Also ich find Daniel Craig lecker. :mrgreen:
Casino Royale
Nach vielen Vorab-Berichten voller Skepsis und Häme können alle Kritiker sich nun selber ein Bild vom neuen Bond machen.
Die heftigste Kritik im Vorfeld traf wohl Daniel Craig, den neuen James Bond Darsteller. Ohne auch nur ein Stück seiner Darstellung gesehen zu haben, zerrissen ihn die Presse und die Bond-Traditionalisten.
Zu Unrecht.
Ist Daniel Craig die viel beschworene Fehlbesetzung des Jahrhunderts? Nein. Definitiv nicht.
Er ist ein eigenwilliger Bond, aber waren sie das nicht alle auf ihre Art und Weise?
Auf Daniel Craig passt unzweifelhaft der Satz ?Not pretty, but sexy as hell?. Und damit hat er schon mal ein wichtiges Kriterium für die Rolle erfüllt.
Was man aber von dem Film selber halten soll, darüber grübele ich noch immer.
Es hieß im Vorfeld ?back to the roots?, aber wo waren diese Wurzeln denn?
Gut, wir retten diesmal nicht die Welt, die Milchstrasse, das Universum. Aber deshalb gleich nur noch um den schnöden Mammon kämpfen?
Die Begründung, dass man verhindern möchte, dass das Geld dem internationalen Terrorismus in die Hände fällt ist dünn und wirkt konstruiert. Wenn der internationale Terrorismus Geld braucht, dann beschafft er es sich. Auch ohne ein langatmiges Pokerspiel.
Und so fehlt dem Film das Motiv, das den Helden antreibt, die ultimative Bedrohung, die es dem Zuschauer plausibel erscheinen lässt, warum all das geschieht.
Der ganze Film wirkt seltsam inkonsistent. Einerseits furiose Actionszenen, dann wieder langatmige Passagen, in denen man sich fragt, wann es nun weiter geht.
Einerseits spritzige Dialoge, wie der zwischen James Bond und Vesper Lynd (Eva Green) bei ihrem ersten Aufeinandertreffen, dann wieder schmalzige Liebes-Dialoge, bei denen man sich ernsthaft fragt, ob James Bond zum ?Frauenfilm? mutiert ist.
Nichts gegen Eva Green, sie war in ?Königreich der Himmel? atemberaubend. Aber nachdem schon der Gegenspieler Bonds ein Bankier ist, wundert uns auch nicht mehr, dass das Bondgirl eine Buchhalterin ist.
Dass es keine rassige, starke, weibliche Kontrahentin mehr gibt, erstaunt den Zuschauer fast schon nicht mehr, ja er vermisst sie kaum.
Martin Campell wollte ein weiteres Mal einen ?neuen? Bond inszenieren, diesmal einen rohen Kerl, der noch nicht der charmante, ironische Brite geworden ist, den wir kennen.
Das ist gelungen, wir sehen einen blutenden Bond, der sich in einer Pause mühsam wieder herrichten muss, um weiterspielen zu können. Einen schreienden Bond, der gefoltert wird. Aber wollen wir das wirklich sehen?
Wir sehen einen knallharten Typen, der auch mal eine komplette Botschaft zerlegt, um an ein Handy zu kommen. Der meint, ein Bombenleger weniger rechtfertige das Aushebeln grundlegender Prinzipien der internationalen Diplomatie.
Damit hat James Bond ein neues Gesicht bekommen. Und das hat der Figur sicherlich gut getan. Aber ein neues Gesicht alleine reicht eben nicht.
Neu ist die Idee nicht, Martin Campell hat das in ?Goldeneye? schon einmal getan. Damals sahen wir Pierce Brosnan mit schmerzverzerrtem Gesicht an einem Arm hängen und staunten, dass James Bond Schmerzen empfindet. Wir sahen Trauer und Enttäuschung über den Verrat des Freundes und waren gefesselt von diesem neuen Bond.
Der Akt, einen neuen Bond zu schaffen ist Campell damals vortrefflich gelungen, der zweite Versuch ist wenig überzeugend. Vielleicht schaffen es die folgenden Filme, diesen Bond zu etablieren, falls es denn welche geben wird.
Eine weitere Schwachstelle ist der Bösewicht.
Wir sind großartige Bösewichte als Gegner Bonds gewöhnt. Und was bekommen wir hier? Einen Banker.
Dieser Gegner wirkt genauso mager, wie die Geschichte selber. Mads Mikkelsen hat definitiv das Potential, ein grandioser Bösewicht zu sein, aber das wird in keiner Weise genutzt. Ein wenig blutige Tränen weinen reicht da einfach nicht aus. Er läuft zu großer Form auf, als er Bond gefangen hat, aber da ist sie wieder, die Inkonsistenz: ein Bankier, der eigenhändig prügelt und foltert?
Wieder einmal sitzt der Zuschauer da und runzelt die Stirn. Und das sollte er in einem Bond Film einfach nicht.
Ein Bondfilm bedeutete eigentlich immer: zurücklehnen und die Fahrt genießen. Und das tut man in diesem Film nur in wenigen Szenen.
Vielleicht wurde die Messlatte für Superhelden und Superbösewichte durch hervorragende Comic-Verfilmungen der letzten Jahre einfach zu hoch angelegt. Vielleicht bleibt einem James Bond dadurch eigentlich nur das, was den Kult dieser Serie neben der furiosen Action immer ausgemacht hat: Humor, Ironie, technischer Schnickschnack im Auto, in der Uhr und im Absatz des Schuhs und spritzige Dialoge.
Dieser James Bond Film tut etwas, das kein anderer Bondfilm der letzten Jahre getan hat: er nimmt sich selber ernst. Und damit tut er sich nichts Gutes.
Es fehlt das Verspielte, das Augenzwinkern, das offensichtliche nicht-ernst-nehmen des Genres. James Bond als Parodie auf sich selbst, auf den perfekten Agenten. So waren die Filme immer angelegt und das geht diesem James Bond völlig ab. Leider. Denn als ernsthafter Agentenfilm taugt er nichts, dafür hat er dann wieder zu wenig Geheimdienstgeplänkel.
Man möchte M (Judy Dench) zustimmen: ?Ach, wie ich den kalten Krieg vermisse.?
Internationale Finanzverstrickungen taugen einfach nicht als Hintergrund eines Bondfilms, sie sind zu diffus, zu verschachtelt und Bösewichter, die nur die Deckmänner anderer Bösewichter sind, die nur wieder von einem Banker gesteuert werden, ersetzen nicht den guten, alten Badguy, der nur eines wollte: die Weltherrschaft. Und die auf direktem Wege, mit allen Mitteln und am liebsten über Bonds Leiche.
Trotzdem sind da einige Details, die Spaß machen.
Wiederkehrende Motive, wie der doppelte Bluff beim Pokerspiel und dann der doppelte Verrat an unserem Agenten. Details, von denen es mehr hätte geben dürfen.
Auch kleine Anspielungen an die früheren Bond-Filme gab es, wenn auch nur wenige. Der alte Aston Martin beispielshalber, oder die sich vor dem musikalischen Bond-Motiv öffnenden Tore des Flugzeughangars.
Momente, in denen man daran erinnert wurde, dass man einen Bond-Film sieht. Aber das dürfte eigentlich nicht sein, das Motiv müsste immer präsent sein, der Zuschauer müsste eine solche Erinnerung nicht benötigen.
Fazit: Ein toller Action-/Agentenstreifen, feinstes Popcornkino, aber kein James Bond.