Was ich meine ist, dass Bücher und Worte anders sind als Bilder. Bilder sind für mich immer Werke, ich aus großer Distanz (innerlich betrachte), zumeist sind es Einzelstücke die exklusiv nur an einem Ort zu finden sind. Das heißt, das Original hat hier eine besondern Stellenwert. Man kann sie zwar gedruckt auf Postern reproduzieren, aber an sich ist ein Bild als Einzelstück gedacht. Als Unikat. Bei Büchern besteht das "Originale" im virtuellen Werk des Autors. Seine Gedanken sind das eigentliche Kunstwerk. Diese werden dann meistens zu Papier gebracht und vervielfältigt. Als Betrachter oder Konsument kaufen wir dann das Buch, aber damit kaufen wir nie das Werk selbst. Kaufe ich ein Bild, habe ich das Werk gekauft.
Ich nehme mein Buch nach Hause und lese ... in der Badewanne, im Bett im Zug...denn ich nehme auch hier wieder nur das virtuelle Werk mit. Da es mir im Moment des Lesens aber sehr nahe ist, weil alles, was ich tue, um es zu verstehen ja in meinem Kopf passiert, ist der Bezug zu einem Buch ungleich näher.
Natürlich ist es schade, wenn Bilder nicht betrachtet werden , Musik ungehört bleibt. Aber Bilder werden sehr oft vom Künstler für den Künstler selbst gefertigt. Ich kenne viele Maler, die malen um des Malens willen, egal ob sich ihre Kunst verkauft oder ob sie jemals von jemandem gesehen wird. Das ist ja auch schön so, denn Kunst ist ja immer der Ausdruck des Künstlers. Seine Art sich auszudrücken. Aber warum sollte jemand Worte sprechen oder niederschreiben, wenn er nicht das Bedürfnis hat, dass sie gehört werden? Das kann natürlich auch einen Art zu sein, Kunst auszudrücken , eine Art Performance auf dem offenen Meer, wo man stundenlang mit dem Ozean spricht, aber das hätte dann einen anderen Hintergrund , eine andere Absicht.
Man kommt nicht so leicht auf die Idee, dem Künstler (Maler) zu sagen: "Hättest Du nicht in der linken Ecke etwas mehr karminrot verwenden sollen?" Das kommt nun auch daher, dass nicht viele Menschen wirklich malen können. Die meisten Menschen wissen das und respektieren die Ausdruckskraft des Malers.
Aber Worte... die verwenden wir täglich, grade eben tue ich es, ich schreibe... Also fällt es den Menschen auch viel leichter, zu sagen: " Den Absatz hätte ich ganz anders formuliert." Versteht man ein Bild nicht oder gefällt einem ein Bild nicht, dann sind die meisten Menschen dennoch bereit (und ich rede jetzt nicht von denen, die prinzipiell alles nieder machen müssen), es als Kunst anzuerkennen. Versteht man ein Buch nicht oder mag die Sprache nicht, fällt das schon bedeutend schwerer.
Und das ist Teil 2 meiner Antwort: Ich wünsche mir einfach, dass man Bücher zunächst auch so behandeln würde, mit "rein" meine ich nicht das Gegenteil von schmutzig sondern ich meinte es im Sinne von "unverfälscht". Das Buch an sich. Die Worte, die drin stehen, Schon der Einband ist ja möglicherweise wieder Beeinflussung. Ich weiß nicht noch, dass ich erst kürzlich in diesem einem Artikel gelesen habe,
http://www.literaturkritik.de/public/re ... abe=200610, dass Sergej Lukianenko die Buchcover für seine Wächter-Bücher mit offensichtlich schrillem Design bedacht hat. Ich weiß jetzt nicht, inwieweit das zutrifft, aber der Kritiker fühlte sich beeinflusst und zwar negativ.
Dass man sich eben zunächst (eben am Anfang) völlig unbedarft mit dem Text auseinander setzt, ohne vorher 20 Kritiken gelesen zu haben, ohne die Biographie des Autor auswendig zu kennen.
Völlig richtig, und da stimme ich auch überein, dass man Hintergrundwissen braucht und Recherche und Vergleiche, ich meine halt nur, dass es schon eine Berechtigung für die Haltung gibt, ein Buch nur als das zu betrachten, was es ist. Als säße man auf einer Insel nur mit dem Buch allein. Das Buch als eigenständiges Kunstwerk. Ich hätte einfach gern etwas mehr Respekt gegenüber Büchern. Es gibt vor allem im Internet so viele selbsternannte Literaturkritiker... Oft sind aber auch die Professionellen nicht besser.... Wir sitzen auch nicht auf Inseln, schon richtig. Und ich mag auch Leute nicht, die besser wissen, was in einem Buch steht als der Autor. Und den Autor als Lügner zu bezeichnen , zeugt meiner Meinung nach nicht nur von maßloser Selbstüberschätzung, es ist einfach nur dumm. Denn genau das passiert ja dann, was man angeblich vermeiden wollte: Man überinterpretiert.
Worte sind Allgemeingut, Bilder schon auch, weil sie zur Kultur gehören, aber dennoch sind sie immer das Werk des Malers.... und bleiben es.
Das zeigt sich zum Beispiel hierbei: Würde ein Maler (vorausgesetzt er ist talentiert genug) Bilder im Stil von einem anderen berühmten Maler malen und würde er dies veröffentlichen, das Publikum , die Gesellschaft würde ihn zwar als talentierten Maler erkennen aber nicht als eigenständigen Künstler. Es gibt ja genug Beispiele...man ist sich ja bei manchen Gemälden heute noch nicht sicher, ob es sich um Originale handelt... Er bliebe "der Nachmacher", auch wenn er noch so gut "im Stile von ..." malen würde, würden seine Bilder geringschätzig betrachtet. Man akzeptiert das dann nur, wenn er selbst schon eigene Werke geschaffen hat. Meist heißt dann so eine Serie auch "Hommage an..."
In der Literatur ist das anders. Es gibt haufenweise Bücher, die sich an Epochen, an andere Kulturen, Schreibstile anpassen auch von berühmten Schriftstellern. Dennoch wird diese Literatur als eigenständig und hochwertig begriffen. Was hier passiert, wünsche ich mir einfach auch für die Art, mit Büchern generell umzugehen.