Eve hat geschrieben:Sicher konnte niemand wissen, ob Voldemort zurückkehren würde. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste und ich halte Dumbledore für einen sehr vorausschauenden Menschen.
Wie gesagt ist das an sich noch kein Grund, sich alle möglichen Leute zum Feind zu machen. Als Spion ist man als freundlicher Mensch sehr viel unauffälliger, und man hätte das Voldemort gegenüber gut als Ablenkungsmanöver verkaufen können. Verdächtiger als Snape kann man sich als Spion kaum verhalten (es trauten ihm ja auch viele nicht - was schon zeigt, wie erfolgreich seine Tarnung gewesen ist).
Dass besonders Rowling Snape hasst und nicht versteht, wie die Leute gerade auf diesen Charakter so abfahren können, ist ja bekannt und zeigt eigentlich nur, dass sie im Vorfeld nicht gewusst haben konnte, dass Schurken besonders beliebt sind.
Ich kann das nur aus meiner Sicht beantworten - bei mir ist es nicht so, dass generell Schurken besonders beliebt sind, sondern ich habe mich u.a. durch Rickmans Darstellung zu einer Snape-Interpretation verleiten lassen, die, wie sich in DH herausgestellt hat, nicht allzu viel damit gemeinsam hat, was sich Rowling unter dem Charakter offenbar vorstellte. An diesem Band 7 Snape finde ich auch nichts Attraktives und nicht mehr viel Interessantes. Wenn ich davon ausgehe, wie ich den Charakter jetzt mittlerweile sehe, verwundert mich ihr Unverständnis nicht.
Mir stellt sich da jetzt die Frage, warum sie in der Denkarium-Szene Snape als Opfer dargestellt hat. So gut ich mich noch erinnere war selbst Harry davon nicht sehr angetan und hat Sirius draufhin angesprochen. Missinterpretiere ich die Szene und wollte Rowling damit nur zeigen, dass James und Sirius sich gegen Snape zur Wehr setzen konnten oder wollte sie nun tatsächlich Mitleid für Snape bei nicht gerade wenigen Fans erzeugen?
Diese Szene erscheint nach Band 7 auch in einem etwas anderen Licht, da hier indirekt James Verhalten wieder legitimiert wird, weil Snape als dieser "schmutzige kleine Todesser, der schon als kleiner Junge Lily lüsterne Blicke zuwarf" dargestellt wird. Ich glaube, die Band 5-Szene war eher dazu gedacht, Lily in ein positives Licht zu rücken - als die die Mitgefühl mit einem hat, der das eigentlich gar nicht verdient. Vielleicht auch um Mitleid für Snape zu erzeugen, aber Mitleid mit einem Charakter allein führt ja nicht dazu, dass der Charakter beliebt ist und bewundert wird.
Der Harry-Filter wurde doch nur dann umgangen, um Szenen zu zeigen, die für die Handlung wichtig waren. In keiner dieser Szenen, die nicht aus Harrys Sicht erzählt wurden, wurde auf einen anderen Charakter so sehr eingegangen, dass man etwas Privates von ihm erfahren hätte oder ich erinnere mich nur nicht daran.
In Gesellschaft wird Snape immerhin im Phönixorden gesehen und er toleriert die Anwesenheit von Black, wenn auch zähneknirschend.
Privates ist auch nicht unbedingt notwendig, mir geht es mehr darum, wie er mit anderen interagiert. Wenn man Snape in sozialer Interaktion sah, war das praktisch ausnahmslos negativ besetzt. Ich kann mich an keine Szene erinnern, in der er wirklich freundlich zu jemandem war, nicht einmal Dumbledore gegenüber (die einzige Ausnahme ist vielleicht die Spinners End Szene mit Narcissa), meist war er ausgesprochen unfreundlich und bestenfalls wurden die anderen toleriert.
@Kola, einiges habe ich glaube ich schon beantwortet, v.a. die Spion-Erklärung. Ich bin nicht der Meinung, dass man als ausgemachter Kotzbrocken als Spion besonders glaubwürdig ist. Im Gegenteil. Als Spion ist man vor allem dann gut, wenn man unauffällig ist. Was die sozialen Beziehungen betrifft: Von Heiraten habe ich nie gesprochen, von den anderen Lehrern ist ja auch niemand verheiratet. Mir geht es um ganz gewöhnliche soziale Beziehungen, in denen man ihn nichtmal freundlich sieht.
Kola hat geschrieben:Hat sie doch. In Spinners End sehen wir einen völlig anderen Snape, einen der Scherzchen macht, Wein einschenkt und sich von der hilfsbereiten Seite gibt. Snape-untypischer gehts doch schon fast nicht mehr, oder? Dann sehen wir einen fürsorglichen Snape, als er Draco nach dem Sectumsempra verarztet. Auch hier ist kein Kotzbrocken zu erkennen, sondern jemand, der sich der Situation entsprechend völlig korrekt verhält.
Die Spinners End Szene ist doch vor allem eine für Bellatrix inszenierte Show, und ebenso wie die Szene mit Draco dreht es sich hier um Todesser-Kontakte,
nach dem Wiederauftauchen von Voldemort. Da wäre es wohl kaum anzuraten, dass er unfreundlich ist. Für mich stellt sich das so dar, dass er sich einigermaßen akzeptabel verhält, wenn das unumgänglich ist, weil er eben mit den Leuten auskommen muss - und nicht umgekehrt, dass er sich eigentlich gern freundlich verhalten würde, das aber wegen seines Spion-Daseins nicht kann.
Ich sehe das so, dass es vor allem der Wunsch war, Lily an LV zu rächen, der Snape am Leben erhalten hat, eben 'something worth living for'. Es war eine Aufgabe, die seinem Leben einen ganz neuen Sinn gegeben hat und ihn nochmal motiviert hat. Ohne diesen Sinn wäre sein Leben vorbei gewesen. Es war demnach nicht etwas wofür es sich lohnt zu sterben. Sondern zu überleben, bis die Aufgabe erfüllt ist.
Ja, das würde ich unterschreiben. Ein positiv besetzter Charakter oder gar Held ist jemand, der nur wegen Rachegefühlen weiterlebt, für mich trotzdem nicht, auch dann nicht, wenn es um Voldemort geht. Von positiv besetzten Charakteren muss für mich etwas konstruktives kommen, und Rache ist destruktiv. Vielleicht könnte man es so zusammenfassen: Ich hatte Snape vor Band für einen Charakter gehalten, der auch konstruktives Potenzial hat - dafür halte ich ihn nach Band 7 nicht mehr. Ich sehe Snapes Motivationen rein destruktiv - selbstzerstörerisch in seiner Unfähigkeit, über Schuld und nicht erwiderte Liebe hinwegzukommen, und destruktiv, indem letztendlich die Rache an Voldemort wegen Lily, und nicht das Schaffen einer besseren Gesellschaft, seine Kernmotivation ist. Das ist glaube ich der Knackpunkt, an dem sich Rowlings Snape von dem unterscheidet, was ich in Snape vor Band 7 vermutet hatte. Der Charakter, wie er sich jetzt für mich darstellt, ist für mich wie gesagt weder attraktiv noch besonders interessant, und vor diesem Hintergrund kann ich Rowlings Unverständnis über die begeisterte Snape-Gefolgschaft auch gut nachvollziehen.
Um die Kurve zum Film wieder zu kriegen, meiner Meinung nach ist das Entstehen dieser Snape-Gefolgschaft nicht unwesentlich Rickmans Darstellung zu verdanken, die die Snape-Wahrnehmung bestimmter Fans in eine von Rowlings Interpretation abweichende Richtung beeinflusste. Es wird interessant sein, ob und wie sich diese Darstellung in den letzten Filmen jetzt verändern wird.
Lythanda hat geschrieben:Das verstehe ich jetzt grade nicht.
Was genau zeigt Barty?
Er wurde nach dem ersten Sturz Voldemorts nach Askaban verbracht, oxidierte da ein Weilchen rum, wurde von Mutti befreit und von Vati mit dem Imperius belegt. Unter dem Fluch gammelte er ein paar Jahre rum und als er sich von der Fessel befreit hatte, schlüpfte er in die Rolle eines anderen und imitierte dessen Verhalten.
Wäre er so schülerfreundlich gewesen, wenn er nicht Moody hätte darstellen wollen?
Ich sehe bei Crouch keinerlei Ansätze eines normalen, sozialen Lebens und verstehe daher nicht ganz, wieso er als Positiv-Beispiel herangezogen wird. *grübel*
Ich wollte Barty nicht als Positiv-Beispiel zeigen, um Himmels Willen. Ich wollte damit nur sagen, dass allein das Dasein als Todesser-Spion oder Lehrer in Voldemorts Diensten nicht erzwingt, dass man sich im Keller verkriechen muss und sich als Kotzbrocken verhält.