Der historische Kriminalroman: "Alibi für einen König" von Josephine Tey hat mich sehr beeindruckt. Die Autorin ist davon überzeugt, dass die Tudors als Nachfolger der Plantagenets und deren letzten König Richard III. Geschichtsfälschung betrieben hätten, und sie bemüht sich um eine gerechte oder zumindest objektivere Geschichtsschreibung über Richard III. Zum Anlass ihrer "Geschichtskritik" nimmt sie ein Portrait des Königs durch einen unbekannten flämischen Maler. Er wirkt dort sehr bekümmert und viel älter als 31 Jahre. Das Portrait aus dem Jahre 1484 entstand ein Jahr vor seinem Tode in der Schlacht bei Bosworth im Kampf gegen Heinrich Tudor.
Der ermittelnde Inspektor liegt im Krankenhaus - aufgrund einer Verletzung zur Untätigkeit verdammt - sieht das Bild und kommt ins Grübeln. Da er selber nicht handeln kann, versucht er, mit Hilfe eines Assistenten "Licht ins Dunkel" zu bekommen. Ergebnis: Geschichtsfälschung! Die Tudors haben systematisch das Bild ihres Vorgängers verfälscht und heute ist Richard III. durch Shakespeare "unsterblich böse gezeichnet".
Ob nun diese "Rehabilitierung" der Plantagenets und die Anklage, die Tudors hätten Richard III. den Mord an seinen Neffen untergeschoben, der Wahrheit entspricht, bleibt offen. Gisbert Kranz urteilt in sienem Kurzportrait über Richard III. in seinem Buch "Warum wurden sie Despoten?" (Forschungsstand: 1992) diesen Sachverhalt deutlich vorsichtiger und wagt sich hier nicht endgültig festzulegen.
Interessant ist jedoch, daraus einen historischen Kriminalroman mit den Tudors als "Täter" zu machen. Er ist atemberaubend spannend geschrieben, allerdings "schießt" er - wie oben beschrieben - historisch über das Ziel hinaus: das Verhalten Richards III. ist nach wie vor zweideutig (zumindest ab seiner Krönung und der Ermordung seiner Neffen 1483). Dies wird in diesem Roman zu wenig herausgearbeitet. Außerdem betreibt die Autorin irgendwie "Etikettenschwindel": sie schreibt einen - wunderbaren! - historischen Roman und "verkauft" diesen - sehr ideenreich!!! - als Krimi. Nun ja, sie wußte schon damals, wie man die Auflage steigern kann.