Gestern kam auf 3Sat der erste Teil der "Darwin-Code" Serie. Genauer gesagt waren es drei Teile: Der erste über Darwin selbst, der schon als Terra X-Folge auf ZDF lief, der zweite, der sich um die Verwandtschaft zwischen Mensch und Affe drehte, und der dritte, eine Folge der Hitec-Reihe, die Genetik behandelte.
Der erste Teil war nett gemacht, eine Reportage über Darwins Leben, gab aber leider außer biographischen Informationen nicht allzu viel her. Was die Evolutionslehre betrifft, erfuhr man nichts, was nicht schon ein Zehntklässler wissen müsste, und auch das wurde nur unzureichend erklärt. Völlig vermisst habe ich auch eine Diskussion von Darwins Theorien, zum Beispiel eine Gegenüberstellung mit seinem Zeitgenossen Lamarck, und ein Eingehen auf die Unterschiede zwischen seiner und Wallaces Theorie, wenn man Wallace schon in den Film hineinbringt. Alles was an kritischer Beleuchtung kam, bezog sich auf die Position der Kirche, und die wurde auf Protagonisten, die die Schöpfungsgeschichte buchstäblich nahmen und deren Argumente sich auf "Darwin ist ein Ketzer" beschränkten, reduziert. Was Darwins Biographie betrifft, wie gesagt, nett gemacht und auch durchaus informativ, was die Evolutionslehre selber betrifft, eine Enttäuschung.
Der zweite Teil befasste sich mit der Verwandtschaft von Mensch und Affe, erklärte zum hundertsten Mal, dass der Evolutionslehre zufolge nicht der Mensch vom Affen abstammt, sondern beide gemeinsame Vorfahren haben (ich frage mich schon, an welche Zuschauergruppe sich diese Sendungen eigentlich richten), und diskutierte vor allem anatomische Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie die Folgen für die Fähigkeiten von Menschen und Affen. Im für mich interessantesten Teil ging es darum, ob auch bei Affen vom Vorhandensein einer Kultur bzw. Kulturfähigkeit ausgegangen werden kann, und ob sie rein vom Gehirnvermögen her Sprachfähigkeit besitzen. Auf die im Zusammenhang mit der Evolutionslehre interessante Frage, wie sich im Gehirn ein potentielles Sprachzentrum befinden kann, das sich nicht in tatsächlicher Sprachfähigkeit manifestiert (eigentlich sollte sich so etwas nicht evolutionär durchsetzen, denn es bietet keinen Selektionsvorteil) wurde leider nicht eingegangen. Nicht zuletzt wegen des teilnehmenden Äffchens war dieser Teil unterhaltsam anzusehen und auch vom Niveau her zumindest etwas besser als der erste. Wer eine kritische Auseinandersetzung mit Darwins Lehre erwartete, wurde aber auch hier enttäuscht.
Wie man es besser machen kann, zeigte der dritte Teil, der nun endlich zumindest auf einen Teil der wissenschaftlichen Kritik am Darwinismus einging. Es ging um die Frage der Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften, die allerdings erst mit Wallace und Nachfolgern so festgeschrieben wurde; Darwin selber hielt eine Vererbung erworbener Eigenschaften begrenzt für möglich (wobei ich mich frage, ob für jemanden, der davon noch nie vorher gehört hatte, das Problem eigentlich herübergekommen ist; denn dass dies eine zentrale Annahme der (neo-)darwinistischen Lehre darstellt, wurde vorher nie erwähnt). Die Folge befasste sich mit einer Stoßrichtung der Kritik, nämlich der aus der Epigenetik kommenden. Am Beispiel des Einflusses der Ernährungssituation wurde aufgezeigt, wie diese auf das "Ein- und Ausschalten" von Genen einwirken kann, und es wurde auf Experimente hingewiesen, in denen gezeigt werden konnte, dass solche Veränderungen des Erbguts auch an die Nachkommen weitergegeben werden können - was ein klarer Bruch mit der darwinistischen Aussage ist. Dieser Teil war insgesamt vom Niveau her deutlich höher als die ersten beiden.
Insgesamt ist mein Eindruck von dieser 3Sat-Reihe bisher eher mäßig; sie bietet zwar ganz nette Unterhaltung, aber viel an wissenschaftlicher Information kam bisher nicht herüber (die Genetik-Geschichte mal ausgenommen). Ich hoffe, dass das im weiteren Verlauf der Reihe noch besser wird.
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