Lesezirkel "Die Nebel von Avalon" von Marion Zimme




Von Rotkäppchen über Orpheus bis zur Artus-Sage

Beitragvon nevermore » Mo 9. Feb 2009, 23:35

Alsionna hat geschrieben:Igraine ist in dem selben Glauben wie Viviane erzogen worden und hat ihn zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht innerlich abgelegt. Sie ist keine Christin. Viviane kommt garnicht auf die Idee, daß Igraine das mit dem Ehebruch so eng sieht.


Wenn Igraine denselben Glauben teilt, warum regt sie sich dann so auf? Es ist doch offensichtlich, dass sie damit ein Problem hat. Sie hat den Glauben noch nicht völlig abgelegt, aber ihr Glauben unterscheidet sich auch von dem Vivianes, denn sonst müsste sie sich nicht aufregen. Ob sie zu 100 Prozent in die Christen-Schublade passt oder nicht, ist doch zweitrangig. Eine Glaubenshaltung ist doch nicht nur dann ernstzunehmen, wenn man ihr einen klaren Stempel aufdrücken kann. Entscheidend ist, sie hat hier mit dem Ehebruch ein Problem, und sie bringt das klar und deutlich zum Ausdruck, aber Vivaine und Merlin respektieren es nicht.

Über den Akt des Ehebruch und Igraine Gewissensbisse sollten wir beim entsprechenden Kapitel weiterreden.


Mir ist schon klar, dass sich bis dahin Igraines Haltung geändert hat. Das ist aber für das gegenwärtige Kapitel und wie sich Igraine jetzt fühlt nicht relevant. Mir geht es um ihre Gewissensbisse im gegenwärtigen Kapitel, nicht um die, die sie später hat oder nicht hat. Entweder kann Viviane die Zukunft vorhersehen, dann weiß sie auch, dass zum Zeitpunkt von Arturs Zeugung Igraine formell noch mit Gorlois verheiratet war. Dann hätte sie Igraine getäuscht mit der Aussage, es gehe nicht um Ehebruch. Oder sie sieht nur vage, dass Gorlois irgendwann stirbt, dann kann sie nicht mit Bestimmtheit behaupten, es gehe nicht um Ehebruch. Oder aber sie kann die Zukunft überhaupt nicht vorhersehen, dann ist ihre ganze Argumentation Makulatur, denn dann kann sie auch nicht wissen, dass Igraine die "Auserwählte" ist.
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Beitragvon Alsionna » Di 10. Feb 2009, 00:13

Igraine hat weniger ein religiöses Problem mit dem Ehebruch, sondern ein menschliches, weil Gorlois ein anständiger Kerl ist.
Wenn die Visionen detailliert genug waren, daß Viviane weiß, daß Gorlois zum Zeitpunkt des Ehebruch noch nicht offiziell für tot erklärt ist, kann sie auch wissen, daß es Igraine dann nicht mehr stört.
Igraine überhaupt über die Visionen in Kenntnis zu setzen, ist eigentlich aus Vivianes Sicht gut gemeint. Obwohl sie fest an den vorherbestimmten Ablauf glaubt, gibt sie ihr Wissen weiter und Igraine damit die Chance, sich darauf einzustellen und zumindest das Wie mitzubestimmen. Sie sagt, was sie selbst und ihrer Ansicht nach auch die Göttin erwarten und läßt Igraine eben nicht wie Dumbledore es macht blind in ihr Schicksal laufen.
Die Geschichte baut insgesamt darauf auf, daß die magischen Sichtungen korrekt sind, aber nicht immer vollständig und korrekt verstanden werden. Was du siehst ist eine Sache, welche Schlüsse du daraus ziehst, eine andere. Da kommt ganz klar eine Menge Freier Wille zur Anwendung, zum Besseren und zum Schlechteren.
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Beitragvon nevermore » Di 10. Feb 2009, 00:25

Selbst wenn Igraines Problem nicht religiöser Art ist, ist meiner Meinung nach zu respektieren, dass sie ein Problem hat. Ich verstehe unter "Glauben" hier nicht nur Glauben in religiösem Sinn, sondern auch weltliche Überzeugungen. Wie die, dass man den anständigen Gorlois nicht betrügt. Wenn Vivaine weiß, dass sich Igraine später nicht mehr daran stören wird, dann kann sie ihr das auch sagen. Ich bezweifle aber, dass sie das weiß.

Ja, sie sagt ihr, was sie selbst und die Göttin von ihr erwarten, sie setzt sie aber mit der Drohung, andernfalls gehe das Feenreich unter, dermaßen unter Druck, dass Igraine eigentlich keine Wahl mehr bleibt.

Morgaine schrieb im Prolog, dass es nicht nur eine Wahrheit gäbe, sondern dass die Wahrheit viele Gesichter habe. Und dass die Menschen ihren Lebensweg frei wählen können. Viviane respektiert hier aber Igraines gegenwärtige Wahrheit nicht, sondern sie präsentiert ihr eine "richtigere" Wahrheit, die sie zu kennen glaubt, und setzt sie unter Druck, einen bestimmten Lebensweg einzuschlagen, anstatt Igraine frei entscheiden zu lassen. Und das ist der Punkt, wo sie nach meinem Dafürhalten das, was Morgaine schreibt, nicht lebt.
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Beitragvon nevermore » Mi 11. Feb 2009, 19:37

In Kapitel 3 und 4 reitet Igraine nun mit Gorlois tatsächlich nach Londinium, um Uther zu treffen. Wider Erwarten hat Gorlois selber darauf gedrängt, dass sie ihn begleitet. Vor der Abreise hatte sie eine Vision von einem sterbenden Gorlois. Auf der Hinreise versteht sie sich mit ihrem Mann gut und entwickelt Verständnis und freundliche Gefühle für ihn. Sie lernt Lot und Uther kennen, und empfindet Lot gegenüber gleich Abneigung. Gorlois reagiert Uther, der einen Ruf als Frauenheld hat, gegenüber eifersüchtig, aber Uther ist klar Kaiser Ambrosius' erste Wahl, was seine Nachfolge betrifft. Obwohl Igraine Uther zunächst als grobschlächtig empfindet, kommen sie sich nach Ambrosius Tod näher, woraufhin Gorlois noch eifersüchtiger reagiert, und Igraine selbst angreift. Nachts träumt Igraine von Uther. Es scheint ihr, als seien sie in einem früheren Leben Seelenpartner gewesen. Gorlois ist nun nur noch eine Zwischenstation für sie, und sie hat Mitleid mit ihm.

-------------

Tja, ich weiß nicht, was ich zu diesen beiden Kapitel schreiben soll. Mir hat gut gefallen, dass Igraine hier etwas mehr Verständnis für Gorlois entwickelte. Sie ist hier recht misstrauisch, was Vivianes und Merlins mögliche Machenschaften im Hinblick auf ihr vergebliches Warten auf eine Schwangerschaft betrifft. Gleichzeitig ist sie wegen ihren Visionen über Uther sehr hin und hergerissen. Uther kommt im Unterschied zu den Werken von Bradshaw und White hier sehr viel besser weg.

Den Satz "er gehörte zu den Einmalgeborenen" verstehe ich nicht. Ich dachte, dass nach dem heidnischen Glauben jeder wiedergeboren wird?
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Beitragvon Alsionna » Mi 11. Feb 2009, 20:34

Den Satz "er gehörte zu den Einmalgeborenen" verstehe ich nicht. Ich dachte, dass nach dem heidnischen Glauben jeder wiedergeboren wird?

Ich versuche erstmal, nur das zu erklären, morgen mehr. In den meisten keltisch-heidnischen Vorstellungen kann jeder wiedergeboren werden, muß aber nicht. Wiedergeburt ist auch keine Strafe, sondern eine freiwillige Entscheidung. Manche, sagen wir mal Seelen, raffen sich nur höchst selten dazu auf, manche erst nach langer Auszeit und andere recht regelmäßig und schon seit Jahrhunderten immer wieder. Das führt natürlich zu einer mitunter sehr unterschiedlichen Menge an Lebenserfahrung.
'Einmalgeborener' ist unter Heiden keine freundliche Bezeichnung. Es wird oft in Verbindung mit "hab Mitleid, mehr Geduld, sei toleranter ...." gebraucht, also ziemlich herablassend. "der ist noch zu jung und weiß es nicht besser" Präziser wäre die Bezeichnung 'Seltengeborerner', wobei durchaus mitschwingt, daß derjenige nicht stark oder mutig genug ist, es öfter zu probieren.
Im vorliegenden Buch wird von Christen eher angenommen, daß sie das erste Mal dabei sind, da jemand mit der Erfahrung mehrerer Leben nicht mehr glaubt, daß die vom Christentum versprochene Abkürzung 'einmal durch Jammertal des irdischen Lebens und dann ab ins Paradies' funktioniert.
Keiner hat behauptet, daß nicht auch Heiden fiese Vorurteile haben können. :mrgreen:
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Beitragvon nevermore » Mi 11. Feb 2009, 20:40

Heißt das, dass manche Seelen früher und andere später erstmalig entstanden sind? Kommen dann im Lauf der Zeit immer weitere neue Seelen hinzu? Vergehen manche auch endgültig, und wenn, was passiert dann mit ihnen? Oder gibt es von "Anfang" (wann auch immer das ist) an eine endliche Zahl Seelen, die unterschiedlich oft wiedergeboren werden?
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Beitragvon Demona » Mi 11. Feb 2009, 23:22

Ich entschuldige mich erst einmal vorweg für meine Abwesenheit, aber ich hatte mal wieder Migräne.

Ich fand diese Kapitel auch sehr merkwürdig. M.E. ging das bei Igraine sehr schnell, erst fühlte sie Verständnis für ihren Mann und eine gewissen Vertrautheit und mochte Uther überhaupt nicht.
Und dann legte sie so ein Verhalten an den Tag, dass ihr Mann eifersüchtig wurde und gegen sie handgreiflich?
Und dann die Träume von Uther. Kann es sein, dass die von Vivianne oder Merlin kamen, um sie schneller weich zu klopfen?
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Beitragvon nevermore » Fr 13. Feb 2009, 21:46

@Alsionna, oder wer sich sonst auskennt, könnt ihr mich noch darüber aufklären, wie das im Heidentum (Avalon-Variante) mit der Wiedergeburt gesehen wird - siehe meine zugegeben lange Fragenliste oben? :blush: :bat:
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Beitragvon Demona » Fr 13. Feb 2009, 21:53

@ nevermore

Da kann ich dir leider nicht weiter helfen. Ich habe da nicht so die Ahnung drin, leider.

Aber interessieren würde es mich auch.
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Beitragvon Alsionna » Fr 13. Feb 2009, 22:22

Ich erkläre es noch, habe im Moment aber Wasser im Keller und den ganzen Tag Eimer geschleppt.
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