ich hab ein bisschen bei christopher ross (tunnel visions, 2001) nachgelesen, der weder erziehungswissenschaftler noch metaphysiker ist, und gerade deshalb wenig verkopft auf bestimmte sachen reagiert - wie mir scheint.
Dieses Meister/Schülersystem erkannte ein quasi-mystisches Etwas an, das nur durch die Institution der Jüngerschaft, etwas, das man nicht lehren sondern nur aufschnappen kann, indem man in der Gemeinschaft von Fähigen bleibt. Es ermutigte stille Beobachtung und Lernen durch Erfüllung der Aufgaben ohne sie zu hinterfragen. [wax on, wax off] war für Karate Kid vermutlich zunächst bedeutungslos, aber wir vertrauten alle darauf, dass Mr Miyagi wusste was er tat.
Diese Methode ist kein analytisches Lernmittel, sie basiert auf Vertrauen und dem Glauben, dass man mit jemandem lernt, der verkörpert, wer man selbst werden möchte. Das Material, das man studiert und der Mann sind eins und müssen gemeinsam aufgenommen werden: das menschliche Element wurde als Schlüssel betrachtet, nicht nur einer von vielen Wegen, Informationen zu behalten und weiterzugeben. Dass sie funktionierte, lag nicht allein daran, dass es dynamisch war, immer bereit sich auf individuelle Schwierigkeiten des Schülers einzustellen. Es war ein maßgeschneiderter Prozess, nichts von der Stange, dass genutzt wird, die Unwissenden zu belehren und zu beglueckwuenschen, dafür, dass sie etwas auswendiglernen, es wieder von sich geben und dann vergessen.
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Aber könnte man nicht einwenden, dass einem Meister zu folgen und zu imitieren Sklaverei ist, die aller Wahrscheinlichkeit nach Kreativität und Individualität unterdrückt? In Japan wird die Frage oft mit einem Konzept beantwortet, dass manchmal ?erhalten, brechen und trennen? genannt wird oder ?in der Reihenfolge der Zeichen, die diesen Satz ausmachen, gelesen- shu-ha-ri. Es beschreibt die Stadien des Lehrlingssystems. Zuerst Meisterschaft durch genaue Imitation (shu); dann das Verstehen der Handlungen des Meisters indem man die Grenzen testet und mit den Regeln experimentiert (ha); und schliesslich die Trennung und selbständigkeit. Aber so, dass jede deiner Äusserungen genau die Essenz deines Gelernten widerspiegelt, und die Form nicht länger ausschlaggebend ist (ri).