Roman Polanski bei Einreise in die Schweiz verhaftet




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Beitragvon Cellmorbasg » Mi 30. Sep 2009, 20:39

Für mich ist das ein ganz normaler Vorfall.
Recht und Gerechtigkeit sind nunmal nicht das Gleiche. Recht ist (so gut es eben möglich ist - es wird angestrebt) objektiv, Gerechtigkeit ist subjektiv.
Das hier ist ein solcher Fall, wo für die Einen zwischen diesen beiden Dingen eine erhebliche Lücke klafft. Und diejenigen kommen - wenig überraschend - aus derselben Branche wie der Angeklagte. Die Medien - auch nicht weit entfernt - erfreuen sich daran, mit der Keule für den Sündiger einzutreten und proklamieren: Gnade vor Recht.

Ich denke davor ist niemand sicher. Wie standet ihr zum Fall der Kassiererin die für 1,30 Euro fristlos entlassen wurde und dies vom Gericht bestätigt wurde?
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von Anzeige » Mi 30. Sep 2009, 20:39

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Beitragvon nevermore » Mi 30. Sep 2009, 20:49

Was mich vor allem nervt ist die Intervention auf Regierungsebene. Und das Gerede, man solle nicht vergessen, Polanski sei Franzose. Also wirklich.

Ich denke davor ist niemand sicher. Wie standet ihr zum Fall der Kassiererin die für 1,30 Euro fristlos entlassen wurde und dies vom Gericht bestätigt wurde?

Ich kenne jetzt den Fall nicht, aber im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass in solchen Arbeitsverhältnissen auch vorher schon der Wurm drin war. Es gab ja auch schon Kündigungen wegen eines Kugelschreibers. Kein Arbeitgeber kündigt nur wegen einer solchen Bagatelle. Diesen Arbeitnehmer wollte man loswerden, aus ganz anderen Gründen (die legitim sein können oder auch nicht) und dann wurde ein Anlass gesucht.
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Beitragvon frared » Mi 30. Sep 2009, 21:58

der fall ist schon etwas interessanter als dieses vergewaltigungsgerede, aber ich hol mir damit wahrscheinlich auch hier ne blutige nase...

es gibt einen interessanten dokumentarfilm, der dem fall etwas mehr nuance verleiht, wanted and desired. polanski gestand, weil daran ein 'deal' gebunden war, der nciht eingehalten wurde. polanski muss irgendwann einfach gedacht haben, dass der fall künstlich in die länge gezogen wird und er muss wohl nicht mehr an die objektivität der justiz geglaubt haben.

das sind keine entschuldigungen, es sind nur beobachtungen, aber ich denke einfach, dass mit seiner festnahme irgendwie so richtig niemandem geholfen ist. irgendwelche leute klopfen sich jetzt sicher auf die brust, dass dieser gefährliche kriminelle endlich seine internationale karriere als vergewaltiger auf eis legen kann, aber was bedeutet das denn jetzt noch? polanski ist 76 (?), was soll denn der quatsch.
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Beitragvon nevermore » Mi 30. Sep 2009, 23:16

Polanski gestand in einem sog. "Plea Bargain", Sex mit einer 13-jährigen gehabt zu haben. Die ursprünglichen Anschuldigungen waren weitaus schwerwiegender. Es war von Vergewaltigung im eigentlichen Sinn (also nicht von sog. Statutory Rape, was Sex mit Minderjährigen bedeutet), von Drogen, die er dem Mädchen verabreicht haben sollte und ähnlichem die Rede. Diese Anklagen wurden nach dem Plea Bargain fallen gelassen,in dem er sich in Sachen Sex mit einer Minderjährigen für schuldig erklärt hatte.
polanski muss irgendwann einfach gedacht haben, dass der fall künstlich in die länge gezogen wird und er muss wohl nicht mehr an die objektivität der justiz geglaubt haben.

Irgendetwas Derartiges habe ich auch gelesen, dass er die Objektivität der Justiz anzweifelte bzw. es auch Anhaltspunkte dafür gab. Etwas Ähnliches spielte auch in der Jackson-Geschichte 1993 eine Rolle, die mit einer außergerichtlichen Einigung beigelegt wurde. Dennoch kann man das nicht einfach dadurch lösen, dass man sich dem Gericht durch Flucht entzieht. Hätte die Familie des Mädchens damals nicht auf einer Klage bestanden, hätte man das auch außergerichtlich lösen können.
aber was bedeutet das denn jetzt noch? polanski ist 76 (?), was soll denn der quatsch.

Wenn man nach der Argumentation verfährt, schafft man doch einen Anreiz für jeden, der die Möglichkeit hat, sich ins Ausland abzusetzen in der Hoffnung, dass das in ein paar Jahrzehnten keine Rolle mehr spielt. So kann man meiner Meinung nach nicht vorgehen, auch wenn ich dir Recht gebe, dass mit einem Prozess niemandem direkt "geholfen" ist. Die Frage ist, was richtet es für einen Schaden an, wenn man die Sache einfach fallen lässt. Erstmal heißt wieder, jeder, der berühmt ist, kommt sowieso irgendwie aus allem raus, was dann negativ auf die zurückfällt, die zurecht freigesprochen sind. Zweitens macht es die Strafverfolgung unglaubwürdig und führt womöglich dazu, dass noch mehr sich ins Ausland absetzen in der Hoffnung, sich dem Gericht entziehen zu können. Natürlich war es sch..., dass sie 30 Jahre lang geschlafen haben mit der Verhaftung. Aber das wird imo nicht besser dadurch, dass man sich jetzt auf den Standpunkt stellt, dumm gelaufen, jetzt ist eh alles zu spät.
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Beitragvon Demona » Mi 30. Sep 2009, 23:32

Mist, jezt habe ich aus Versehen meinen ganzen Text gelöscht...

Mir stellt sich da vor allem eine Frage: Warum jetzt? Die Behauptung, dass sie erst jetzt genaue Daten haben, wo Herr Polanski sich aufhält, halte ich für absoluten Blödsinn.
Der Mann dreht immer noch Filme und Filme dreht man nicht innerhalb weniger Stunden. Das dauert Tage, nein sogar Wochen oder Monate.
Es wäre ein leichtes gewesen, den Mann schon Jahre vorher festnehmen und ausliefern zu lassen. Also, warum gerade jetzt?
Hat es damit zu tun, dass seine Eingabe vor Gericht im Mai diesen Jahres abgelehnt wurde? Warum wurde er erst seit 2005 per internationalen Haftbefehl gesucht.
Es war doch schon vorher bekannt, dass er nicht Amerikaner ist und halber Franzose, oder?

Irgend etwas ist an der ganzen Angelegenheit nicht ganz koscher.
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Beitragvon frared » Do 1. Okt 2009, 00:47

ich hab auch ein komisches gefühl bei der sache.

ich versteh schon, dass man sich dem gestz usw nicht entziehen soll. (ich hab eben schon sachen über naziverbrechen gehört, langsam wirds etwas bizarr).

ich denke halt auch, dass er eben keine kriminelle karriere hatte. wenn das ein ding wäre, dass er mädchen vergewaltigt, würd ich da auch eher zustimmen. im moment finde ich es leider nur bürokratisch und unnütz.
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Beitragvon Demona » Fr 2. Okt 2009, 10:35

Das Verhalten der US-Presse in dem Fall Polanski wird auch immer bizarrer. Erst standen sie für ihn ein und es wurden sogar Unterschriften für Peditionen gesammelt.
Nun rudern sie alle wieder zurück und nehmen nun völlig andere Äußerungen vor.

Nun kam noch heraus, dass ein Anwalt in einer Dokumentation über den Regisseur gelogen hat, da er dachte, der Film würde nicht in den USA gezeigt werden.

Nun ist man am spekulieren, wie es im Fall Polanski weitergeht. Eine Möglichkeit wäre, dass Polanski seine Aussage zurück ziehen und auf ein neues Verfahren hoffen. Da würde wieder die Aussage des Opfer benötigt und er könnte darauf hoffen, dass diese nicht aussagt. Diese hatte mehrfach geäußert, dass sie nicht mehr durch die Presse gezerrt werden möchte und ist auch vom Regisseur finanziell abgefunden worden.
Allerdings kann Polanski auch bei einem neuen Verfahren wegen Vergewaltigung und Sodomie, und nicht nur wegen des Missbrauch einer Minderjährigen angeklagt werden. Dies hätte eine höhere Strafe zur Folge.
Seine Verteidigung hat jetzt u.a. Reid Weingarten, der mit dem US-Generalstaatsanwalt Eric Holder befreundet ist, übernommen.

Den ganzen Artikel dazu findet ihr hier.
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Beitragvon Dammers » Do 8. Okt 2009, 11:34

Auch wenn ich mit meiner Meinung vielleicht allein stehe, ich finde die ganze Sache mehr als Merkwürdig. Gerne vergessen wird immer das er ja schon verurteilt wurde, das Strafmaß wurde meines wissen mit dem Richter verhandelt. Und dieser eine Typ hat dann wohl eben verbreitet, das der Richter ihn trotz deals lebenslang in den Bau stecken will. Und da ist der gute Mann dann eben Stiften gegangen, kann ich schon nachvollziehen.
Und nun hat es die US Justiz über 30 Jahre lang nicht geschafft den Mann Dingfest zu machen oder ausliefern zu lassen, wo an JEDEM Flughafen Passkontrollen gemacht werden? Es wäre ein leichtes gewesen ihn festzusetzen, wen wollen die eigentlich verarschen?
Das ist es was mir an der ganzen Sache übel aufstößt. Vor allem hat er selber schon in den 90er Jahren mit Unterstützung seines Opfers versucht die Angelegenheit zu bereinigen, aber das hat man schlichtweg abgelehnt. Also, was soll der Mist?
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Beitragvon Demona » Do 8. Okt 2009, 11:59

@ Dammers

Genau das meinte ich. Ich kann das jetzt absolut nicht nachvollziehen. Warum gerade jetzt? Nicht nur, dass wie du erwähntest, jedes Land die Einreise kontrolliert und es gibt Interpol. Es gibt auch Drehpläne und wenn man ihn wirklich hinter Gitter sehen wollte, dann hätte man ihn sicher in 30 Jahren erwischen können.

Die andere Sache ist, sie wussten das er nicht mehr armerikanischen Boden betreten würde und dann suchen sie ihn erst seit 2005 international? Da ist doch irgendwo etwas nicht in Ordnung.

@ frared

Dieser Dokumentarfilm, den du erwähntest, von wann war der noch einmal? Wenn es so um 2002/2003 gewesen ist, dann kann man das ja nachvollziehen. Der Staatsanwalt hat sich da ja selber in die Nesseln gesetzt und wenn er es wieder ausbügeln will, dann kann ich den mehr als verspäteten internationalen Haftbefehl einigermaße nachvollziehen. Auch wenn ich dann nicht verstehe, dass man zur Umsetzung fast 5 Jahre brauchte.
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Beitragvon frared » Do 8. Okt 2009, 22:17

die doku ist 2008 rausgekommen: http://www.imdb.com/title/tt1157705/

ich habe es so gehört, dass er nach erscheinen der doku ein bisschen atem schöpfte und die angelegenheit wieder stärker verfolgt hat. aber das wären dann nciht die neunziger.

ich finde es sehr 'fishy' was da los ist. ich überleg auch wie wichtig es sit, dass es um eine vergewaltigung und nicht um, sagen wir, steuerhinterziehung geht. vergewaltigung verjährt auch nciht (weiss nciht wie das in deutschland ist) also haben sie durchaus das recht, das zu verfolgen, aber sie kommen reichlich reichlich spät. das filmgeschäft beruht schon auf eine hand wäscht die andere, aber das erklärt mE nciht, wieso soviele leute anstanden, um an seinen filmen mitzuarbeiten, aber vielleicht sieht das aus der ferne auch nur so aus. wenn die schweizer so besorgt waren, haben sie ihn trotzdem jahrelang geduldet, - ich würde die ganzen regierungen verklagen, weil sie sich solange mitschuldig gemacht haben. ich glaube er ist auch irgendwann für eine premiere nach deutschland gereist und das war allen egal.

ich finds irgendwie ein desaster. wem hilft denn dieser prozess jetzt? im prinzip wiederholt sich doch nur der ganze presserummel wie vor dreissig jahren. blöd.
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