition etwas ähnliches gedacht.

Zur Leibeigenschaft: Die bezieht sich in Asien nicht nur auf den Bauernstand, sondern zumindest in Japan war so ziemlich jeder Leibeigener eines anderen. Die Bauern eines Bereiches gehörten den jeweiligen Samuraj-Familien ('samuraj' bedeutet 'dienen'), die Samuraj (inklusive ihrer Familien) gehörten ihren Fürsten und die Fürsten gehörten den Oberbefehlshabern bzw. dem Kaiser, der ja direkt von der Sonne abstammt. Im Gegenzug waren die Besitzer verpflichtet, für ihre Untergebenen zu sorgen (das konnte eingefordert werden), sonst verloren sie ihre Ehre, was bis heute so ziemlich das Schlimmste ist, was passieren kann. Der Grundgedanke hinter all diesen Strukturen ist der Dienst an der Gemeinschaft.

Ein weiterer Grund für diese strenge Hierarchie ist vermutlich die Tatsache, dass die Japaner so viele sind und auf einer vergleichsweise kargen Inselgruppe leben, wo Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunamis und Taifune an der Tagesordnung sind. Da ist wenig Platz für Individualität, sondern alle müssen zusammenhalten.

Viel schlimmer als dieses Sozialsystem ist meiner Meinung nach, dass die Japaner ihre Ansichten auch außerhalb von Japan anwenden, was ein Grund für ihre Greueltaten im zweiten Weltkrieg sein dürfte. Toleranz scheint für sie eher ein Fremdwort zu sein.

frared hat geschrieben:ich finds oft doof, wenn man einfach sagt, naja, is halt ne andere kultur und nicht unser problem.

Das Problem ist, dass wir das Problem nicht ändern können :wink: Missionieren oder auf andere herabblicken und sagen 'was ihr macht, ist schlecht, was wir machen ist gut' erinnert mich an die Kirche. Die hat das auch gerne behauptet und umgesetzt. Viele Kulturen sind deswegen untergegangen.

nevermore hat geschrieben:(warum fühle ich mich grade an die Hauselfen erinnert?)

Bei den Hauselfen handelt es sich um eine Versklavung (!), die aus der Sicht eines in dieser Kultur Lebenden (nämlich Harry oder Hermine) betrachtet wird, die nicht nachvollziehen können, warum dieser Misstand akzeptiert wird. Wir betrachten eine Kultur von außen und können daher nur schwer etwas dagegen tun, weil es uns nicht zusteht. Mich erinnert die Sache an Dr. Franklin und seinen vergeblichen Rettungsversuch von Shon. Es ist die gleiche Thematik.

nevermore hat geschrieben:Allerdings verstehe ich nicht, was das mit dem Buddhismus als Religion zu tun hat.

Es hat aus meiner Sicht schon mit dem Buddhismus zu tun, das sehe ich wie seirex. Es ist die Einstellung, dass man sein Los akzeptiert, sowie die Aussage, dass Leben und Tod ein und dasselbe sind, die solche Strukturen fördern.
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Beitragvon nevermore » Di 29. Jul 2008, 10:30

Kola hat geschrieben:
nevermore hat geschrieben:(warum fühle ich mich grade an die Hauselfen erinnert?)

Bei den Hauselfen handelt es sich um eine Versklavung (!), die aus der Sicht eines in dieser Kultur Lebenden (nämlich Harry oder Hermine) betrachtet wird, die nicht nachvollziehen können, warum dieser Misstand akzeptiert wird. Wir betrachten eine Kultur von außen und können daher nur schwer etwas dagegen tun, weil es uns nicht zusteht. Mich erinnert die Sache an Dr. Franklin und seinen vergeblichen Rettungsversuch von Shon. Es ist die gleiche Thematik.


Versklavung ist eine - besonders scharfe - Form der Leibeigenschaft. Ich hatte irgendwie geahnt, dass Franklin und sein Gummi-Ei hier früher oder später auftauchen würden. Wo für mich die Crux hier liegt, ist dass wir in Franklins Fall von *Außerirdischen* sprechen, während wir es hier mit Menschen zu tun haben. Die UN hat eine Menschenrechtscharta spezifiziert, die als internationaler Konsens angesehen werden kann. Insofern kann man hier meiner Meinung nach nicht mehr einfach mit "anderer Kultur" argumentieren, es sei denn,man stellt sich wie die chinesische Regierung vor etwa 15 Jahren auf den Standpunkt, die Menschenrechte seien ein westliches Konstrukt und gelten für Chinesen nicht. Wenn man sich auf so eine Debatte einlässt, dann kann man dadurch noch ganz andere Institutionen wie die Leibeigenschaft rechtfertigen. Ich bin mir wohl bewusst, dass man unterschiedliche kulturelle Hintergründe berücksichtigen muss, aber dies darf nicht als General-Entschuldigung herhalten. Es ist eine Gratwanderung, und die Frage ist, wo man die Grenze zieht. Die Menschenrechtscharta ist für mich persönlich einer der Maßstäbe, der eine Grenze angibt.

Es hat aus meiner Sicht schon mit dem Buddhismus zu tun, das sehe ich wie seirex. Es ist die Einstellung, dass man sein Los akzeptiert, sowie die Aussage, dass Leben und Tod ein und dasselbe sind, die solche Strukturen fördern.


Ja, das ist insgesamt eines der Probleme, das ich mit dem Buddhismus habe, diese Tendenz zum Fatalismus. Ich wollte damit eigentlich auch eher sagen, diese Problematik Leibeigenschaft gibt es nicht nur im Buddhismus, sondern solche Formen sind auch in der atheistischen Sowietunion vorzufinden gewesen. Es hat nichts mit der Religion zu tun, sondern mit einer bestimmten Lebenseinstellung, die religiös begründet sein kann, oder auch nicht.
Zuletzt geändert von nevermore am Di 29. Jul 2008, 11:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon seirex » Di 29. Jul 2008, 11:23

@nevermore

Meine Kritik gilt in erster Linie den Lamas, nicht dem Buddhismus. Der ist natürlich aber auch ein nicht unerheblicher Teil davon
und wie Kola schon gesagt hat eben das Mittel um das Los zu akzeptieren.

Das ist ja das was ich in allen Religionen sehe und wie es Marx so schön ausgedrückt hat: "Sie ist das Opium des Volkes.".

Religionen lassen uns schreckliche Situationen ertragen, statt ihnen entgegen zu treten und etwas an der Situation zu ändern.

LG

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Beitragvon Kola » Di 29. Jul 2008, 11:37

nevermore hat geschrieben:Ich hatte irgendwie geahnt, dass Franklin und sein Gummi-Ei hier früher oder später auftauchen würden. Wo für mich die Crux hier liegt, ist dass wir in Franklins Fall von *Außerirdischen* sprechen, während wir es hier mit Menschen zu tun haben.

*lach* die 'Gummi-Ei-Nummer' ist ja auch eine Steilvorlage. Aber es geht aus meiner Sicht hier nicht darum, ob es Menschen sind oder Außerirdische, sondern es geht um Toleranz und um das Akzeptieren von Andersartigkeit.

Wenn du die asiatische Kultur jetzt als einen Verstoß gegen die UN-Charta betrachtest, was genau möchtest du dagegen tun? Es ist eine typisch westliche Sicht, hinter Leibeigenschaft Ausbeutung zu vermuten. Ich habe oben versucht zu erklären, dass diese Strukturen sich aus der Notwendigkeit heraus entwickelt haben. Zusammenhalt, Gehorsam und Disziplin, um zu überleben, zumindest in Japan. Aber im Himalaya wird sich das vermutlich ähnlich verhalten.

nevermore hat geschrieben:es sei denn,man stellt sich wie die chinesische Regierung vor etwa 15 Jahren auf den Standpunkt, die Menschenrechte seien ein westliches Konstrukt und gelten für Chinesen nicht.

Nur dass es in diesem Fall nicht eine traditionelle asiatische Denkweise war, sondern eine 'moderne' kommunistische, die, wenn ich mich recht entsinne, ursprünglich aus dem mitteleuropäischen Dunstkreis stammt.
Ich habe da ein wenig den Verdacht, dass wir aneinader vorbei reden. Mir geht es nicht um Leute, die bestehende Strukturen ausnutzen, um Macht zu erhalten, sondern um die grundlegende Denkweise. Dass es überall schwarze Schafe gibt, ist unbenommen.

nevermore hat geschrieben:Ja, das ist insgesamt eines der Probleme, das ich mit dem Buddhismus habe, diese Tendenz zum Fatalismus.

Damit habe ich weniger Probleme, weil ich es nicht als Fatalismus wahrnehme. Mein Problem - und das ist auch ein Grund, warum ich keine Buddhistin mehr bin - sind der Dogmatismus, das Hierarchiedenken und die extreme Reglementierung, zumindest im japanischen Zen-Buddhismus. Es ist einfach sehr anstrengend. Aber vermutlich meinte der Dalai Lama das, als er sagte, dass der Buddhismus für Europäer nur bedingt geeignet sei. Es ist für uns einfach schwer nachzuvollziehen :wink:
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