Babylon Berlin




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Beitragvon Bernhard Nowak » So 26. Jan 2020, 11:16

Auf Sky ist die neue Staffel angelaufen: https://www.welt.de/kultur/kino/article ... olgen.html
Mir gefallen die literarischen Vorlagen von Volker Kutscher ganz gut, ich fand aber insbesondere Staffel 2 z.T. etwas verwirrend und außerdem halten sie sich kaum an die Buchvorlage. Aber man bekommt ein Gefühl für den "Tanz auf dem Vulkan" (Harry Kessler) der 1920-ger Jahre. Sky - ich habe mir extra für Staffel 3 ein Monatsabo besorgt - hat jetzt die ersten 4 der 12 Folgen von Staffel 3 online. Bislang gut, finde ich.
"Walder Frey is many things - but a brave man - no!"
Tyrion Lannister in "Game of Thrones", Staffel 3, Folge 10
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Re: Babylon Berlin

Beitragvon Bernhard Nowak » Sa 22. Feb 2020, 20:03

Gemischte Gefühle habe ich, nachdem ich heute die letzten beiden Folgen der 3. Staffel auf Sky gesehen habe. Zunächst einmal: Mit der literarischen Vorlage: "Der stumme Tod" von Volker Kutscher hat diese 3. Staffel äußerst wenig zu tun, nur der Anfang stimmt (vgl. den Artikel des Welt-Rezensenten oben). Auch die Auflösung der Mordserie ist vollkommen anders. Gut finde ich, dass im Gegensatz zu den vorherigen beiden Staffeln die Handlung durchgehend verständlich ist und sich die Abschweifungen, die es allerdings auch gibt, im Vergleich zu den Staffeln 1 und 2 in Grenzen halten. Aber - und dies ist meine Hauptenttäuschung - es fehlt vollkommen der Flair, das Atmosphärische der ersten beiden Staffeln, Höhepunkte, wie etwa das wunderbaren Lied: "Asche zu Asche, Staub zu Staub" aus Staffel 1: https://www.youtube.com/watch?v=uekZpkYf7-E

Außerdem mag ich derartige Abweichungen von Vorlagen nicht. Es ist eine ganz neue Handlung und dann sollte man dies auch sagen oder schreiben: "Nach Motiven von". Außerdem wirkt Hauptdarsteller Volker Bruch völlig uncharismatisch und neben sich. Und wenn man schon politisch bleiben will, so müssen historische Ereignisse wenigstens wahrheitsgetreu dargestellt werden. Außenminister Gustav Stresemann starb an Herzschwäche in der Nacht zum 3. Oktober 1929 nach einer Sitzung seiner Deutschen Volkspartei. Hier stirbt er während eines Gespräches mit einem seiner Hauptkonkurrenten, einem der beiden "Hauptschurken" der Staffel, der Stresemann unverhüllt droht, an Aufregung. Doch dieser Hauptschurke, Oberst Wendt, überzeugend gespielt von Benno Fühmann, holt für den sterbenden Außenminister keine Hilfe, er ist verantwortlich für den Tod. Schön für den Zuschauer, der einen Bösewicht mehr hat, aber es ist bar der historischen Realität. A pros pros Bösewichte: die Schurken: es sind 2 - sind von Anfang an erkennbar und schwarz-weiß gezeichnet, graue Charaktere, wie etwa der wunderbar gezeichnete korrpute Polizist Bruno Wolter, gibt es nicht. Ein weiteres Beispiel: Greta Overbeck (im Buch eine Freundin von Charlotte Ritter, im Film eine frühere Freundin von Charlotte Ritter, die sich von scheinbaren Kommunisten, in Wirklichkeit jedochNationalsozialisten, zum Mord am Leiter der politischen Polizei bereiterklärt) nimmt ihr Urteil zunächst an. Diese Haltung war konsequent, weil sie am Tod August Bendas und seiner kleinen Tochter, die durch eine Schreibtischbombe starben, beteiligt war. Sie hatte die Mörder aus Protest gegen den "Blutmai" von 1928, an dem sie ihren Arbeitgeber beteiligt war, ins Haus gelassen. Nun ist dies aber zu undramatisch für eine solche Serie. Also wird noch ein Anwalt eingebaut (das Vorbild hatte Hitler blamiert und dieser ließ ihn im KZ Dachau ermorden), der versucht, das Todesurteil gegen Greta Overbeck rückgängig zu machen. Sie stimmt widerstrebend zu, aber wegen der Beisetzung Stresemanns und einer Verschwörung Wendts und hoher Kreise im Justizministeriums erreicht der Aufschiebebefehl das Gefängnis zu spät, Charlotte Ritter, die parallel ins Gefängnis vordringen möchte, wird bis zur Urteilsvollstreckung sogar im Gefängnis festgehalten. Natürlich garantiert so etwas Nervenkitzel und Spannung. Aber es nimmt Greta Overbeck etwas von ihrer Größe, die moralische Schuld zu akzeptieren und so in den Tod zu gehen. Sie hätte bei ihrer früheren Ablehnung bleiben sollen. Die Zeit für den "Nervenkitzel" wäre sinnvollerfür Erklärungen anderer wichtiger Handlungsstränge verwendet worden. Längen auf der einen Seite, die dann aber auf Kosten von zentralen Elementen der Handlung gehen, die zu wenig erklärt werden (etwa, warum sich die Gattin des ermordeten Benda ausgerechnet an dessen Hauptkonkurrenten Wendt wendet und ihm das Tagebuch ihres Mannes in die Hand gibt, um damit den Polizeipräsidenten Zörgiebel zu stürzen).
Ja, die Story fasert etwas vor sich hin, wie es hier der FAZ-Korrespondent bemerkt hat: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 97457.html
Schade, an Staffel 1 und 2 kommt die Fortsetzung meines Erachtens daher nicht daran. Kurzfristige Spannungseffekte verhindern eine saubere Figurenzeichnung - finde ich - und dies ist schade. Insofern: ja, ein zwiespältiger Eindruck: keine schlechte Serie, immer noch spannend, aber dennoch abfallend gegenüber den ersten beiden Staffeln, wie ich finde.
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Re: Babylon Berlin

Beitragvon Bernhard Nowak » Sa 10. Okt 2020, 14:43

Die oben besprochene 3. Staffel läuft am morgigen Sonntag, dem 11.10.20 um 20.15 in der ARD (erste 3 Staffelfolgen).
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