Autoren- und Werkintention in der Textinterpretation




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Autoren- und Werkintention in der Textinterpretation

Beitragvon nevermore » Mi 9. Jul 2008, 17:53

Die Idee zu diesem Thread entstand aus einer Frage, die ich per PM an löweneckerchen richtete; wir finden beide das Thema sehr interessant und verlagern es deshalb hier ins Forum. Meine Frage ging darum, dass mir ständig in allen möglichen Foren diese Debatte Werk- versus Autorenintention über den Weg läuft, grade wieder ganz vehement in einem amerikanischen Forum, im Zusammenhang damit, ob und wie Autorenaussagen bei der Interpretation zu berücksichtigen sind. Ich wüsste gern, wie das eigentlich unter Literaturwissenschaftlern bzw. in verwandten Disziplinen wie Theaterwissenschaften etc. gesehen wird.

Ich selber hatte das so verstanden, dass ein Text nicht auf die (bewusste) Autorenintention reduziert werden sollte, weil in das Werk offensichtlich auch Dinge eingehen, die nicht bewusst so konzipiert wurden, sondern aus irgendwelchen unterbewussten Prozesen stammen. Immer öfter finde ich aber in Foren eine viel weiter gehende Position, nämlich dass die Aussagen von Autoren (und teilweise auch deren Biographie) völlig irrelevant seien und die individuelle Interpretation das einzige ist, was zählt -wobei ich mich des Eindrucks nicht ganz erwehren kann, dass das häufig gerade dann angeführt wird, wenn es sich um eine Interpretation handelt, die für den Großteil der Diskussionsteilnehmer nicht nachvollziehbar ist. Die Situation ist meist die, es herrscht Uneinigkeit darüber, was eine bestimmte Szene aussagen soll, jemand fragt den Autor/findet eine Aussage darüber, und dann kommt seitens der Diskutanten, deren Interpretation damit nicht in Einklang zu bringen ist, das Argument, dass diese Aussage des Autors "irrelevant" ist.

Ich habe mal ein wenig herumgesurft, und bin dabei u.a. auf die Chicago New Critics gestoßen, die die Unabhängigkeit der Werkintention recht stark zu vertreten scheinen. Aber auch dort fand ich nirgendwo diese Extremposition, die mir des Öfteren in Diskussionsforen begegnet, dass Autorenintentionen und Aussagen hierüber vollkommen irrelevant seien, selbst dann, wenn sie dem, was da an Eigeninterpretation aus dem Text interpretiert wird, vollkommen entgegen stehen. Dass Intentionen und biographische Hintergründe völlig irrelevant sein sollen, klingt für mich ziemlich stark nach "Entfremdungstheorie".

Gibt es diese Position im akademischen Bereich tatsächlich, und wie wird das begründet? Oder ist das wieder so ein Fall, in dem akademische Theorien in einer völlig verzerrten Einfach-Version in Laiendiskussionen verwendet werden (kenne ich zur Genüge aus meinem eigenen Fach)?
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von Anzeige » Mi 9. Jul 2008, 17:53

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Beitragvon löweneckerchen » Mi 9. Jul 2008, 18:02

So und hier nun meine Antwort: Ich habe etwas weiter ausgeholt, vieles zusammen gefasst (bitte Nachsicht üben) und mal versucht herauszufinden, warum dass denn so ist, wie nevermore beschrieben hat...

Das ist ein sehr komplexes Thema. Ich lasse jetzt mal die Antike und früh babylonische Schriften etc... außen vor... Eine wirkliche Auseinandersetzung in breitgefächerter Form fand ja im Abendland erst sehr spät statt. Es gibt in der Literaturwissenschaft und ihrer Entwicklung verschiedenen Herangehensweisen, die natürlich auch immer mit den gesellschaftlichen Strömungen und der Geschichte zu tun haben. Ursprünglich war eine Interpretation eines Textes immer auf den Text selbst bezogen, auf seine sprachliche Ausgestaltung, sie betraf in den Wissenschaften aber zunächst nur religiöse Texte, deren Interpretation meistens verboten war, dann Jahrhundertelang nur Poesie. Erst mit der Aufklärung begann man alle Texte wissenschaftlich zu untersuchen. Bis dahin war der Autor eher unwichtig, der Text an sich war das , was beurteilt wurde Auch äußere Einflüsse wurden nahezu verleugnet.

Mit der Weiterentwicklung der Philosophie (wohlgemerkt: nur im Abendland) entstand dann eine andere Sichtweise. Es gibt den berühmten Satz einen Theoretikers, dass man den Text bald besser begreifen könne als den Autor selbst (Schleiermacher). Es entstanden eigenständige Untersuchungsmethoden, die alle zu benennen hier zu weit ginge.

In der Romantik ging man dann soweit zu behaupten, ein Text könne Bedeutungen beinhalten, die der Autor gar nicht absichtlich eingebaut hätte oder aber sogar gar nicht gewollt hätte.

Bis heute gilt der Bezug zum geschichtlichen, gesellschaftlichen theologischen, philologischen Kontext , sowie zum Umfeld des Autors als eine mögliche Methode der Analyse (Hermeneutik- diese Methode gab es allerdings schon in der Antike). Es entstanden zur Hochzeit der Psychoanalyse eben solche Methoden in der Literaturwissenschaft.

In den USA (und so schaff ich hoffentlich den großen Bogen zum Thema) entwickelte sich in den 1920er Jahren eine alternative Methode der textimmanenten Interpretation, die vollständig auf äußere Einflüsse in der Interpretation verzichtete, ja selbst eine Intention des Autors als hinfällig bezeichnete. In den USA und der angelsächsischen Literaturwelt als "New Criticism" bezeichnet...
Dies wird bis heute in Unis in den USA noch (unter anderem gelehrt) Es war ursprünglich eine Gegenströmung auf die Überinterpretationen, die sich im Laufe der Zeit entwickelten, die soweit gingen, sich anzumaßen, den Autor besser zu verstehen als er selbst. Man konzentriert sich im "New Criticism" akribisch nur auf den Text, die Syntax , den Stil und die daraus mögliche Interpretation. Weiter entwickelt wurde diese Methode im Dekonstruktivismus. Parallel zur geschichtlichen Entwicklung entstanden zum Beispiel auch die marxistische (nur auf gesellschaftspolitische Aspekte fokussiert) und die feministische Interpretation (auch aus ihr entwickelte sich die Fachrichtung "Gender Studies" als eigener Wissenschaftsbereich)

Seit den 1980er gibt es wieder eine Gegenbewegung den "New Historicism", der gesellschaftspolitische und andere Einflüsse in der Textinterpretation wieder zuließ. Nun sind diese Begriffe total irreführend, weil Historismus in Europa völlig anders geprägt ist. Ging die Hermeneutik noch davon aus, das Texte den Geist ihrer Zeit wieder spiegeln, wagt der "New Historicism" den Beweis des Gegenteils, nämlich das der Geist der Zeit nur aus den Texten entsteht. Geschichte entsteht so nicht aus Fakten, sondern nur aus den textlichen Überlieferungen der Zeit. Diese Methode untersucht Texte nach Bezügen zu anderen Texten (Intertextualiät)auch interdisziplinär und in der Entwicklung der Methode auch Epochen übergreifend als Vergleichsanalysen. Selbstverständlich ist diese Strömung längst auch in Europa angekommen und wurde vor allem auch in Frankreich verfeinert und verändert. Diese Richtung begreift sogar die eigenen Texte als Teil des großen Ganzen. Der Autor ist dabei eher Mittler als nur der begnadete Schöpfer.

Ich für meinen Teil sehe dies als das alte Streitgespräch der Literaturwissenschaftler, quasi die Mutter aller Streitgespräche:

Wir haben gelernt, Werke (alle Kunstrichtungen) als autonome Gegenstände unserer Betrachtung zu verstehen. Das Werk an sich, das Bild, der Text, das Musikstück. Das wird einem Kunstwerk meiner Meinung nach aber ebenso wenig gerecht wie eine "Übereinbeziehung" des Künstlers. Hat der Künstler erst mal Kultstatus, werden all seine Werk an seiner bisherigen Schöpfung gemessen, nicht mehr am Werk an sich. Periodensprünge, Wandlungen, Änderungen der Haltung des Autors (des Künstlers) werden so oft fehlinterpretiert, verachtet, vergessen. Auch beginnt das Kunstwerk bei einer zu intensiven Einbeziehung des Schöpfers an eigener Kraft zu verlieren, denn die Interpretation des Werkes ist ja der wichtigste Teil des Werkes an sich. Und die geht verloren.

Andererseits kann ich mich auch nicht mit der absoluten Distanz des Werkes zum Autor anfreunden. Das Werk lebt und fällt mit der Person, die es geschaffen hat.
Dennoch sollte der Autor an sich meiner Meinung nach gegenüber dem Werk ein wenig in den Hintergrund treten. Ebenso sehe ich den Bezug geschichtlicher Kontext und Autor. Es gibt historisch immanente Werke und solche, die ihrer Zeit weit voraus sind oder jenseits von jeder Zeit bestehen.
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Beitragvon nevermore » Mi 9. Jul 2008, 18:35

löweneckerchen hat geschrieben:Das ist ein sehr komplexes Thema. Ich lasse jetzt mal die Antike und früh babylonische Schriften etc... außen vor... Eine wirkliche Auseinandersetzung in breitgefächerter Form fand ja im Abendland erst sehr spät statt. Es gibt in der Literaturwissenschaft und ihrer Entwicklung verschiedenen Herangehensweisen, die natürlich auch immer mit den gesellschaftlichen Strömungen und der Geschichte zu tun haben. Ursprünglich war eine Interpretation eines Textes immer auf den Text selbst bezogen, auf seine sprachliche Ausgestaltung, sie betraf in den Wissenschaften aber zunächst nur religiöse Texte, deren Interpretation meistens verboten war, dann Jahrhundertelang nur Poesie. Erst mit der Aufklärung begann man alle Texte wissenschaftlich zu untersuchen. Bis dahin war der Autor eher unwichtig, der Text an sich war das , was beurteilt wurde Auch äußere Einflüsse wurden nahezu verleugnet.


Wenn ich das so lese, scheint mir bis zu einem gewissen Zeitpunkt die Abwesenheit bzw. das allgemeine Auftauchen der psychologischen Wissenschaften eine Rolle zu spielen. Klar, bevor es die Idee der Entwicklungspsychologie gab, kam man evtl. auch nicht so ohne weiteres auf die Idee, dass der biographische Werdegang für ein solches Werk eine beträchtliche Rolle spielen könnte ...

Mit der Weiterentwicklung der Philosophie (wohlgemerkt: nur im Abendland) entstand dann eine andere Sichtweise. Es gibt den berühmten Satz einen Theoretikers, dass man den Text bald besser begreifen könne als den Autor selbst (Schleiermacher). Es entstanden eigenständige Untersuchungsmethoden, die alle zu benennen hier zu weit ginge.

In der Romantik ging man dann soweit zu behaupten, ein Text könne Bedeutungen beinhalten, die der Autor gar nicht absichtlich eingebaut hätte oder aber sogar gar nicht gewollt hätte.


Bis hierher könnte ich das problemlos unterschreiben - nicht zuletzt dank Autorenaussagen, die bestätigen, dass bestimmte Einflüsse da sind, aber nicht bewusst eingebaut wurden und erst im Nachhinein vom Autor als das erkannt wurden, was sie sind. ;)

In den USA (und so schaff ich hoffentlich den großen Bogen zum Thema) entwickelte sich in den 1920er Jahren eine alternative Methode der textimmanenten Interpretation, die vollständig auf äußere Einflüsse in der Interpretation verzichtete, ja selbst eine Intention des Autors als hinfällig bezeichnete. In den USA und der angelsächsischen Literaturwelt als "New Criticism" bezeichnet...
Dies wird bis heute in Unis in den USA noch (unter anderem gelehrt) Es war ursprünglich eine Gegenströmung auf die Überinterpretationen, die sich im Laufe der Zeit entwickelten, die soweit gingen, sich anzumaßen, den Autor besser zu verstehen als er selbst. Man konzentriert sich im "New Criticism" akribisch nur auf den Text, die Syntax , den Stil und die daraus mögliche Interpretation.


Das ist wie gesagt die Position, die mir sehr schwer fällt nachzuvollziehen. Für mich ist es in manchen Fällen gradezu unbegreiflich, wie man behaupten kann, bestimmte traumatische Erlebnisse hätten keinen Einfluss auf das Werk eines Autoren. Ein Mensch entwickelt sich doch nicht im luftleeren Raum; das Umfeld hat immer einen Einfluss, der sich zwar auf sehr verschiedene Weise äußern kann, aber man kann nicht davon ausgehen, dass er abwesend ist. Eine solche Position muss doch entweder davon ausgehen, dass der Mensch überhaupt nicht durch Erfahrungen beeinflusst wird und damit im Endeffekt nicht lernfähig ist, oder dass der Autor lediglich höhere Inspirationen aus einer nicht näher genannten Quelle "channelt". Ebensowenig, oder gar noch weniger, verstehe ich die Idee, ein Werk könne unabhängig von den herrschenden sozialen Umständen interpretiert werden. Viele Werke sind doch offensichtlich gesellschaftskritisch ausgerichtet. Wie kann man denn beispielsweise Literatur aus der nationalsozialistischen Zeit ohne jegliche Berücksichtigung sozialer Umstände interpretieren und verstehen wollen? Bei einem gesellschaftskritischen Werk ist das für mich ein Widerspruch in sich.


Seit den 1980er gibt es wieder eine Gegenbewegung den "New Historicism", der gesellschaftspolitische und andere Einflüsse in der Textinterpretation wieder zuließ. Nun sind diese Begriffe total irreführend, weil Historismus in Europa völlig anders geprägt ist. Ging die Hermeneutik noch davon aus, das Texte den Geist ihrer Zeit wieder spiegeln, wagt der "New Historicism" den Beweis des Gegenteils, nämlich das der Geist der Zeit nur aus den Texten entsteht. Geschichte entsteht so nicht aus Fakten, sondern nur aus den textlichen Überlieferungen der Zeit. Diese Methode untersucht Texte nach Bezügen zu anderen Texten (Intertextualiät)auch interdisziplinär und in der Entwicklung der Methode auch Epochen übergreifend als Vergleichsanalysen. Selbstverständlich ist diese Strömung längst auch in Europa angekommen und wurde vor allem auch in Frankreich verfeinert und verändert. Diese Richtung begreift sogar die eigenen Texte als Teil des großen Ganzen. Der Autor ist dabei eher Mittler als nur der begnadete Schöpfer.


Dies ist nun wieder eine Position, die den Menschen auf das Produkt seines sozialen Umfelds zu reduzieren scheint, und jegliche individuelle Reaktion auf dieses Umfeld vernachlässigt. Dem obigen New Criticism-Ansatz gemeinsam scheint mir zu sein, dass auch hier der Autor "channelt", auch wenn es hier nicht höhere Inspirationen aus einer unklaren Quelle, sondern gesellschaftliche Einflüsse sind. Ich bin aber der Meinung, dass Menschen auch auf sehr ähnliche gesellschaftliche Umfelder sehr unterschiedlich reagieren können, und deshalb auch von Autoren in sehr ähnlichen Umfeldern Werke mit sehr unterschiedlicher Aussage entstehen können.

So (Ich für meinen Teil sehe dies als als alte Streitgespräch der Literaturwissenschaftler, quasi die Mutter aller Streitgespräche. Wir haben gelernt, Werke (alle Kunstrichtungen) als autonome Gegenstände unserer Betrachtung zu verstehen. Das Werk an sich, das Bild, der Text, das Musikstück. Das wird einem Kunstwerken meine Meinung nach aber ebenso wenig gerecht als eine "Übereinbeziehung" des Künstlers. Hat der Künstler erst mal Kultstatus, werden alle seine Werk an seiner bisherigen Schöpfung gemessen, nicht mehr am Werk an sich. Periodensprünge, Wandlungen, Änderungen der Haltung des Autors (des Künstlers) werden so oft fehlinterpretiert, verachtet, vergessen. Auch beginnt das Kunstwerk bei einer zu intensiven Einbeziehung des Schöpfers an eigener Kraft zu verlieren, denn die Interpretation des Werkes ist ja der wichtigste Teil des Werkes an sich. Und die geht verloren.

Andererseits kann ich mich auch nicht mit der absoluten Distanz des Werkes vom Autor anfreunden. Das Werk lebt und fällt mit der Person, die es geschaffen hat.
Dennoch tritt der Autor an sich meiner Meinung nach gegenüber dem Werk an sich ein wenig in den Hintergrund. Ebenso sehe ich den Bezug geschichtlicher Kontext und Autor. Es gibt historisch immanente Werke und solche, die ihrer Zeit weit voraus oder jenseits von Zeit bestehen.


Dieses Messen am bisherigen Werk ist natürlich nicht wünschenswert; allerdings glaube ich nicht, dass das ein Symptom dessen ist, dass man Motivationen, Erfahrungen und Aussagen des Autors berücksichtigt. Im Gegenteil - würde man das tun, dann dürfte man ja solche Veränderungen und neuen Erfahrungen seitens des Autors gerade nicht vernachlässigen.

Mir scheint auch, dass es einen Unterschied macht, ob ein Autor eine sehr persönliche, emotional bzw. durch eigene Erfahrungen geprägte Herangehensweise hat, oder eher intellektuell und "aus der Vogelperspektive" agiert. Für ein paar Beispiele, die hier wohl die meisten kennen werden - die Star Wars Filme sind sehr stark autobiographisch geprägt, was von ihrem (Haupt-)Schöpfer George Lucas auch durchaus so bestätigt wird. Weniger ausgeprägt, aber auch noch deutlich erkennbar finde ich, dass in der Harry Potter-Serie JK Rowlings familiärer Hintergrund und Themen, die sie nach eigener Aussage "umtreiben", zum Ausdruck kommen. Ein Beispiel für einen, der eher aus der Vogelperspektive agierte, wäre mE Isaac Asimov mit seinem Foundation-Zyklus. Ich denke, solche Unterschiede sollte man nicht unberücksichtigt lassen. In manchen Fällen mögen persönliche Erfahrungen und Intentionen tatsächlich irrelevant sein (dann sind es auch Aussagen des Autors darüber), in anderen Fällen dagegen sind sie sehr relevant und rücken gewisse Themen oder Aussagen in ein völlig neues Licht.

Ich habe leider grade im Pop Culture Bereich den Eindruck, dass die Unabhängigkeit des Werks oft herangezogen wird, um auch noch die hanebüchensten Interpretationen zu legitimieren - was ich noch akzeptieren kann, wenn es dann wenigstens als "die eigene Interpretation" betitelt wird. Nicht selten wird dieses Argument dann aber auch noch dazu verwendet, "nachzuweisen", dass etwas ganz anderes beabsichtigt wurde als der Autor selber sagt, und somit den Autor als Lügner hinzustellen. Da hört es dann völlig auf bei mir.
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Beitragvon Eve » Mi 9. Jul 2008, 19:29

Das ist ein Thema, bei dem man keine Antwort finden wird. Jeder Künstler arbeitet aus verschiedenen Motiven. Der eine möchte mit jedem Farbklecks oder mit jedem einzelnen Wort eine ganze bestimmte Aussage vermitteln und andere Künstler wiederum schaffen Werke, deren Interpretation sie ganz allein dem Betrachter überlassen. Manche Künstler geben gern Antworten, die der Klärung einzelner Aspekte ihrer Werke dienen, andere werden solche Fragen bewusst unbeantwortet lassen.

Man darf bei manchen Werken gern das gesamte Umfeld des Schaffenden in eine Interpretation mit einbeziehen, bei anderen wird das keinen Sinn machen. Es ist jedem selbst überlassen, ob man bei der Meinungsbildung die erklärenden Worte des Künstlers in seine eigene Interpretation einfließen lässt oder sich weiterhin einer persönlichen Exemplifikation hingibt, was m.E. nichts damit zu tun hat, dass man auf letztere Art den Schöpfer als Lügner darstellt. Künstler müssen damit rechnen, dass ihre Werke immer auf verschiedene Weise verstanden und bewertet werden. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg der Deutung, sondern nur den eigenen.
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Beitragvon nevermore » Mi 9. Jul 2008, 20:31

Eve hat geschrieben:Es ist jedem selbst überlassen, ob man bei der Meinungsbildung die erklärenden Worte des Künstlers in seine eigene Interpretation einfließen lässt oder sich weiterhin einer persönlichen Exemplifikation hingibt, was m.E. nichts damit zu tun hat, dass man auf letztere Art den Schöpfer als Lügner darstellt.


@Eve, ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn jemand persönlich eine eigene Interpretation hat. Jedoch ist, das ist vielleicht in meinem Beitrag oben nicht deutlich genug geworden, in einer dieser Diskussionen ausdrücklich das Argument gefallen, die eigene Interpretation sei "richtig" und wenn der Autor etwas anderes sage, dann sei er ein Lügner. Das ist eine Haltung, die ich an Arroganz kaum zu überbieten finde, und an diesem Punkt hört es tatsächlich auf bei mir.
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Beitragvon Eve » Mi 9. Jul 2008, 22:00

@ nevermore: Das habe ich wirklich missverstanden, dass du dich auf eine der stattgefundenen Diskussioen bezogen hast. Ich würde es eher als Meinung des Autors sehen, wenn der sein eigenes Buch/Werk öffentlich interpretiert, aber wenn meine Meinung eine andere wäre, sind nicht alle anderen - einschließlich Autor - ein Lügner. Ich kann mir schwer vorstellen, wie sich jemand zu so einer Aussage hinreißen lassen konnte. Hat die Meinung des Autors über sein Werk womöglich das eigene (positive) Bild so sehr angekratzt, dass sich derjenige persönlich angegriffen fühlte?
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Beitragvon nevermore » Mi 9. Jul 2008, 22:15

@Eve, das war ein Fall, in dem dieselbe Sache schon früher in Diskussionen aufgetaucht war, der Autor von einem Fan in einem Forum irgendwann mal gefragt worden war, was er sich dabei gedacht hat, und ein Diskussionsteilnehmer die entsprechende Antwort ausgegraben hat. Wie dieser Typ dazu kommt, das dann als Lüge zu bezeichnen, weiß ich auch nicht. Er scheint einfach zu glauben, dass seine Interpretation die einzig richtige ist. Also kann, wenn der Autor sagt, er habe das eigentlich anders gemeint, der Autor ja nur ein Lügner sein *kopfschüttel* Anderswo und in einem anderen Fandom hatte ich mal eine Diskussion mit ihm, in der er den dort relevanten Autor als "Idioten" bezeichnete und als ich ihm widersprach, er dann tatsächlich von mir verlangte, ich solle "beweisen", dass der Autor kein Idiot sei - erwartete wohl, dass ich da irgendwie einen aktuellen IQ-Test herbeizaubere. :vogel: Eigentlich sollte ich mich über den gar nicht mehr aufregen, irgendwie tue ich es aber trotzdem immer wieder, obwohl ich in diesem "Autor ist ein Lügner"-Fall an der Diskussion gar nicht aktiv beteiligt gewesen bin ;)

Das ist sicher ein Extremfall. Aber der Tendenz, dass Leute der Meinung sind, ihre eigene Interpretation sei irgendwie "richtiger" als das, was der Autor sagt, begegne ich durchaus öfter. Wie gesagt, wenn jemand das als eigene Interpretation so sieht, ist es für mich auch völlig in Ordnung, wenn er die Autorenmeinung ignoriert - solange er dies als sein persönliches Ding darstellt und nicht behauptet, diese Szene bedeutet dies und nichts anderes, oder gar soweit geht zu sagen, dass eine Aussage des Autors, er habe aber etwas anderes beabsichtigt, objektiv irrelevant oder gar eine Lüge ist. Und sehr häufig wird dann als "wissenschaftliche Untermauerung" das Argument der Irrelevanz der Autorenintention angeführt.
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Beitragvon löweneckerchen » Do 10. Jul 2008, 01:55

Die große Frage ist nun: Wie ist es wirklich? Vielleicht ist das in der Literatur noch schwerer zu beantworten als in allen anderen Kunstrichtungen. Da das Wort und gesprochenen Sprache doch die intensivsten Mittel zur Kommunikation sind, die ausdrucksstärksten.
Ein Bild, von einem Maler gemalt, findet irgendwann an einem definierten Punkt sein Ende, seinen letzen Pinselstrich. Und dann gibt der Künstler es her, verschenkt verleiht es, stellt es aus verkauft es. Andere Menschen betrachten es, aber irgendwie aus einer fernen Zukunft heraus, so als betrachteten sie einen Gegenstand aus der Vergangenheit. Ein Bild, das einem gefällt, spricht, erzählt, aber es ist ein in sich geschlossener Kosmos. Es ist fertig. Und fertig hängt es an einer Wand und weckt Empfindungen, tut aber sonst nichts Die Betrachter müssen es nicht zuerst von links nach rechts und oben nach unter betrachten und umdrehen , um es zu begreifen.

Ähnlich ist es mit Musik. Sie wird geschrieben, vertont, gesungen, gepfiffen, aufgeführt, interpretiert, in Konzertsälen auf dem Mp3-Player , im Kaufhaus, an der Straßenecke... Und wieder sieht man die Kunst und hört sie dieses Mal auch, das fertige Werk. Man fühlt, was der Künstler fühlte (oder glaubt es zumindest) spinnt die Melodie weiter, singt nach..

Das ist die Vogelperspektive, die nevermore so gut beschrieben hat. Was ja nicht heißt, das man Musik nicht völlig tief in der Seele empfinden kann, sehr nah, sehr intensiv. Und sicher stand man auch schon mal vor einem Bild und wollte in dieser fremden Farbenwelt versinken.

Bei Büchern ist das irgendwie anders. Wenn der letze Satz geschrieben ist, das letzte Komma gesetzt, das letzte Kapitel gedruckt, dann beginnt das Kunstwerk ja erst, Das Buch MUSS gelesen werden, um seine Existenzberechtigung zu erlangen. Das Bild nicht, es existiert einfach, der Künstler hat es gemalt, irgendwann.... die Musik auch ist sogar noch abgehobener. Sie ist da, fertig komponiert. Und natürlich gibt es sowohl in der bildenden Kunst als auch in der Musik die Möglichkeit des "Themas mit Variationen." Das gibt es in der Literatur nicht, Ein Wort ist ein Wort, ein Satz ein Satz, interpretierbar ja, jede Variation wird ein neues herausforderndes, eigenständiges Kunstwerk. Aber die Worte wollen gelesen werden. (oder gehört, wenn jemand uns vorliest)

Und da beginnt dann das Dilemma. Unsere Gedanken, unser Wille, unser Leben ist bedingt durch Worte. Und da Sprache zwar unser wichtigstes Kommunikationsmittel ist, aber auch das unzugänglichste, beginnt nun der spannende Teil am Bücher lesen... die Interpretation.

Der "New crisitcism" entstand aus einer Zeit, in der Hinz und Kunz sich dazu berufen fühlte, in Literaturzirkeln, solchen mit Anspruch und solchen ohne über Literatur reden zu wollen, und das in einer Art, die dem Autor keine Luft mehr ließ. Diese Richtung versuchte also nur, sich wieder auf das zu besinnen, was ein Buch ist, auf das geschriebene Wort nämlich. Und nichts hinein interpretieren , was gar nicht drin steht.

Aber die Menschen übertreiben immer alles, egal was sie tun. Aus einer Idee wird Größenwahn und orthodoxe Bigotterie. Auch klar, dass die nächste Gegenbewegung schon auf dem Plan stand.

Man kann ein Buch nicht ohne den Autor betrachten, auch wenn man es wegen des Versuches der Reinerhaltung des Textes zunächst versuchen sollte. Und dann muss man, sofern man die Einflüsse und die Intertextualitäten ergründet hat, wieder eine gesunde Distanz bewahren, zum Buch und zum Autor. Wie nevermore schon so schön gesagt hat, kann man denn Bücher aus der Nazizeit nicht ohne das Wissen ihres Kontextes lesen. Hätte es dann die Literatur eines Wolfgang Borchert, eines Stefan Zweig, eines Kurt Tucholsky so gegeben? Wahrscheinlich nicht.

Irgendwie ist das eine philosophische Frage. Es ist eine Frage der Dualität ...der Dialektik. Dass das Eine immer das Andere bedingt. Der Autor das Buch und das Buch den Autoren.
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Beitragvon nevermore » Do 10. Jul 2008, 13:47

Was den Unterschied zwischen einen Bild oder Musikstück und einem Buch betrifft, kann ich dir nicht ganz folgen. Ein Bild, das niemand ansieht, oder ein Musikstück, das niemand anhört, hat doch ebensosehr oder ebensowenig eine Existenzberechtigung wie ein Buch, das niemand liest?

Der "New crisitcism" entstand aus einer Zeit, in der Hinz und Kunz sich dazu berufen fühlte, in Literaturzirkeln, solchen mit Anspruch und solchen ohne über Literatur reden zu wollen, und das in einer Art, die dem Autor keine Luft mehr ließ. Diese Richtung versuchte also nur, sich wieder auf das zu besinnen, was ein Buch ist, auf das geschriebene Wort nämlich. Und nichts hinein interpretieren , was gar nicht drin steht.


Das Ironische daran ist, dass im Endeffekt etwas ganz Ähnliches dabei herausgekommen ist. Man will Autoren vor Kritikern schützen, die glauben, den Autor besser zu verstehen als der sich selber - also vor Entmündigung letztendlich. Und dazu schafft man ein System, dass die Aussagen des Autors und seine Biographie für das Verständnis seines Werks als irrelevant erklärt - und ihn damit wieder entmündigt. Man weiß es halt in jedem Fall besser als der Autor; was der dazu zu sagen hat, ist unwichtig, entweder weil es für den Text ohne Belang ist, von dem man scheinbar glaubt, dass er irgendwie unabhängig vom Autor entstanden ist, oder weil der Autor sich selber nicht versteht.

Man kann ein Buch nicht ohne den Autor betrachten, auch wenn man es wegen des Versuches der Reinerhaltung des Textes zunächst versuchen sollte. Und dann muss man, sofern man die Einflüsse und die Intertextualitäten ergründet hat, wieder eine gesunde Distanz bewahren, zum Buch und zum Autor.


Warum sollte man denn grundsätzlich versuchen, den Text "reinzuerhalten"? Das klingt ja beinahe, als ob der Text dadurch, dass er durch persönliche Erlebnisse des Autors beeinflusst ist, irgendwie "beschmutzt" oder entwertet wird. Irgendwie klingt da wieder die Idee für mich durch, dass Kunst eigentlich irgendwie unabhängig vom Menschen existiert und der nur der "Telefonist" ist, der eine höhere Inspiration weitergibt, wodurch sie auch noch "verunreinigt" wird. Ich sehe das überhaupt nicht so, ich glaube nämlich nicht, dass Kunst unabhängig vom Schaffenden existiert und der nur der Vermittler ist. Das ist tatsächlich eine philosophische Frage, wie mir jetzt erst richig klar wird - da geht es nämlich um das zugrunde liegende Menschenbild.

Wie nevermore schon so schön gesagt hat, kann man denn Bücher aus der Nazizeit nicht ohne das Wissen ihres Kontextes lesen. Hätte es dann die Literatur eines Wolfgang Borchert, eines Stefan Zweig, eines Kurt Tucholsky so gegeben? Wahrscheinlich nicht.


Mich würde schon interessieren, wie diese Position rechtfertigt, ein gesellschaftskritisches Werk ohne Berücksichtigung der Gesellschaft, die es kritisiert, interpretieren zu wollen. Das klingt für mich gradezu absurd. Ich kann doch nicht die Erste sein, die diese Frage stellt.
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Beitragvon löweneckerchen » Do 10. Jul 2008, 17:11

Was ich meine ist, dass Bücher und Worte anders sind als Bilder. Bilder sind für mich immer Werke, ich aus großer Distanz (innerlich betrachte), zumeist sind es Einzelstücke die exklusiv nur an einem Ort zu finden sind. Das heißt, das Original hat hier eine besondern Stellenwert. Man kann sie zwar gedruckt auf Postern reproduzieren, aber an sich ist ein Bild als Einzelstück gedacht. Als Unikat. Bei Büchern besteht das "Originale" im virtuellen Werk des Autors. Seine Gedanken sind das eigentliche Kunstwerk. Diese werden dann meistens zu Papier gebracht und vervielfältigt. Als Betrachter oder Konsument kaufen wir dann das Buch, aber damit kaufen wir nie das Werk selbst. Kaufe ich ein Bild, habe ich das Werk gekauft.

Ich nehme mein Buch nach Hause und lese ... in der Badewanne, im Bett im Zug...denn ich nehme auch hier wieder nur das virtuelle Werk mit. Da es mir im Moment des Lesens aber sehr nahe ist, weil alles, was ich tue, um es zu verstehen ja in meinem Kopf passiert, ist der Bezug zu einem Buch ungleich näher.

Natürlich ist es schade, wenn Bilder nicht betrachtet werden , Musik ungehört bleibt. Aber Bilder werden sehr oft vom Künstler für den Künstler selbst gefertigt. Ich kenne viele Maler, die malen um des Malens willen, egal ob sich ihre Kunst verkauft oder ob sie jemals von jemandem gesehen wird. Das ist ja auch schön so, denn Kunst ist ja immer der Ausdruck des Künstlers. Seine Art sich auszudrücken. Aber warum sollte jemand Worte sprechen oder niederschreiben, wenn er nicht das Bedürfnis hat, dass sie gehört werden? Das kann natürlich auch einen Art zu sein, Kunst auszudrücken , eine Art Performance auf dem offenen Meer, wo man stundenlang mit dem Ozean spricht, aber das hätte dann einen anderen Hintergrund , eine andere Absicht.

Man kommt nicht so leicht auf die Idee, dem Künstler (Maler) zu sagen: "Hättest Du nicht in der linken Ecke etwas mehr karminrot verwenden sollen?" Das kommt nun auch daher, dass nicht viele Menschen wirklich malen können. Die meisten Menschen wissen das und respektieren die Ausdruckskraft des Malers.

Aber Worte... die verwenden wir täglich, grade eben tue ich es, ich schreibe... Also fällt es den Menschen auch viel leichter, zu sagen: " Den Absatz hätte ich ganz anders formuliert." Versteht man ein Bild nicht oder gefällt einem ein Bild nicht, dann sind die meisten Menschen dennoch bereit (und ich rede jetzt nicht von denen, die prinzipiell alles nieder machen müssen), es als Kunst anzuerkennen. Versteht man ein Buch nicht oder mag die Sprache nicht, fällt das schon bedeutend schwerer.

Und das ist Teil 2 meiner Antwort: Ich wünsche mir einfach, dass man Bücher zunächst auch so behandeln würde, mit "rein" meine ich nicht das Gegenteil von schmutzig sondern ich meinte es im Sinne von "unverfälscht". Das Buch an sich. Die Worte, die drin stehen, Schon der Einband ist ja möglicherweise wieder Beeinflussung. Ich weiß nicht noch, dass ich erst kürzlich in diesem einem Artikel gelesen habe, http://www.literaturkritik.de/public/re ... abe=200610, dass Sergej Lukianenko die Buchcover für seine Wächter-Bücher mit offensichtlich schrillem Design bedacht hat. Ich weiß jetzt nicht, inwieweit das zutrifft, aber der Kritiker fühlte sich beeinflusst und zwar negativ.
Dass man sich eben zunächst (eben am Anfang) völlig unbedarft mit dem Text auseinander setzt, ohne vorher 20 Kritiken gelesen zu haben, ohne die Biographie des Autor auswendig zu kennen.

Völlig richtig, und da stimme ich auch überein, dass man Hintergrundwissen braucht und Recherche und Vergleiche, ich meine halt nur, dass es schon eine Berechtigung für die Haltung gibt, ein Buch nur als das zu betrachten, was es ist. Als säße man auf einer Insel nur mit dem Buch allein. Das Buch als eigenständiges Kunstwerk. Ich hätte einfach gern etwas mehr Respekt gegenüber Büchern. Es gibt vor allem im Internet so viele selbsternannte Literaturkritiker... Oft sind aber auch die Professionellen nicht besser.... Wir sitzen auch nicht auf Inseln, schon richtig. Und ich mag auch Leute nicht, die besser wissen, was in einem Buch steht als der Autor. Und den Autor als Lügner zu bezeichnen , zeugt meiner Meinung nach nicht nur von maßloser Selbstüberschätzung, es ist einfach nur dumm. Denn genau das passiert ja dann, was man angeblich vermeiden wollte: Man überinterpretiert.

Worte sind Allgemeingut, Bilder schon auch, weil sie zur Kultur gehören, aber dennoch sind sie immer das Werk des Malers.... und bleiben es.

Das zeigt sich zum Beispiel hierbei: Würde ein Maler (vorausgesetzt er ist talentiert genug) Bilder im Stil von einem anderen berühmten Maler malen und würde er dies veröffentlichen, das Publikum , die Gesellschaft würde ihn zwar als talentierten Maler erkennen aber nicht als eigenständigen Künstler. Es gibt ja genug Beispiele...man ist sich ja bei manchen Gemälden heute noch nicht sicher, ob es sich um Originale handelt... Er bliebe "der Nachmacher", auch wenn er noch so gut "im Stile von ..." malen würde, würden seine Bilder geringschätzig betrachtet. Man akzeptiert das dann nur, wenn er selbst schon eigene Werke geschaffen hat. Meist heißt dann so eine Serie auch "Hommage an..."

In der Literatur ist das anders. Es gibt haufenweise Bücher, die sich an Epochen, an andere Kulturen, Schreibstile anpassen auch von berühmten Schriftstellern. Dennoch wird diese Literatur als eigenständig und hochwertig begriffen. Was hier passiert, wünsche ich mir einfach auch für die Art, mit Büchern generell umzugehen.
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