mechanismus vs animismus




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mechanismus vs animismus

Beitragvon frared » Mo 15. Dez 2008, 19:16

ich find das grad unheimlich spannend, weil ich von rupert sheldrake 'The Rebirth of Nature: The Greening of Science and God' lese. (ist moeglicherweise gar nicht auf deutsch erhaeltlich)

ich glaube das ziel war, wissenschaft zu vernatuerlichen, oder ich lese es so, dass wir verloren ganzheitlich auf wissenschaft zu schauen. er beschreibt im anfang wie noch zu newtons zeiten, ueber aether gesprochen wurde und er ist ganz beharrlich, indem er aether mit seele gleichsetzt. ich find es wunderbar. oder anders gesagt, ich kann damit etwas anfangen, dass ich finde, dass die entschluesselung des genetischen codes eigentlich auch nur dazu fuehren wird, dass natur mechnaischer erklaert wird.

ich glaube er selbst rechnet sich eher zu den vitalisten, leute, die sich mit hilfe von wissenschaft trotzdem wundern. oder so aehnlich versteh ich das.

wer mag kann auf seiner web site vorbeischauen, die auch ueberblick ueber kontroversen gibt http://www.sheldrake.org/Deutsch/index.html ich fands interessant zu sehen, dass er gar nicht ernstgenommen wird, oder jedenfalls nach obengenanntem buch nicht mehr. ist wohl nicht wissenschaftlich genug. ich denke vllt sollte dawkins das mal lesen und wuerde dann verstehen, dass so wie er wissenschaft versteht, als allerklaerendes objektives instrument, nur eine sichtweise von vielen ist.
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Beitragvon löweneckerchen » Di 16. Dez 2008, 12:28

Das ist ein sehr interessantes Thema, eigentlich etwas, was mich täglich beschäftigt. Die Sinnfrage. Ich habe Sheldrakes "schöpferisches Universum" gelesen und fand es sehr ansprechend und logisch. Er geht davon aus, dass es ein universales "Gedächtnis" gibt.
Was mich an Dawkins stört , ist dass er auch nur ein Dogmatiker ist, nicht mehr und nicht weniger.
Er sagt, nur der wissenschaftliche Beweis zählt, man dürfe sich nur an wissenschaftliche Beweise halten. Nun ich würde ihm gern erwidern, dass genau eben diese wissenschaftlichen Beweise keine sind. Denn unsere Wahrnehmung funktioniert in jedem Menschen autark und völlig unterschiedlich. Setzen wir nun 2 Wissenschaftler an das gleiche Experiment ( also gleich im Sinne von gleichen), so werden sie nie zum selben Ergebnis kommen, sondern immer nur zum gleichen, also zum ähnlichen. Das ist allein mathematisch schon logisch. Es gibt auf Grund der mathematisch existierenden Unendlichkeit keine 2 selben (also identischen) Dinge (egal ob haptisch oder virtuell). Das Geheimnis liegt in der Näherung. Wir alle erkennen einen Baum als Baum. Warum? Weil er eine Formensprache entwickelt hat, die ihn in seinem Aussehn an alle anderen Bäume angleicht. Dennoch ist kein Baum wie ein anderer. Das wiederum meint Sheldrake, wenn er sagt, dass es ein morphogenetisches Gesetz gibt, nachdem sich Zellen entwickeln.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin kein "Antiwissenschaftler", im Gegenteil, ich halte Experiment und Versuche zur Untermauerung von Erkenntnissen für notwendig. Aber untersuchen wir doch mal, warum sie notwendig sind. Ein sagen wir mal physikalisches Gesetz, das empirisch bewiesen wurde (und zunächst mal außen vor gelassen, dass es möglicherweise nur auf unserem Planeten gilt und für das restliche Universum falsch ist) beweist, dass bestimmte Dinge nach bestimmten Mustern funktionieren, immer wieder, unendlich wiederholbar, sofern die Grundvoraussetzungen für den Versuch die gleichen sind. Aber hier gibt es 3 Dinge zu beachten.

  1. Das erste ist: Philosophie "Woher wissen wir, was wir zu wissen glauben"

    Nehmen wir mal an es handelt sich um irgendein Experiment, das zu beweisen versucht, dass Wasser aus 2 Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom besteht. Dazu muss aber erst ein schlüssiger Beweis vorliegen, dass ein Wasserstoffatom überhaupt als Wasserstoffatom existiert.
    (es würde wohl zuweit führen , hier alle philosophischen Thesen der Erkenntnistheorie anzuführen), Fakt ist, das ein Beweis nicht beweisbar ist. Ich folge hier Karl Popper, der in seinem kritischen Rationalismus sagt:"ich gebe zu, dass ich mich irren kann, dass du recht haben kannst und dass wir zusammen vielleicht der Wahrheit auf die Spur kommen werden"
  2. Das zweite ist: Mathematik "Der Unterschied zwischen gleich und identisch"

    Aus veränderter Perspektive betrachtet funktioniert das Experiment nicht mehr. Zoom Erde, Wasserstoff und Sauerstoff ergeben unter wiederholten Bedingungen regelmäßig wieder kehrend Wasser. Zoom out, Zoom Mars...Auf dem Mars gibt es kein Wasser, weil u. a. die Atmosphäre zu dünn ist, Wasser verdampft dort augenblicklich. Selbst wenn das Wasser aus den selben Bestandteilen besteht wie auf der Erde. Auf dem Mars wird also nicht beweisbar sein, dass Wasser aus H2O besteht. Was den Beweis auf der Erde nicht widerlegt, aber ihn relativiert.
  3. Das Dritte: Empirik und Quantentheorie: "Ein Beweis wird dann erst schlüssig, wenn jemand versucht ihn zu beweisen"

    Interessiert sich niemand je für die Versuchsanordnung, wird der Beweis nie geführt. Hinzu kommt, das die Quantenphysik uns sagt , dass erst die Beobachtung das Objekt da erschafft, wo wir es beobachten ? Materie existiert nicht ohne einen Beobachter.Was heißt das nun? Zum einen heißt das, dass es der Sache an sich völlig egal ist, ob sie beweisen wird. Sie existiert jenseits unserer Betrachtung. Dann kommt jemand und erstellt einen Versuch und beweist etwas. Um etwas zu beweisen, muss es vorher ("a priori" wie das in der Philosophie heißt) schon beweisbar gewesen sein, also auf gewisse Weise existent. Wenn wir Wirklichkeit erschaffen aus der Beobachtung, wenn also etwas erst entsteht, weil wir es beobachten wollen, ist es absurd zu glauben, das nur die Dinge existieren, die wir beweisen können. Denn die sind insofern nicht endgültig beweisbar, sofern wir sie erst in die Wirklichkeit holen. Vor allem dann, wenn wir einen Versuch beliebig oft wiederholen können mit ähnlichem Ergebnis.


Ich werde das Buch lesen...
...
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Beitragvon nevermore » Di 16. Dez 2008, 21:08

Dawkins ist halt ein hartgesottener Positivist, dem man mit allen konstruktivistischen Argumenten nicht beikommt. Was nicht empirisch nachgewiesen ist, sind Hirngespinste. Wie man solche Positionen heute noch vertreten kann, vor allem als Wissenschaftler, ist mir persönlich auch schleierhaft.

Ich kenne jetzt Sheldrake nicht im Detail, aber Naturgesetze wie die Gravitationskonstante als "Gewohnheiten" der Natur anzusehen ist schon gewagt. Mit seiner Hypothese über morphogenetische Felder in der Evolutionsbiologie kann ich mich eher anfreunden, zumal die Darwinistische Erklärung der Artenentstehung selbst unter Neodarwinisten als unbefriedigend angesehen wird. Und von der Jungschen Vorstellung eines "kollektiven Unbewussten" halte ich persönlich sehr viel.
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Beitragvon frared » Mi 17. Dez 2008, 17:15

argh, ich hab grad keine zeit, aber ich danke fuer die beitraege!

'dawkins' schon fast mein wort fuer diese seltsame wissentschaftsattituede, deen muss man nciht diskutieren, der kann das ja selbst gar nicht.

ich denke ich finde ganz grundlegend gut, wissenschaft in philosophie zurueckzufuehren und sie nicht wie ein objektives werkzeug zu betrachten. ist ja viel spannender.

so und jetzt geh ich und les mein buch weiter :mrgreen:
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Beitragvon frared » Sa 17. Jan 2009, 00:56

ich bin durch weihnachten etwas vom kurs abgekommen mit dem buch (ich lese safranski ueber die deutsche romantik und das auch sehr sehr langsam), aber ich stimme den erkenntnissen hier erstmal zu bzw ich hab ihnen nihts entgegenzusetzen. (philosophische sprache hat mich schon oft aus den socken gehauen)

witzigerweise war ein teil der romantischen bewegung in dtl eben auch eine auseinandersetzung mit rationalismus, in dem sinne haben wir da schon ne nette vorgeschichte. ich fidne sheldrake ganz nett, weil er sozusagen wissenschaftlich und romantisch ist. das universum wie ein riesiger organismus? ich faende die vorstellung sollte in der schule gelehrt werden.
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