Das Leben der Anderen




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Das Leben der Anderen

Beitragvon Cellmorbasg » Di 6. Okt 2009, 11:25

Wie immer, dauert es bei mir etwas länger bis ich einen Film sehe. Hype bewirkt bei mir meist das Gegenteil und drum ging die Aufmerksamkeit für diesen Film etwas an mir vorbei.

Nun habe ich ihn gestern gesehen und muss sagen, dass es ein sehr beeindruckender Film ist. Wenn man sich dann noch vor Augen hält, dass es praktisch das Erstlingswerk eines Regisseurs ist, der sich auch noch Jahre Zeit für das Drehbuch genommen hat, dann beeindruckt es umso mehr.
Sich diesem Thema filmisch zu nähren braucht schon Mut, da bisher eigentlich nur die Komödie eine Brücke zur DDR-Zeit war. ?Lache, wenn's nicht zum weinen reicht? - aber alle Verdrängung hilft nicht. Nein, sie ist sogar sehr gefährlich. Denn wenn die Verdrängung zur Gewohnheit wird, dann ist es schnell vorbei mit der Lehre die Geschichte mit sich bringt.

Es ist ein Werk, dass die Stasi vergegenwärtigt. Nicht mit Humor oder mit technisch-rechtlichem Gefasel über die Schuldfrage.
Die Anfangssequenz in Hohenschönhausen ist ein kleiner Einblick in die Taten ?der Stasi? ? aber eben immer verkörpert durch Menschen, die sich nicht scheuten andere zu verletzen.
Der Film macht ein andere DDR greifbar als die der Spreewalder Gurken.
Ich will nicht falsch verstanden werden ? gerade dieses Jahr ist die Revolution von 1989 in aller Munde und man erinnert sich gern an diese einmalige historische Stunde. Aber mir scheint, dass das ein oder andere Mal vergessen wird, wovon sich die Menschen in jenem November befreit haben und wovor sie in den Monaten zuvor zu Tausenden geflüchtet sind ? es war weit mehr als die verwehrte Lust am Reisen.

Doch der Film hat auch eine andere Seite: es ist eine Liebeserklärung an das Gute im Menschen. Bei vielen versteckt, bei manchen nicht mehr auffindbar ? doch wo immer es zum Vorschein kommt, entspringen rührseelige Geschichten.
Hier auch meine Kritik an dem Film: er übertreibt es manchmal. Die Szene im Fahrstuhl mit dem Kind war schön und auch nicht falsch, aber sie war doch ein bisschen viel. Überhaupt finde ich den Wandel von Hauptmann Wiesler doch ziemlich schnell. Sicher, er hadert den ganzen Film über ? aber zwischen diesem Hadern und dem harten Hund in der Vorlesung ist wenig. Das Hadern ist plötzlich irgendwie da ? so was ist möglich, aber hier war dieser eine entscheidene Moment für mich nicht greifbar. Das ist das Einzige was mir wirklich in dem Film fehlt.
Ansonsten lässt sich noch über das Ende philosophieren. Ich persönlich hätte nach dem Schwenk auf die Zeitung mit dem Bild von Gorbatschow geendet. Alles was danach kommt ist Emotion pur ? und nun habe ich auch nichts gegen Emotionen im Film, aber es wird hier ein bisschen hinausgezögert ? ein paar Jahre später und nochmal ein paar Jahre später und nochmal ein paar Jahre. Mir scheint Gorbatschow der geeignetere Moment gewesen zu sein (ich hatte mich auch schon aus meiner Sehposition begeben ;-)). Ich hab mir dann noch den (unzensierten) Audiokommentar von von Donnersmarck angehört und denke nun zu wissen was er wollte: er wollte nicht mit dem Bild eines gebrochenen Mannes enden der eigentlich alles verloren hat, nur weil er moralisch richtig gehandelt hat. Nein das Schlussbild soll ein guter und aufrechter Mensch sein, dessen Tat gewürdigt ist.
Nun ja, der Eindruck des hinauszögerns bleibt für mich dennoch bestehen.

Auf jeden Fall ein Film den ich nur empfehlen kann - wem die Story nichts taugt, der hätte immer noch die Freude am Spiel von Ulrich Mühe
Cellmorbasg
 
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von Anzeige » Di 6. Okt 2009, 11:25

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Beitragvon Cellmorbasg » Sa 31. Okt 2009, 11:09

Heute Abend ist der Film um 20:15 Uhr im Bayerischen Rundfunk zu sehen.
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