Re: A Game of Thrones
von Bernhard Nowak » Sa 30. Mai 2015, 11:49
Review zu Folge 7 Staffel 5:
Ja, ich nenne das, was jetzt folgt, einfach mal ein Review, wobei ich zugebe, nach wie vor mich an Eindrücken zu orientieren und ich werde keinesfalls formal Szene für Szene "abharken".
Zunächst halte ich es für das wichtigste Ereignis dieser Folge der Staffel 5, dass - im Gegensatz zur literarischen Vorlage - Tyrion sich Daenerys zu erkennen gibt. Er ist das "Geschenk" (Serientitel: The gift) welches Sir Jorah Mormont Daenerys Targaryen überreicht. Ob er die Rolle Quentins oder die von Sir Barristan Selmy nach Daenerys Drachenflucht (vermutlich in Episode 9) übernehmen wird, ist sicherlich die spannende Frage, die sich hier stellt. Auch Jorah Mormont gibt sich Daenerys zu erkennen, doch er findet (zunächst) bei ihr keine Gnade. Was bedeutet dies: dies bedeutet für mich, dass Tyrion möglicherweise den Part von Quentyn Martell in der literarischen Vorlage übernehmen könnte und die Drachen Viserion und Rhaegar befreit. Oder Jorah Mormont übernimmt diesen Teil, stirbt dabei und Tyrion "übernimmt" die Rolle von Sir Baristan Selmy. Wir werden es sehen. Tyrions Eloquenz konnten wir schon zuvor bewundern, als er als Sklave verkauft wurde und alles daran setzte, dass er mit Jorah Mormont zusammen verkauft wurde. Hier halten sich die Autoren in etwa an die Buchvorlage, wenn auch - leider - die Zwergin Hella ebenso fehlt wie ihre Tiere. Ich bin sehr gespannt, wie sich Daenerys und Tyrion miteinander arrangieren werden. Ich finde es auch gut, dass Tyrion jetzt - im Gegensatz zur literarischen Vorlage - in Meereen angekommen ist. Zu viele Handlungsstränge "stagnieren", dieser hier aber nicht. Auch die Kampfszenen von Sir Jorah in der Arena sind "erste Sahne" und gut gemacht. Noch ein Wort zu Hyzdar: im Gegensatz zur literarischen Vorlage finde ich ihn durchaus sympathisch und auch ehrlich. Natürlich weiß man nicht - auch nicht beim derzeitigen Stand des Buchwissens - inwieweit er der "heimliche" Anführer der Söhne der Harpyrie ist, allerdings wirkt er ruhig und besonnen. Im Gegensatz zu Daario ist er eine Persönlichkeit, die in sich zu ruhen scheint. Kurz noch zur Bettszene von Daario und Daenerys: ja, sie ist nicht nötig, aber sie zeigt doch Daenerys als Frau und nicht nur als Königin. Bei der Liebe, die sie Daario entgegenbringt, erscheint ihr Opfer, sich aus politischen Gründen mit Hyzdaar zu vermählen, groß. Sie erkennt, dass sie eben nicht nur gefürchtet werden darf, um eine dauerhafte stabile Herrschaft in Meereen zu etablieren, sie muss auch integrieren und Traditionen achten. Dies tut sie. Daenerys Targaryen gefällt mir - auch durch die Schauspielkunst Emilia Clarkes - in dieser Staffel sehr sehr gut - besser als in allen Staffeln zuvor.
Zu Winterfell:
Ich hatte erwartet, dass Sansa in dieser Folge entweder aus Winterfell fliehen oder Ramsey Snow umbringen (lassen) würde. So weit ist die Folge noch nicht. Sansa fleht zwar Theon um Hilfe an, den sie bei seinem wirklichen Namen nennt. Doch er verrät Sansa an Ramsey Bolton, der zur Strafe für Sansas Pläne die alte Dienerin, die Sansa in den vorherigen Folgen Trost gespendet hatte, häuten und töten lässt. Er hat noch nicht einmal Skrupel, Sansa die Leiche der alten Frau zu zeigen. Ein perverser Sadist, mehr kann man dazu nicht sagen. Doch Sansa scheint durch ihre Vergewaltigung nicht gebrochen zu sein; sie erinnert Ramsey an seine - durch die Schwangerschaft seiner Schwiegermutter in Zukunft möglicherweise - bedrohte Stellung, was Ramsey mit Hinweis auf die offizielle Anerkennung als Erbe durch seinen Vater zurückweist. Aber welche Auswirkungen Sansas Worte haben, können wir nur ahnen. Auch, welchen Plan sie verfolgt (offensichtlich will sie Vater und Sohn Bolton gegeneinander aufbringen), wird m.E. nur in Umrissen klar.
Mittlerweile habe ich hier "meine" Theorie entwickelt, die aber spekulativ ist und durchaus falsch sein kann: ich glaube, dass die Serienmacher hier eine drastischere Wendung als in der literarischen Vorlage planen: ich meine gesehen zu haben, dass Sansa eine Waffe in ihren Besitz nimmt - um sich zu verteidigen. Nicht umsonst sagt sie ja zur Geliebten Ramseys, Winterfell sei ihr Zuhause, man könne sie nicht erschrecken. Sie wird ihr Zuhause mit Zähnen und Klauen verteidigen. Wenn der grausame Anblick der gehäuteten alten Magd nicht Theon dazu bringt, seine sklavische Ergebenheit gegenüber Ramsey aufzugeben, wird Sansa selber handeln: sie wird sich mit ihrer Flucht von ihrem Zuhause nicht zufriedengeben und zumindest versuchen, Ramsey Bolton zu töten oder Theon dazu zu bringen, dies zu tun. Warum wird Ramseys Grausamkeit seit Staffel 2 so überbetont, nimmt so viel (kostbare) Sendezeit in Anspruch? Wenn dies nicht nur "Quotengrausamkeit" sein soll, dann muss dies einen Sinn im Rahmen der gegebenen Handlung haben: und dies kann nur sein, Sansa aktiv werden zu lassen. Sansa werde etwas "Unerwartetes" tun, ließ Autor George R.R. Martin verlauten. Einen Mord begehen oder begehen lassen? Die gehäutete Magd mag der "letzte" Tropfen sein (für Sansa oder/und für Theon), endlich ihre lähmende Passivität zu überwinden und aktiv zu werden: durch einen Mord. Eine Flucht wie in der literarischen Vorlage erscheint mir hier "zu wenig": wofür wird Ramseys Grausamkeit so betont, er - neben Joffrey - zu "der" Hassfigur der Serie? Wie kann man eine "passive" Sansa verhindern, denn dies wäre als Charakterentwicklung total enttäuschend, nachdem Sansa aktiver wurde und zu "dark Sansa" wurde. Soll dies alles wieder aufgegeben und die Ereignisse zwischen Sansa und Joffrey aus Staffel 1 und 2 lediglich wiederholt werden? Dann hätten die Winterfell-Szenen wirklich einen rein redundanten Charakter und wären nutzlos und lediglich "quotengrausam"; ein Vorwurf, mit dem die Macher der Serie spätestens seit dem Finale der Folge 6 sowieso leben müssen. Soweit also meine Theorie. Inwieweit dann auch Brienne und Podrick eingreifen, Sansa retten oder bei ihren Plänen unterstützen werden, bleibt eine offene Frage. Bisher ereignet sich lediglich dies:
Brienne wartet vergeblich auf ein Lichtzeichen, welches ihr ein Signal gibt, Sansa zu befreien. Ihre zukünftige Rolle bleibt zunächst unklar, der Plot entfernt sich hier ja sehr von der Buchvorlage. Ob diese Szenen also redundant sind oder Stagnation bedeuten, wird sich noch erweisen. Wenn meine obige Theorie zutreffen sollte, dann wären sie ein Präludium für einen - zumindest versuchten - Mord, denn Flucht wäre nach den Hinweisen und Andeutungen einfach zu wenig. Eine Jeyne Pool hat Winterfell nicht als Heimat betrachtet, auch keinen Grund, sie zu verteidigen. Sansa allerdings wird in ihrer Heimat gequält: der Wunsch, die verbrecherischen Eindringlinge zu vertreiben und sich zu rächen - und sei es durch Mord - ist m.E. in ihr übermächtig. Es würde auch zu ihrer Charakterentwicklung passen: "dark Sansa". Wozu wurde diese Entwicklung in der Serie - Sophie Turner spielt herausragend - angefangen, wenn sie nicht weitergeführt wird?
Nein, hier wird unheimliche Spannung aufgebaut - und bis ich vom Gegenteil überzeugt werde, bleibe ich daher optimistisch: die Szenen - klar, ich hatte zunächst auch in dieser Folge schon "mehr" in Winterfell erwartet - bieten suspense vom feinsten: warten wir die weiteren Entwicklungen einfach ab.
Zu Dorne:
Der - aus meiner Sicht weiterhin - schwächste Teil der ganzen Staffel besteht letztlich aus zwei Hauptszenen: Jaime schafft es nicht, Myrcella dazu zu bringen, nach King`s Landing zurückzukehren, denn sie liebt Tristan, ihren Verlobten und denkt nicht dran, nach Cerseis und Jaimes Pfeife zu tanzen. Jaimes Reise nach Dorne war also überflüssig. Wer hätte das gedacht? Wenn nicht sein Treffen mit Fürst Doran noch Spannung bringt, dann kann man den Dorne-Strang m.E. in dieser Staffel "abharken". So krass und deutlich muss man es sagen. Bei mir herrscht diesbezüglich bislang reine Enttäuschung vor. Aber die erste Szene ist ja noch halbwegs erträglich. Was dann folgt, hat den Charakter einer Seifenoper: In einer weiteren Zelle beginnt eine Unterhaltung zwischen Bronn, der durch das Gift des Speeres von Tyenne, einer der Sandsnakes, dem Tode nahe ist und Tyenne. Passenderweise sind die "Sandsnakes" und Bronn nebeneinander eingekerkert und können miteinander kommunizieren. Tyenne erklärt Bronn hönisch, ihr Speer sei vergiftet und Bronn dem Tode geweiht. Aber jetzt kommt die Überraschung: sie ist von Bronn so fasziniert oder in ihn verliebt, dass sie bereit zu sein scheint, Bronn ein Gegengift zu verabreichen und sein Leben zu retten, falls er sie als die schönste Frau in Dorne bezeichnet, was er dann auch tut. Tja, ich sagte ja: Seifenoper pur und mein diesbezüglicher Eindruck hat sich hier nicht geändert. Einer der schwächsten Momente nicht nur dieser Staffel, sondern der gesamten Serie.
Zur Wall:
Aemon Targaryen stirbt an Alterschwäche, bis zuletzt umsorgt von Sam, der auch dessen Beisetzung leitet. Wie Sir Alyser Thorne ironisch feststellt, hat Sam nun alle seine Freunde auf der Mauer verloren (in der Folge versuchen zwei seiner Kameraden, Goldy zu vergewaltigen und Sam wird bei dem Versuch, ihr zu helfen, verletzt. Doch Ghost, Jons an der Wall verbliebener Schattenwolf, greift ein. Wir wissen aus der Buchvorlage, dass bei Jons Tod Ghost eingesperrt ist - wegen eines Ebers, der durch die Wildlinge ins Lager gebracht wurde. Die Frage ist, ob Sam nach diesen Ereignissen an der Wall bleiben und so Zeuge von dem Attentat auf Jon werden oder nach den Ereignissen - möglicherweise mit "Ghost" - nach Oldtown aufbrechen wird um dort "Master" zu werden. Wir werden es ja in der nächsten Folge sehen. Hier deute ich Ghosts Auftauchen (wie rechtzeitig er immer zur Stelle ist) als diskreten Hinweis der Macher darauf, was folgen könnte (und wie Buchleser wissen, ja auch wird), wenn er nicht rechtzeitig zur Stelle ist, seine Freunde und seinen Herrn zu retten. Düstere Aussichten für Jon in der nächsten Staffel. Unschwer zu prognostizieren, was der Cliffhanger von Staffel 8 werden dürfte: Jons Tod. Doch ich greife vor. In aller Deutlichkeit ist bei diesen Ereignissen die Frage angebracht, warum die Serie mal wieder nicht ohne Vergewaltigungen oder versuchte Vergewaltigungen auskommt. Und hier wird Goldy nicht nur versuchsweise vergewaltigt, sie bittet, nachdem Sam verletzt und die Vergewaltiger durch Ghost vertrieben worden sind, noch um Sex mit Sam. Was haben sich die Serienmacher dabei nur gedacht? Besonders nach den Protesten in Folge 3 Staffel 4 und der Vergewaltigung von Sansa in der vorherigen Folge? Ich verstehe dies nicht und dies geht nicht nur mir so. Ein starker Minuspunkt der Folge, weshalb ich auch in der 5-Punkte-Wertung einen Punkt abziehe.
Allerdings bewirkt die Szene etwas: sie zeigt den Hass der Männer der Nachtwache, die keine Einheit und eingeschworene Kamaradschaft mehr bilden, sondern in unterschiedliche Fraktionen zerfallen sind: die Atmosphäre voll knisternder Spannung ist buchstäblich greifbar: keine guten Aussichten für Sam und Jon in naher Zukunft. Und dies wird - ich erwähnte es schon - Sam ja durch Alyser Thorne genüsslich unter die Nase gerieben. Sam hat - dies wird an diesen Szenen deutlich - nach dem Tode seines Mentors Aeron Targaryen keinen Freund mehr: Jon Snow ist schon nach Hartheim aufgebrochen, nicht ohne eine Auseinandersetzung mit Sir Alyser Thorne zu haben, der das Vorhaben Jons, sich mit den Wildlingen zu vereinen, als Verbrechen gegen die im Kampf gegen die Wildlinge gefallenen Mitglieder der Wache bezeichnet. Eingeblendet wird auch der Knappe Olli, der ja schon in der vorletzten Folge deswegen von Jons ergebenem Freund (man erinnere sich: er tötete Ygritte)k zu seinem erbittertsten Feind wurde. Ich vermutete schon damals und tue dies jetzt wieder: er wird wohl in der nächsten Folge "Hartheim" den entscheidenden Dolchstoß gegen Jon führen und ihn töten (wobei wir ja noch nicht wissen, ob Jon nicht doch in irgendeiner Form überleben wird).
Zu Stannis:
Er bricht - entgegen den Warnungen von Davos, der ihn - entgegen der Vorlage - hier begleitet, zum Kampf gegen die Boltons in Winterfell auf. Auch wenn er verliere, so sagt Stannis, er müsse jetzt aufbrechen, sonst gäbe es keine Gelegenheit mehr, den Sieg zu erringen. Melisandre fordert von Stannis die Opferung seiner eigenen Tochter, in der Königsblut fließt, was Stannis ablehnt. Wir hatten die Verbundenheit zu seiner Tochter als - vorbereitende - Szene in der vorherigen Folge erlebt. Jetzt sehen wir die Auswirkungen davon: er entfremdet sich von Melisandre, der er befiehlt, den Raum zu verlassen. Ob Stannis auch bei Niederlagen hier fest bleibt? EIn Interview mit dem Darsteller von Sir Davos mit den "Serienjunkies" stimmt nicht gerade hoffnungsvoll. Dennoch wissen wir noch nicht,zu welchen Konsequenzen Melisandres Vorschlag führen wird. In jedem Fall ist die Tatsache, dass - entgegen der Buchvorlage - Melisandre und Sir Davos als "Antipoden" Stannis auf seinem Zug nach Winterfell begleiten, eine Änderung gegenüber den Büchern, die ich begrüße. Hier ist "Spannung pur" garantiert. Für mich ist diese Entfremdung zwischen Stannis und Melisandre, die in der Buchvorlage ja so nicht vorkommt, ein wichtiges - für " Stannis Zukunft (und Charakterentwicklung) möglicherweise sogar entscheidendes - Ereignis . Von "Stagnation" kann also auch hier keine Rede sein, weshalb ich diese Folge trotz der obigen Kritik an Dorne und der Vergewaltigungsszene an der Mauer mit 4 Punkten bewerte. An diese Stelle übrigens noch eine Bemerkung zu Melisandre: in den Büchern wird ihr ein eigenes POV-Kapitel gewidmet und Ghost mag sie auf Anhieb. Dies spricht zunächst - in den Büchern - eher "für" sie (es sei denn, Ghost hat sie verhext). In der Serie ist sie aber eine pure Fanatikerin, wie der "High Sparrow" in Winterfell und deshalb ist sie - wie Sir Davos sagt - "dangerous", gefährlich und böse. Keine Spur der Mehrdimeinsonalität; sie ist in der Serie - im Gegensatz zu den Büchern - kein "grauer" Charakter, sondern m.E. durch und durch böse. A pros pros Fanatiker: ich nehme diese Betrachtungen zum Anlass, gleich zu "Winterfell" überzugehen und den dortigen Ereignissen. Die Szenen in Winterfell gehören zu den stärksten und besten dieser Folge - auch, was die Dialoge etwa zwischen der "Dornenkönign" und dem "High Sparros" angeht und auch dies hat mich zu der relativ hohen Punktzahl für diese Folge veranlasst.
King`s Landing:
Tommen, der ja bei der Verhaftung von Margery und auch in den Folgen zuvor sich als sehr schwacher König erwiesen hatte, verlangt von seiner Mutter ultimativ, alles zur Freilassung seiner Gattin zu unternehmen (endlich scheint er aktiver zu werden und dies finde ich auf jeden Fall gut). Nach heftiger Diskussion mit seiner Mutter erklärt Cersei sich bereit, an seiner Stelle mit dem Hohen Septon zu sprechen, um die Freilassung Margerys zu erreichen. Cersei will letzteres natürlich verhindern, aber die Liebe zu ihrem Sohn scheint echt zu sein. Lena Headley spielt hier großartig. Sie befindet sich im Zwiespalt: wie kann sie Margery schaden ohne die Liebe ihres Sohnes zu verlieren? Großartige Darstellung Lena Headleys, man muss sie sich einfach anschauen. Die kurze Begegnung mit Margery, die sie hasst und nicht in ihrer Zelle sehen will, entsprechen der literarischen Vorlage. Dies gilt auch für Cerseis Begegnung mit dem Hohen Spatzen. Im Gegensatz zur literarischen Vorlage hat sie in der Serie aber aktiver dafür gesorgt, dass der Hohe Spatz dort sitzt, wo er sitzt und so hat Cersei die Falle, in die sie gerät, sich hier selber durch ihr eigenes Handeln - der Billigung des Machtwechsels an der Kirchenspitze - selber zuzuschreiben. Sie hatte den neuen Hohen Septon für ihre Ziele einspannen und manipulieren wollen und überhaupt keine Menschenkenntnis besessen; sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand rein altruistisch agieren und sich dabei fanatisch an seinem eigenen Glauben orientieren werde. Kurz: sie hatte den High Sparrow als Machtfaktor (the many and the few) sträflich unterschätzt. Nun hat sie die Folgen ihres Handelns zu tragen: die Hartnäckigkeit, ja die fanatische Sturheit des High Sparrows, für den Cersei alles Böse in King`s Landing verkörpert, ja sozusagen die "Sünde" selbst, führt für sie ins Gefängnis. Nicht zu vergessen: an der Sturheit des Hohen Spatzen war ja schon kurz zuvor die "Dornenkönigin" trotz Drohungen, die Unterstützung der Tyrells für King`s Landing mit Lebensmitteln einzustellen, gescheitert. Der High Septon dachte nicht daran, Lady Olenna nachzugeben und ihre Tochter und Sir Loras freizulassen. "You won`t dictate me what to do", schleuderte er der alten Dame ins Gesicht. So scheiterten beide Strippenzieher, Cersei und Lady Olenna, an der Hartnäckigkeit und dem Fanatismus des Hohen Septon. Wie in der Buchvorlage lässt der Hohe Septon aufgrund der Anschuldigungen von Sir Loras und Lancel nun auch Cersei verhaften, die zwar tobt, aber - letzte Szene - in eine einsame Zelle gesperrt wird und nun macht- und wehrlos ist. Die Schauspielkunst von Jonathan Pryce ist phänomenal: gab er in seinen ersten Auftritten sich als gutmütiger Mensch, zeigt sich nun die Gefährlichkeit seines religiösen Fanatismus - genauso wie der von Lady Melisandre kurz zuvor bei Stannis.
Etwas Wasser muss ich aber in die Winterfell-Episoden gießen:
1.) Enttäuschend bleiben für mich die Auftritte der "Dornenkönigin", die - im Gegensatz zur vorherigen Staffel - zur Passivität verdammt scheint, auch wenn sie dem Gespräch mit Littlefinger, den sie persönlich wohl verabscheut, entnimmt, dass auch sie ihr "Geschenk", ihr "Gift" erhalten wird: die Verhaftung Cerseis - was ja dann auch geschieht. Was war die Dornenkönigin in Staffel 4 so dynamisch und aktiv. Alles wie weggeblasen.
2.) Littlefinger: kann mir jemand erklären, warum er sich nach seiner Flucht mit Sansa überhaupt nach King`s Landing begibt? Ich hatte ja vermutet, Cersei locke ihn dorthin, um ihn für seine Mitwirkung an Sansas Befreiung verhaften zu lassen. Doch schon in Folge 6 stellt sich heraus: er hat in King`s Landing nichts zu befürchten; er trinkt Tee mit Cersei, die ihm letztlich nicht verübelt, dass Sansa mit seiner Hilfe in Winterfell gelandet ist und jetzt plaudert er munter mit der Dornenkönign. So geistreich diese Dialoge auch sind (sie zeigen den Machthunger und Ehrgeiz von Littlefinger), so unwahrscheinlich ist es doch, dass sein früheres Handeln ohne Konsequenzen, sprich: Verhaftung und Prozess, bleibt. Hier hat sich George R.R. Martin m.E. die bessere Variante ausgedacht: dass in den Büchern Littlefinger eben noch auf der Ayre bleibt. Denn sein Machthunger macht ihm doch nur Feinde: Was soll Sansa denken, die er nach Winterfell verfrachtet und dort im Stich gelassen hat? Und wenn Cersei Sansa wirklich der Mitwisserschaft des Mordes an Joffrey verdächtigt, dann liegt es doch nahe, denjenigen, der Sansa zur Flucht verholfen hat, bei seinem Eintreffen in der Stadt verhaften zu lassen. Dies alles habe ich nicht verstanden. In dieser Hinsicht - und dies ist genauso anzumerken wie bei den Szenen in Dorne - ist mir noch nicht klar, ob die Macher mit ihrer Entscheidung, zentrale Handlungselemente der Bücher zu verändern, eine glückliche Hand hatten. Aber dies müssen wir erst noch sehen.
Fazit: Eine spannende Folge, die - mit Ausnahme der Ereignisse in Dorne, die mir nach wie vor stark missfallen - psychologisch gut gelungen ist: man denke an die Dialoge zwischen Melisandre und Stannis, Jon und Sir Alyser Thorne. Die Sterbeszene von Aemon Targaryen hat mich sehr beeindruckt und auch wenn ich mir die Ereignisse in Winterfell anders vorgestellt hatte, zeigt sich auch hier, dass "Dark Sansa" nicht gebrochen zu sein scheint. Und natürlich der Höhepunkt: die Begegnung zwischen Tyrion und Daenerys Targaryen, auf die der ganze Tyrion-Handlungsstrang in dieser Staffel wohl hinzielte. Welche Konsequenzen dies hat, wissen wir nicht: ich vermute aber nach wie vor, dass Tyrion zumindest die Rolle von Sir Barristan Selmy, möglicherweise auch von Prinz Quentin von Dorne, übernehmen wird.
Überflüssige Handlungsstränge, wie die Reise von Sam und Aemon Targaryen nach Altsass oder die Einführung zahlreicher Nebencharaktere, an der die Bücher 4 und 5 kranken, wurde vermieden. Zunächst war mir nicht klar, warum dies so war und ich vermisste auch diese Figuren am Anfang der Staffel. Jetzt muss ich aber konzedieren, dass der Plan, die Handlung zu straffen und sich auf wesentliche Orte und Charaktere zu konzentrieren, durchaus Sinn macht.
Für mich daher durchaus 4 Sterne. Den Punktabzug gebe ich wegen der Szenen in Dorne, die für mich nach wie vor "Seifenoper"-Charakter besitzen und mit denen ich nicht mehr warm werde. Auf jeden Fall ist diese Folge trotz Schwächen deutlich besser als die grausame Folge 4 und die Folge 6.
"Walder Frey is many things - but a brave man - no!"
Tyrion Lannister in "Game of Thrones", Staffel 3, Folge 10