Akte X - Staffel 3




Alles zu Chris Carters Mystery-Serien Akte X, MillenniuM und The Lone Gunmen

Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » So 6. Jan 2019, 21:29

Folge 19, Staffel 3: "Höllengeld / Hell Money"

(Kopie von SciFi-Forum)


In San Franciscos China Town wird ein Mann in einem Krematorium lebendig verbrannt. Am Tatort wird sog. "Höllengeld" gefunden, das nach chinesischem Glauben böse Geister besänftigt. Bei ihren Ermittlungen kommen Mulder und Scully einer chinesischen Organmafia auf die Spur, die eine Lotterie mit Organen der Teilnehmer veranstaltet.

Wie @Keymaster schon schrieb, ist "Hell Money" eine der Episoden, in der übernatürliche Elemente praktisch keine Rolle spielen. Anders als z.B. in "Irresistible" sind noch nicht einmal die Motive der Täter irgendwie absonderlich, es geht schlicht um Geldgier. Hierbei werden mit dem illegalen Organhandel, der schlechten Gesundheitsversorgung der Unterschicht und den von der chinesischen Mafia ausgebeuteten Einwanderer eine Anzahl interessanter und auch sozialkritischer Themen verknüpft. Zwar wird mit dem "Höllengeld" auf einen alten chinesischen Glauben Bezug genommen, und die Ganoven posieren als Geister, aber in der Lotterie geht nichts Übersinnliches vor sich - oder man könnte es auch so sehen, dass hier ein alter spiritueller Glaube korrumpiert und missbraucht wird, um die eigentlichen - sehr materialistischen - Absichten der Lotterieveranstalter zu kaschieren.

Das Interessante hierbei ist, dass die Einwanderer nicht von irgendwem im US-amerikanischen System, sondern von ihren eigenen Landsleuten ausgebeutet werden. Die chinesische Gemeinde hat sich zu einer völlig abgeschotteten Parallelgesellschaft entwickelt, in der das FBI, repräsentiert durch Mulder und Scully, völlig wirkungslos ist. Dies ist nicht allein auf eine Sprachbarriere zurückzuführen: Auch der als Übersetzer hinzugezogene Detective Chao kann nicht wirklich zu ihr durchdringen. "You might see the face of a Chinese man here but let me tell you something -- they don't see the same face. They see the face of a cop... American-born Chinese, ABC. To them, I’m just as white as you are. [...] what good is an interpreter when everyone speaks the language of silence?" Mulder und Scully brauchen in dieser Episode keine Außerirdischen, um sich als völlig Fremde zu fühlen. Es gelingt den Agenten am Ende auch nicht, den Rädelsführer zur Verantwortung zu ziehen - das FBI hat in der chinesischen Gemeinschaft keine Autorität. Als der durch die ganze Episode in seinen Loyalitäten zwischen den Stühlen sitzende Chao schließlich eine Entscheidung trifft und sich gegen die Lotteriebetreiber stellt, bezahlt er das mit seinem Leben.

"Hell Money" ist eine sehr deprimierende Episode. Die Vorstellung einer Bande von Organhändlern, die eine Lotterie um Organe betreiben, ist eine Horrorvision, und dass Chao völlig umsonst starb und nichts erreicht werden konnte, ist selbst für Akte X ein äußerst düsteres Ende. Dass streckenweise auf Untertitel verzichtet wurde, unterstreicht die Fremdartigkeit der chinesischen Parallelgesellschaft. Mit Lucy Lui ist hier eine später sehr bekannt gewordene Schauspielerin in sehr jungen Jahren zu sehen; sie zeigt als die leukämiekranke Kim eine gute Performance. Obwohl die Episode größtenteils spannend ist, fehlt auch mir hier etwas das X-Element - oder zumindest ein außergewöhnlicher Täter. "Hell Money" könnte eigentlich auch aus einer anderen Krimiserie stammen - es gibt keine übernatürlichen Elemente, keinen Zusammenhang mit dem übergreifenden Handlungsbogen, es spielen auch weder Mulder noch Scully hier irgendeine besondere Rolle, und sie sind zudem noch ineffektiv. Insgesamt hat mich die Episode, obwohl handwerklich nicht schlecht gemacht, nicht wirklich überzeugt. Ich gebe drei getrocknete Frösche dafür.
nevermore
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Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » So 13. Jan 2019, 17:06

Folge 20, Staffel 3: "Andere Wahrheiten / José Chung's 'From Outer Space'"

(Kopie von SciFi-Forum)


Autor José Chung interviewt Dana Scully für ein geplantes Buch über Entführungen durch Außerirdische. Scully erzählt ihm von ihrem letzten Fall, in dem ein Teenager-Pärchen von angeblichen Außerirdischen entführt wurde, und wird von Chung mit mehreren unterschiedlichen Versionen dieser Geschichte, die von verschiedenen Protagonisten erzählt werden, konfrontiert.

Darin Morgans Drehbücher nahmen schon immer in einer Art Meta-Kommentar zentrale Elemente der X-Akten in subversiver Weise aufs Korn. So stellte "Humbug" die Prämisse, dass Mutanten und Monster etwas Abnormes und Bedrohliches seien, auf den Kopf, indem die Bewohner der Zirkusgemeinde als funktionierende Gemeinschaft und Mulder und Scully als die Sonderlinge dargestellt wurden. "Clyde Bruckman's Final Repose" thematisierte die tragischen Folgen einer unerwünschten paranormalen Begabung, und in "War of the Coprophages" schließlich dekonstruierte Morgan Mulders Glauben an intelligente Außerirdische und stellte in humorvoller Weise die Folgen von Massenparanoia angesichts einer Invasion durch Kakerlaken dar.

"José Chung's 'From Outer Space'" treibt diesen subversiven Umgang mit der eigenen Serie auf die Spitze, indem die Episode den Kern von Akte X in Frage stellt - nämlich die Tagline "The Truth is Out There". Es geht in der Folge darum, ob es eine solche Wahrheit gibt oder überhaupt geben kann. Gleich im ersten Akt der Episode wird dies in einem Dialog zwischen Scully und Chung thematisiert: "Well... just as long as you're attempting to record the truth." - "Oh, God, no. How can I possibly do that?". (In einem älteren Interview sagte Morgan über Mulder: "He's presented as the seeker of the truth, and to me such people are always somewhat ridiculous.")

Die Episode verwendet die Technik des "verrückten Erzählers": Ein Protagonist mit zweifelhafter Glaubwürdigkeit, der Berichte von anderen zu einer eigenen Erzählung verarbeitet. Der Außerirdische Lord Kinbote ist benannt nach der Hauptfigur in einem Werk von Vladimir Nabokov, "Pale Fire", das ebenfalls diese Technik verwendet: Es geht um ein Gedicht von einem fiktiven Charakter namens John Shade, das von einem anderen fiktiven Charakter, Charles Kinbote, herausgegeben und kommentiert wird. Kinbote ist verrückt und hält sich für einen ins Exil verbannten Lord, außerdem ist er vermutlich der Mörder von Shade. Hier übernimmt Chung die Rolle des verrückten bzw. zweifelhaften Erzählers: Wie er Scully sagt, interessiert ihn das Thema eigentlich gar nicht; sein eigentliches Motiv, das Buch zu schreiben, ist die Aussicht auf einen Bestseller und damit auf schnelles Geld.

Der Kern der Geschichte von "José Chung's 'From Outer Space'" ist recht einfach. Zwei Teenager werden von vermeintlichen Aliens aufgegriffen, die dann wiederum von einem anderen Alien entführt werden. Das alles wird beobachtet von einem Monteur auf einem Kranlaster. Mulder und Scully werden dann zur Untersuchung hinzugezogen, was schließlich zu Scullys Interview führt.

Was folgt, ist die Erzählung der Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, die sich alle in wesentlichen Details widersprechen und von Erzähler zu Erzähler immer nur absurder zu werden scheinen. Hierbei wird jedes Klischee über Alien-Entführungen und auch Akte X selber humoristisch aufs Korn genommen, und mit dem Einfluss subjektiver Wahrnehmungen auf die Erzählung gespielt. Schon in der Eröffnungseinstellung sieht man eine Szene, die enorm an die Eingangssequenzen von Star Wars erinnert, die die Unterseite eines einfliegenden Star Destroyers zeigen. In "José Chung" glaubt man, es könne sich nur um Aufnahmen der Unterseite eines UFOs handeln; Sekunden später stellt es sich als die Unterseite der Kabine eines Montagekrans heraus.

Die Protagonisten erzählen dann, jeder aus seiner Sicht, eine Reihe zunehmend skurriler Geschichten über das Geschehen (die alle mit einer Variante des Satzes "I know how crazy this sounds..." beginnen): Das Mädchen, Chrissy, erzählt unter Hypnose erst von einer Entführung durch Außerirdische, dann durch Air Force-Offizielle, und beklagt, man habe ihre Erinnerungen gestohlen. Der Montagearbeiter Roky wird in seiner Garage von Men In Black heimgesucht, die ihm seine Beobachtungen ausreden wollen und ihn bedrohen. Ein zufälliger Zeuge namens Blaine findet eine vermeintliche außerirdische Leiche, die sich in Scullys Autopsie als verkleideter Air Force-Pilot entpuppt. Weder Roky noch Blaine erscheinen sonderlich glaubwürdig; der eine behauptet, von Lord Kinbote ins Erdinnere entführt worden zu sein, der andere will von Außerirdischen entführt werden, damit er sich keinen Job suchen muss, und hält Mulder und Scully für als Men In Black verkleidete Roboter bzw. Aliens. Ein Air Force Pilot bestätigt beim Essen mit Mulder immerhin, dass das Militär Entführungen inszeniert und Erinnerungen manipuliert, weiß aber nichts mit Sicherheit (nicht einmal über seine eigene Existenz ist er sich sicher) und wird später tot aufgefunden - zu allem Überfluss behauptet der Koch des Restaurants, dass gar kein Gespräch stattgefunden habe, sondern Mulder allein im Diner gewesen sei. Nicht einmal Scully bleibt verschont; sie hat keine Erinnerung an eine Begegnung mit den Men In Black in ihrem Motelzimmer und weiß nicht, wie Mulder in das Zimmer gekommen ist.

Die Episode ist wieder voll von Anspielungen und Seitenhieben, in denen jeder sein Fett wegbekommt. Die Entführungsszene erinnert stark an den Pilotfilm: Das Pärchen fährt im Auto auf der Landstraße, das Auto verliert die Energie, zwei Aliens, die aussehen wie die Grauen, kommen aus einem weißen Licht und die Teenager verlieren das Bewusstsein. Dann aber kommt der Twist: Es taucht ein ganz anders aussehendes Alien auf, der erwähnte Lord Kinbote, der sowohl die vermeintlichen Aliens als auch das Pärchen entführt. Beim Fundort der Leiche stößt Mulder einen mädchenhaften Kreischer aus - wie in "War of the Coprophages", als er als kleiner Junge die außerirdisch aussehende Gottesanbeterin sieht. Die Autopsie der vermeintlichen außerirdischen Leiche durch Scully wird gefilmt und durch den Hellseher Yappi (bekannt aus "Clyde Bruckman's Final Repose") im Fernsehen präsentiert - eine Anspielung auf die Fox-Ausstrahlung einer angeblichen Alien-Autopsie in den 1990ern. Blaine trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Space - Above and Beyond", der Show von Glen Morgan und James Wong. Die Schauspieler werden aufs Korn genommen: Gillian Anderson, weil ihre Haare zu rot sind, David Duchovny, weil er Mulder meist emotionslos spielt. Auch Regisseure und Netzwerk bleiben nicht verschont; Detektive Manners ist nach Kim Manners benannt, der offenbar eine Angewohnheit hatte, unflätig zu fluchen, und der Sender Fox strahlte ein falsches Autopsievideo aus und verlangte von der X-Akten-Crew, Fluchwörter aus den Drehbüchern zu entfernen.

Mit den vielen sich teils bestätigenden, teils widersprechenden Geschichten parodiert die Episode auch die verwickelte Mythologie der Serie: Vielleicht gibt es Aliens, vielleicht sind die Aliens nur verkleidete Regierungsmitarbeiter, vielleicht gibt es sowohl Aliens als auch verkleidete Regierungsmitarbeiter, vielleicht wurde alles von der Regierung erfunden, um die Öffentlichkeit zu manipulieren - man weiß es nicht. Es gipfelt darin, dass Morgan uns einen mutmaßlich als Alien verkleideten kettenrauchenden Air Force-Piloten als Entführungsopfer in einen Käfig eingesperrt präsentiert. Die übereinstimmenden Aussagen des Mädchens und des Air Force-Piloten werden dadurch diskreditiert, dass das Mädchen zuerst etwas anderes erzählt hat, während der Pilot sich nicht einmal seiner eigenen Existenz sicher ist - eine Metapher dafür, dass in der Episode keineswegs klar ist, ob er zu dem Zeitpunkt der angeblichen Aussage nicht schon tot war und das Treffen mit Mulder nicht nur in dessen Einbildung stattgefunden hat.
Im Grunde erklärt die Episode die Quintessenz der X-Akten-Mythologie: Die Regierung und das Syndikat täuschen Alien-Entführungen vor, um von ihren geheimen Militärexperimenten bzw. ihren eigenen Machenschaften v.a. im Hinblick auf Experimente mit den Ova entführter Frauen abzulenken. Es werden falsche Erinnerungen eingepflanzt und Opfer entführt, die aus verschiedenen Gründen nicht ernst genommen werden. Dahinter jedoch steht eine Verschwörung des Syndikats mit echten Außerirdischen, die selbst der Regierung unbekannt ist. Mich würde sehr interessieren, ob die Mythologie zu diesem frühen Zeitpunkt schon so weit ausgearbeitet war, ob Morgan das einfach vorhergesehen hat, oder dies Morgans Idee war, die sich die Showrunner zunutze machten. Eigentlich müsste man "José Chung's 'From Outer Space'" mit einem riesigen Spoiler Tag versehen - was man sich nur deshalb ersparen kann, weil die Episode - wie die Entführungsopfer, die die Wahrheit sagen - nicht ernst genommen wird.
Am Ende ist nur klar, dass gar nichts klar ist, und ausgerechnet Mulder sieht sich veranlasst, den Autor zu bitten, ein Buch über Entführungen durch Außerirdische nicht zu veröffentlichen, da er fürchtet, die Entführungsopfer würden dadurch diskreditiert. Als Chung auf die Veröffentlichung besteht, verdächtigt Mulder ihn, Teil des Komplotts zur Lächerlichmachung von Entführungsopfern zu sein.

Die Unmöglichkeit, die Wahrheit über die Geschehnisse in dieser Nacht herauszufinden (selbst Mulder sagt am Ende: "How the hell should I know?") impliziert, dass Mulders Suche nach der Wahrheit womöglich zum Scheitern verurteilt ist. Sie setzt die Existenz einer alleingültigen Wahrheit voraus, die - so die Implikation der Episode - gar nicht existiert. Mehr noch, mit den mehrfachen Hinweisen auf falsche Erinnerungen, die durch Hypnose eingepflanzt wurden, wird angedeutet, dass Mulders Suche eventuell selbst auf einer Lüge basiert, denn ihr Antrieb sind Mulders Erinnerungen an Samanthas Entführung aus der Regressionshypnose.

Die Episode endet entsprechend nicht mit der Aufklärung des Falls, sondern mit einer Schilderung, was die Geschehnisse für die Protagonisten bedeuten. Das entführte Mädchen wird zur Sozial- und Umweltaktivistin, der Montagearbeiter Roky schließt sich einer spirituellen Gruppe an, die im Erdinneren den Ort der Erlösung sieht, Blaine sucht weiter nach Außerirdischen, während er auf Montagearbeit geht. Scully geht weiter ihrer Arbeit nach, die nach Chung für sie ein 9 to 5 Job ist. Schließlich suggeriert Morgan, dass die eigentliche Motivation von Mulders Suche dessen Isolation und Einsamkeit ist.

"José Chung's 'From Outer Space'" ist Darin Morgans letzter Skript für die originären neun Staffeln der X-Akten (er schrieb noch zwei weitere für die Staffeln 10 und 11). Er war danach noch an "Quagmire" beteiligt, wo das Gespräch zwischen Mulder und Scully auf dem Felsen auf sein Konto geht, und taucht in "Small Potatoes" in der vierten Staffel in der Rolle des Eddie Van Blundht auf; außerdem steuerte er zwei Drehbücher zur Schwesterserie "Millenium" bei. Er verfasste nur vier Drehbücher für die originären neun Staffeln von Akte X, sein Einfluss ist jedoch auch in Folgen wie "Bad Blood" zu sehen. "José Chung" ist m.M.n. sein Meisterstück. Die Folge wird von nicht wenigen Kritikern als die beste X-Akten-Episode und eine der besten TV-Episoden überhaupt bezeichnet. Auch wenn ich mit Morgans Konstruktivismus und Existentialismus ein paar Probleme habe, kann ich mich dieser Bewertung von "José Chung's 'From Outer Space'" nur anschließen. Die Folge verbindet in einzigartiger Weise parodistischen Humor, literarische und filmische Anspielungen mit tiefsinnigen philosophischen Reflektionen und schafft es bei alledem sogar noch, einen Bogen zur Mythologie der Serie zu schlagen.Ich gebe sieben von sechs zigarettenrauchenden Aliens dafür.
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Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » Do 17. Jan 2019, 17:54

Folge 21, Staffel 3: "Heimsuchung / Avatar"

(Kopie von SciFi-Forum)


Nachdem seine Frau die Scheidungspapiere eingerecht hat, trifft Walter Skinner in einer Bar eine Frau und verbringt mit ihr die Nacht. Am nächsten Morgen findet er die Frau erwürgt in seinem Bett vor. Er erinnert sich nicht, was passiert ist, berichtet aber von einer alten Frau, die er immer wieder sieht und die auch in Alpträumen auftaucht.

"Avatar" ist die erste Episode der X-Akten, die einen der Nebencharaktere ins Zentrum der Handlung stellt. Skinner ist hierfür eine gute Wahl, da er mittlerweile eine wichtige Rolle einnimmt, und vor allem in den letzten Episoden so einiges hinter sich hat: Erst wird er von Mulder, dann von einer jungen FBI-Agentin verprügelt, und im "Piper Maru"-Zweiteiler wird er sogar Opfer eines Attentats. Dennoch ist er immer noch der große Unbekannte, über dessen Loyalitäten man sich das eine oder andere Mal nicht sicher war. Von der Person Skinner wusste man sehr wenig; dass er im Vietnam-Krieg war, wurde einmal kurz angesprochen, aber selbst Mulder und Scully sind überrascht, herauszufinden, dass er verheiratet ist. "He never told us."

Skinner erzählt von seinem Konflikt, die schrecklichen Vorkommnisse in der Welt nicht ignorieren zu können, während er die Strukturen, in die er eingebunden ist, respektieren muss. Dies zieht sich bis in sein Familienleben hindurch: "Some of the things I've seen - the violence and the lies that I've witnessed men inflict on one another - I could never tell you that." Dies gilt vor allem für Taten, die von der Regierung, für die er arbeitet, begangen wurden und werden. Sein Weg ähnelt in dieser Hinsicht dem von Scully: Einmal in Mulders Arbeit hineingezogen kommen beide nicht mehr davon los. Durch seine Loyalität seinen Agenten gegenüber ist er für das Syndikat zu einem Risikofaktor geworden, den man erst durch einen fehlgeschlagenen Mordanschlag und nun durch den Versuch, ihm einen Mord anzuhängen, aus dem Verkehr ziehen will. "You remove Skinner and you weaken us." Dass das Syndikat involviert ist und dies ein Versuch ist, Skinner kaltzustellen, wird spätestens bei der Anhörung Skinners und der Befragung Scullys deutlich. Auch, dass der Raucher zuschaut, als Mulder Skinner in der Untersuchungshaft besucht, zeigt, wer da die Strippen zieht.

Wie weit das Verhältnis von Mulder und Scully zu Skinner sich entwickelt hat, zeigt sich darin, dass Mulder ihm - trotz diverser Zusammenstöße in der Vergangenheit - sofort vertraut und überzeugt ist, dass Skinner den Mord nicht begangen hat. Scully ist nicht ganz so überzeugt und hält es für möglich, dass Skinner die Frau vielleicht ohne es zu wissen im Schlaf umgebracht hat.

Wie sich herausstellt, ist Skinner seit längerem wegen schwerer Schlafstörungen und Alpträumen von einer alten Frau in psychiatischer Behandlung. Mulder hält die alte Frau, von der Skinner auch im Wachzustand schon seit seinem Dienst in Vietnam Visionen hat, für einen Succubus. Das paranormale Element in "Avatar" funktioniert auf einer symbolischen Ebene: Dass Skinner nach dem Mordanschlag unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und dieselben Visionen wie im Vietnamkrieg wieder hochkommen, ist nicht unplausibel. Im Zusammenhang mit der erwürgten Prostituierten ist der Succubus allerdings ein Irrweg; es ist bis zum Ende der Episode nicht ganz klar, wie und durch wen die Frau eigentlich zu Tode gekommen ist und wie der wahre Täter unbemerkt in Skinners Zimmer gekommen ist. Und was die phosphoriszierende Substanz um den Mund der Frau war, woher sie kam und weshalb sie verschwunden ist, bleibt auch unerklärt.

Das ist auch der wesentliche Kritikpunkt, den ich an "Avatar" habe. Was es mit der alten Frau in Skinners Visionen und Träumen sich hat - wer sie ist, was ihre Absichten sind - wird nie auch nur andeutungsweise erklärt. Einerseits verursacht sie ihm Alpträume, andererseits scheint sie ihn zu beschützen. Vermutlich war sie diejenige, die Skinner am Ende den Weg ins Hotel gewiesen hat.

Ansonsten hat mir "Avatar" gut gefallen. Sie erklärt, weswegen Skinner trotz seiner anfänglich scheinbar ablehnenden Haltung Mulders Arbeit gegenüber eigentlich relativ aufgeschlossen ist, und immer wieder für ihn und Scully eintritt. Sie ist auch ein weiteres Beispiel für die Kollateralschäden, die Mulders Suche nach der Wahrheit mit sich bringt. Ich fand die Episode sehr stimmungsvoll inszeniert (wozu hier auch Marc Snows Musik wieder einen großen Beitrag leistete) und von Mitch Pileggi hervorragend gespielt. Ich vergebe gute vier orangerote Regenmäntel dafür.
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Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » So 20. Jan 2019, 17:31

Folge 22, Staffel 3: "Der See / Quagmire"

(Kopie von SciFi-Forum)


An einem See in Georgia, um dem es Legenden über ein Seemonster gibt, häufen sich mysteriöse Todesfälle und verschwundene Menschen. Während Mulder glaubt, dass das Seemonster verantwortlich ist, hält Scully die Geschichten für Unsinn.

"Quagmire" listet Kim Newton als Drehbuchautorin, es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass der Skript von Darin Morgan massiv umgeschrieben worden ist. Die Anzeichen lassen sich durch die ganze Episode finden; so gibt es wiederkehrende Charaktere, die nur in Morgans Episoden auftauchen, wie die beiden kiffenden Teenager und vor allem Queequeg. Die Tiraden des Biologen Faraday, der dort das Aussterben der Froschpopulation studiert, sind sehr Morgan-typisch und die gesamte Konversation auf dem Felsen zwischen Mulder und Scully stammt offenbar von ihm.

Nach Vampiren, Werwölfen, Poltergeistern etc. war eine Seemonster-Episode wohl überfällig. Akte X tut sich mit solchen klassischen Motiven öfter etwas schwer, die Serie kommt jedoch mit dem Seemonster sehr viel besser als mit den bisherigen Versuchen zurecht. Dazu trägt bei, dass die Episode m.W. zum ersten Mal die Rolle solcher Mythen thematisiert. Scully tut die Vorstellung eines Seemonsters zunächst als Kinderkram ab. "...as a kid. But, then I grew up, and became a scientist." Sie glaubt außerdem, dass das Seemonster vor allem für die lokale Tourismus- und Souvenirindustrie von Interesse ist. "Those stories must sell a lot of T-shirts." Der Biologe Faraday, der am Ort die aussterbende Froschpopulation studiert, wird bei der Erwähnung von Big Blue regelrecht aggressiv. "See, this is what always happens. The deflection, sleight of hand. See, whenever an issue requires any real thought, any serious mental effort, people turn to UFO’s, and sea serpents and sasquatch." Er sieht diese Art Folklore als eine unerwünschte Ablenkung von den eigentlich wichtigen Dingen, und lässt sich auch nicht beirren, als Mulder ihn darauf hinweist, dass schon öfter längst ausgestorben geglaubte Spezies wiederentdeckt wurden. Gegen Ende zeigt die Episode dann aber doch mehr Sympathie für das Seemonster; nicht nur existiert es - auch wenn Mulder und Scully es nicht zu sehen bekommen; die Einstellung am Schluss hat mir sehr gut gefallen - sondern es ist gutartig; schuld an den Todesfällen ist ein Alligator. Selbst Scully klingt deutlich nachsichtiger: "That’s why these missing stories have endured. People want to believe."

Mit der sterbenden Froschpopulation greift "Quagmire", ebenfalls zum wiederholten Mal, ein Umweltthema auf. Auch das finde ich deutlich besser gelungen als die Versuche bspw. in "Darkness Falls" oder "Fearful Symmetry". Farraday sorgt sich um das Aussterben der Frösche nicht nur am Heuvelmans Lake, sondern weltweit, da dies ein Warnzeichen über den Zustand des ganzen Ökosystems ist. Es ärgert ihn, dass dieses Problem so wenig Beachtung findet. "You'd find a way for the cute, furry little mammals we were talking about", kritisiert er die Schieflage in Artenschutzkampagnen. Die Verärgerung über Mulder, der ein Seemonster dafür verantwortlich machen will, ist aus seiner Sicht verständlich, auch wenn Mulder zurecht darauf hinweist, dass alles zusammenhängt: "If you alter one life form in an ecosystem, the rest is necessarily affected, either by an increase or decrease." Farraday wirkt auf mich glaubhafter als ähnliche Figuren in "Darkness Falls" oder "Fearful Symmetry", die Einbindung der Umweltthematik auch nicht so moralisierend.

Was die Episode jedoch besonders auszeichnet, sind die Szenen mit den Interaktionen der beiden Agenten, gipfelnd mit der nunmehr legendären Konversation auf dem Felsen. Schon zu Beginn der Episode wirken Mulder und Scully mehr wie eine Familie - Mulder, im Freizeitdress, schleppt die widerwillige Scully mitsamt Hund an einem Samstagmorgen auf einen Ausflug und sagt ihr nicht einmal, wohin es geht. Man fragt sich schon, warum sie sich das eigentlich antut. Mit Loyalität unter Kollegen ist das nicht mehr zu erklären. (Als Farraday die beiden auf dem Felsen findet, vermutet er, dass das Verhältnis nicht rein beruflich ist.) Queequeg findet dann sein unrühmliches Ende (gefressen vom Alligator; irgendwie passend, da er ja von Scully adoptiert wurde, nachdem er sein Frauchen gefressen hat, das kleine Monster). Scully wird hier mehr Raum zur Trauer gegeben als beim Tod ihres Vaters und ihrer Schwester. Mulder, der Queequeg sowieso nicht leiden konnte, zeigt hier ziemlich wenig Mitgefühl. Überhaupt kommt Mulder hier wieder ziemlich egoistisch herüber; ihn interessiert nur seine Suche nach der Wahrheit - selbst als Farraday attackiert wird, interessiert ihn als erstes, ob er Big Blue gesehen hat und nicht, wie es Farrraday geht. ("You take care of him, Scully.")

In der Konversation auf dem Felsen dann (herrlich der Teil, als Scully glaubt, er habe ihr ein Kompliment gemacht - "You've lost some weight recently haven't you?" - bis ihr dann klar wird, dass es gerade um Kannibalismus in Notsituationen ging :lol: ) vergleicht ihn Scully mit Captain Ahab aus "Moby Dick". "It's the truth or a white whale. What difference does it make? I mean, both obsessions are impossible to capture, and trying to do so will only leave you dead along with everyone else you bring with you." Sie stellt ausdrücklich die Legitimation seiner Suche in Frage: "You don't think my reasons are legitimate?" - "Mulder, sometimes I just can't figure them out." Später in der Unterhaltung lässt Mulder dann die Maske fallen, und präsentiert eine Einsicht, was hinter seiner Suche steckt: "I've always wanted a peg leg ... I mean, if you have a peg leg or hooks for hands then maybe its enough to simply keep on living. You know, braving facing life with your disability. But without these things you’re actually meant to make something of your life, achieve something earn a raise, wear a necktie." Schaut man sich an, wie seine Karriere verlaufen ist, kann man diese Gedanken irgendwie nachvollziehen.

"Quagmire" wird häufig als archetypische X-Akten-Episode beschrieben; Mulder und Scully suchen im Dunkeln nach einem Monster, das vielleicht existiert, vielleicht aber auch nicht. Der Fall ist nicht allzu originell - auch wenn die Lösung mit dem Alligator unerwartet kam - und das Drehbuch hat sicher seine Schwächen. Vor allem ist völlig unklar, wie das Boot in diesem seichten Gewässer sinken kann. Die Episode hat aber auch spannende Momente, z.B. als der Sheriff in den See gezogen wird, als Farraday angegriffen wird etc., und die Inszenierungen um den See sind sehr schön. Was sie vor allem aus der Masse heraushebt, sind die Mulder - Scully-Interaktionen, die mit zu den besten der ganzen Serie gehören. Ich gebe gute fünf Hundeleinen dafür.
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Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » So 27. Jan 2019, 18:13

Folge 23, Staffel 3: "Ferngesteuert / Wetwired"

(Kopie von SciFi-Forum)


In einer Kleinstadt in Maryland wird von offenbar friedlichen Menschen, die plötzlich grundlos den Verstand zu verlieren scheinen, eine Serie von Morden begangen. Die Täter erzählen von Beobachtungen ohne reale Grundlage. Als Scully sich Videos ansieht, die an einem der Tatorte gefunden wurden, entwickelt auch sie paranoide Verhaltensweisen.

"Wetwired" ist eine Episode über eine Regierungsverschwörung, aber ohne, dass es hierbei um Aliens geht. Sie ähnelt in der Thematik "Blood", die auch von Experimenten der Regierung zum Zweck der Gedankenkontrolle und Verhaltensmanipulation handelte. Illegale Experimente an nichtsahnenden Bürgern zum Zweck der Bewusstseins- und Gedankenkontrolle, allerdings mit Drogen, hat es seitens US-Regierungsbehörden tatsächlich gegeben; ein bekanntes Beispiel ist das Project MKUltra. Der Zweck dieser Experimente wird nur angedeutet. "You think they'll stop at commerce and politics?" antwortet X, als Mulder ihn fragt, ob es um Einflussnahme auf Kauf- und Wahlverhalten geht - und sagt hier dem Ober-Paranoiker Mulder deutlich, dass er nicht paranoid genug ist. Eine verängstigte Bevölkerung ist leichter zu manipulieren und andernfalls unpopuläre Maßnahmen sind unter dem Label "persönliche Sicherheit" einfacher durchzusetzen. In der Zeit nach 9/11 ist dieses Thema der Episode sehr aktuell.

Das Drehbuch - oder besser, der Entwurf dazu - kommt von einem Mitarbeiter des Produktionsteams, dem Special Effects Designer Mat Beck. Beck wurde nach eigener Aussage von der damaligen Diskussion über Gewalt im Fernsehen und ihre Folgen für die Zuschauer inspiriert. In "Wetwired" werden Fernsehzuschauer durch das Fernsehen gewalttätig. (Verwandt ist dies mit der heutigen Debatte um den Einfluss von Computerspielen auf gewalttätige Tendenzen besonders bei Jugendlichen.) Während die Episode sich oberflächlich betrachtet auf die Seite der Fernsehkritiker und Befürworter von Zensur zu schlagen scheint, ist sie bei genauerer Betrachtung sehr viel kritischer und subtiler. Als Scully die Verbindung zwischen Fernsehen und Gewalt erwähnt, widerspricht ihr Mulder sofort und will davon nichts hören: "What you’re talking about is pseudo-science used to make political book." Und tatsächlich verkehrt die Episode das Argument in gewisser Weise in sein Gegenteil. Zu Mördern werden hier nicht leicht beeinflussbare Jugendliche, die Gewaltfilme ansehen, sondern ein Familienvater und eine Hausfrau, die die Nachrichten und Game Shows angesehen haben - während die Kinder, die Mulder beim Schauen von "Die Hard" antrifft, völlig unbeeinflusst sind. Schuld an den Gewalttaten ist auch nicht die Sendung selber, sondern das Störsignal, das von Regierungsbehörden installiert wurde - denjenigen also, von denen die Kontrolle von Gewalt im Fernsehen verlangt wird.

Neben den offensichtlichen Parallelen zu "Blood" weist "Wetwired" auch Parallelen zu "Anasazi" auf, dem Finale der Staffel 2. In "Anasazi" war es Mulder, der durch mit LSD versetztes Leitungswasser in eine Psychose verfiel und Scully nicht mehr traute. "Wetwired" nimmt dieses Thema wieder auf und kehrt es um - hier ist es Scully, die durch die TV-Signale psychotisch wird und Mulder nicht mehr vertraut, sondern ihn für einen Komplizen des Rauchers hält. Wieder einmal wird das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Agenten auf die Probe gestellt. Interessant ist hierbei, dass die Episode davon spricht, dass sich durch die TV-Signale die schlimmsten Ängste der Betroffenen manifestieren. Scullys schlimmste Angst ist also, dass Mulder sie verrät. Dies wäre zu Beginn der Serie sicherlich noch nicht so gewesen. Inzwischen ist Scully aber so weit in Mulders Arbeit hineingezogen worden, dass sie von anderen Kollegen und ihrer Familie (hat sie überhaupt außer Mulder noch Freunde?) mehr oder weniger isoliert ist. Leider geht die Episode nicht näher darauf ein, was es für Scully bedeuten würde, Mulder als Vertrauten zu verlieren - was interessant gewesen wäre. Dies ist allerdings dem Drehbuch anzulasten; von Gillian Anderson wird Scullys Gefühlschaos fantastisch dargestellt. Mulder ist angesichts Scullys irrationalem Verhalten ähnlich professionell wie Scully in "Anasazi" es war. Das Vertrauensverhältnis besteht auch diesen Test.

In "Wetwired" hat auch X seinen nächsten Auftritt, dessen weiteres Schicksal hier bereits angedeutet wird. X hat den Verdacht des Rauchers auf sich gezogen, und steht unter Beobachtung. Er schickt deshalb einen Mittelsmann zu Mulder, was zur Folge hat, dass das ganze Manöver, das er geplant hat, um die Handlanger und das Komplott offenzulegen, misslingt. Mulders Anschuldigungen ("You’re a coward! You work in the shadows, you feed me scraps of information, hoping that I can piece it together. You make me risk my life, you risk my partner’s life and you never risk your own!") sind hier sehr ungerecht und zeigen, dass Mulder Xs Situation überhaupt nicht versteht. X ist allem Anschein nach kein hochrangiger Beamter wie es Deep Throat war, der auf derselben Ebene wie der Raucher stand, sondern operiert einige Ebenen darunter - wie die Schlussszene im Auto nahelegt, eher ein ausführender Agent des Rauchers. (Allerdings scheint er ebenso wie Deep Throat eher im Verteidigungsministerium als im FBI zu verorten zu sein; eine Verbindung zwischen den beiden Informanten ist ja ohnehin sehr naheliegend.) X ist entsprechend einem viel größeren Risiko, einfach beseitigt zu werden, ausgesetzt, und spielt als Mulders Informant ein noch gefährlicheres Spiel als Deep Throat. Sowohl Psychiater Stroman, der dem ersten Opfer Patrik wissentlich die falsche Diagnose "Amphetamin-Missbrauch" stellte, als auch der Mitarbeiter des Installationsunternehmens, waren Ausführende des Experiments und X sollte sie am Ende beseitigen.

Das Thema der Gedankenkontrolle ist, wie gesagt, für Akte X nichts Neues, und dass Mulders Rot-Grün-Blindheit (von der weder vorher noch nachher jemals die Rede war) ihn davor bewahrt, ebenfalls manipuliert zu werden, ist in der Tat ein etwas billiger Kniff. Das Thema insgesamt wird aber hier wesentlich besser als noch in "Blood" umgesetzt. Es gibt einige tolle Szenen, vor allem die Konfrontation von Mulder und X, sowie die zwischen Mulder und Scully im Haus von Scullys Mutter. Beide sind packend inszeniert und schauspielerisch hervorragend dargestellt. Auch Mulders Fahrt ins Krankenhaus, als er zur vermeintlichen Identifizierung von Scullys Leiche fährt, hat mir gut gefallen. "Wetwired" schlägt auch sehr viel deutlicher als "Blood" den Bogen zur Mythologie der Serie. Auch wegen der Charaktermomente ist "Wetwired" eine deutlich bessere Episode als "Blood". Ich vergebe gute vier manipulierte Sendemasten dafür.
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Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » Di 29. Jan 2019, 17:48

Folge 24, Staffel 3: "Der Tag steht schon fest / Talitha Cumi"

(Kopie von SciFi-Forum)


In einem Restaurant in Virginia zieht ein Mann plötzlich eine Waffe und schießt drei Gäste nieder, bevor er selbst von der Polizei niedergeschossen wird. Ein älterer Herr taucht in der Menge auf, der die Verletzten inklusive des Attentäters durch Handauflegen heilt. Kurz darauf ist er verschwunden - und nicht nur Mulder und Scully, sondern auch der Raucher sucht nach ihm.

Der Episodentitel "Talitha Cumi" stammt aus dem Markus-Evangelium, in dem Jesus mit diesen Worten ein Mädchen von den Toten auferweckt. Biblische und anderweitige religiöse Motive spielen in der ganzen Episode eine wichtige Rolle. Der Heiler Jeremiah Smith ist vermutlich nach dem Propheten im Alten Testament benannt. Auch der biblische Jeremia wurde verfolgt und eingesperrt und mit dem Tode bedroht, weil er Gottes Botschaft über unmoralische Machenschaften in Jerusalem und eine kommende Machtübernahme durch die Babylonischen Truppen überbrachte. In Akte X hat Jeremiah Smith eine ähnliche Funktion.

Anders als in diversen Rezensionen behauptet ist Jeremiah kein Außerirdischer, sondern ein Alien-Mensch-Hybridenklon, ähnlich wie die Gregors und Samanthas im "Colony"-Zweiteiler in der zweiten Staffel. Dies zeigt das Ergebnis von Scullys Nachforschungen, die fünf identisch aussehende Jeremiahs in verschiedenen Teilen des Landes ausfindig gemacht hat. Die Jeremiahs sind allerdings fortgeschrittene Hybriden; sie haben wie die außerirdischen Kopfgeldjäger Heilungskräfte, können die Gestalt wandeln und können nur durch das außerirdische Stilett getötet werden. Im Gegensatz zu den außerirdischen Kopfgeldjägern, die den Syndikatsmitgliedern gleichgestellt sind (siehe das Gespräch zwischen dem Raucher und dem Kopfgeldjäger an Mrs Mulders Krankenbett), stehen Klone aber sehr weit unten in der Hierarchie: "You're a drone, a cataloguer, chattel!" sagt der Raucher zu Jeremiah. Klone werden zu ausführenden Arbeiten eingesetzt, in "Colony" als Ärzte in Abtreibungskliniken, hier als Verwaltungsangestellte in der Sozialversicherungsbehörde. Geklonte Hybriden haben offenbar eine Tendenz zur Insubordination, wie schon in "Colony" angedeutet wurde. Dort wollten sie ihre eigene Kolonie gründen, hier sagt Jeremiah, "I no longer believe in the greater purpose."

Das Verhör von Jeremiah durch den Raucher, die wahrscheinlich größten Szenen der Episode, ist durch ein ähnliches Kapitel ("Der Großinquisitor") in einem Roman von Dostojewski inspiriert ("Die Brüder Karamasow"; den Produktionsnotizen zufolge ist David Duchovny für diese Szenen verantwortlich). In dem Kapitel erscheint Jesus im Sevilla des 16. Jahrhunderts, wird von allen erkannt, da er Wunder vollbringt, und wird eingekerkert, weil er die Pläne der Kirche stört. (Bereits in der Eingangsszene im Fast Food Restaurant ist die Parallele offensichtlich: "God ... spared my life today. He took pity on my soul and he washed away my sins ... He reached down and he healed me with his hand. A man, a holy man. All I can think is ... it must have been the good Lord himself.") Im Kerker kommt es zu einem Monolog des Großinquisitors um die Freiheit des Willens, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, und die Folgen für das Gewissen der Menschen. Nach Meinung des Inquisitors war der freie Wille ein Fehler, den Jesus gemacht habe, da er für die Menschen nur zu Seelenqualen führe. Die Kirche habe diesen Fehler beseitigt, da sie den Menschen eine Autorität gebe, der sie sich unterordnen können, so dass ihnen diese Bürde abgenommen wird.

In "Talitha Cumi" übernimmt der Raucher die Rolle des Inquisitors: "We appease their conscience. Anyone who can appease a man’s conscience can take his freedom away from him." Duchovny kommentiert diese Szene so: "I told Chris I saw The Cigarette Smoking Man as a Grand Inquisitor figure, because he has seen the truth and he is damning himself in order to save people. In his own twisted way, he’s a very moving figure to me: the man who will go to hell so that other people may live more freely." Episoden wie "One Breath" und "F. Emasculata" scheinen diese Interpretation zu stützen; auch in diesen gibt es Szenen, die nahelegen, dass der Raucher glaubt, im Interesse eines übergeordneten Wohls zu handeln. In "The Blessing Way" und "Paper Clip" hingegen erscheint der Raucher aus reinem Eigeninteresse zu agieren, und es stellt sich die Frage, ob er sich mit diesem übergeordneten Wohl nicht selber belügt. Das scheint auch Jeremiah zu glauben: "All you want is to be part of it, is to be one of the commandants, when the process begins".

Was immer die Motive des Rauchers sind, Jeremiah ist ein Störfaktor in den Plänen des Syndikats, da seine Fähigkeit, Wunder zu vollbringen, den Glauben an die Wissenschaft und die Autorität der Regierung stört. ("Men can never be free, because they're weak, corrupt, worthless and restless. The people believe in authority, they've grown tired of waiting for miracle or mystery. Science is their religion, no greater explanation exists for them. They must never believe any differently if the project is to go forward.") Es ist interessant, dass Carter hier den Raucher - der die Rolle des mit dem Teufel im Bunde stehenden Inquisitors innehat - mit der Wissenschaft argumentieren lässt. Schon früher gab es in Akte X Szenen, in denen der Reinheit des Glaubens eine große Bedeutung beigemessen wurde (bspw. in "Die Hand, die verletzt", besonders aber in "Revelations"). Zwar ist Carter nach eigener Aussage nicht wirklich religiös, der spirituelle Subtext ist aber nicht zu übersehen. (Carter erinnert mich in dieser Hinsicht ein wenig an J. Michael Straczynski, der auch Atheist ist und in dessen Drehbüchern sich regelmäßig solche ähnlichen Botschaften finden.) Ein ums andere Mal suggeriert Akte X, dass es nicht gut ist, wenn Menschen den spirituellen Kompass verlieren und statt dessen nur noch an ihr Land, ihre Regierung oder hier sogar an die Wissenschaft glauben. Die Wissenschaft als Werkzeug des Bösen, auch dieses Bild ist in Akte X nicht neu.

Als Jeremiah den Raucher schließlich an die Toten erinnert, die dem Projekt bereits zum Opfer gefallen sind - er nimmt die Gestalt von Deep Throat und von Bill Mulder an, als er zum Raucher spricht - wird dem Raucher sichtlich ungemütlich. Als Jeremiah ihm dann auch noch prophezeit, er sterbe an Lungenkrebs, ist es mit seiner Contenance endgültig vorbei. Die Aufnahme der leeren Zelle im Anschluss an das Verhör impliziert sehr stark, dass der Raucher Jeremiah im Austausch gegen seine eigene Heilung die Flucht ermöglicht und damit sein eigenes Wohlergehen über das Projekt gestellt hat.

Aber auch in einem anderen Zusammenhang steht der Raucher im Zentrum der Episode. Seine Verbindung zu Mulders Vater ist schon aus früheren Episoden bekannt. In "Talitha Cumi" stellt sich nun heraus, dass auch zwischen Mulders Mutter und ihm eine alte Bekanntschaft besteht. Die Szene mit ihm und Teena Mulder im Sommerhaus der Mulders deutet kaum verhüllt an, dass Teena Mulder und der Raucher eine Affäre hatten: "He was a good water-skier, your husband. Not as good as I was, but then... that could be said about so many things, couldn't it?" (und als ob das noch nicht deutlich genug wäre, später in der Episode zu Mulder: "I've known your mother since before you were born, Fox.") Es drängt sich die Frage auf, wieviel Mrs Mulder von den Vorgängen um das Syndikat und Samanthas Entführung wusste. Sie will ganz offensichtlich nichts mehr mit dem Raucher zu tun haben und auch nicht mit irgendetwas, was damit zusammenhängt: "I've repressed it all." Zwar kann man ihn nicht direkt für den Schlaganfall verantwortlich machen, den sie im Anschluss an den Streit mit ihm erleidet, aber die neuerliche Konfrontation mit der Vergangenheit ist offensichtlich zu viel für sie. Auch hier wird ein wiederkehrendes Thema der Serie wieder aufgenommen, nämlich dass es vor den Sünden der Vergangenheit kein Entkommen gibt. Anders als Teena scheint dem Raucher noch etwas an ihr zu liegen, er besucht sie im Krankenhaus und macht sich offensichtlich Sorgen um sie. Alles in allem gibt der Raucher in dieser Episode ein sehr menschliches und verletzbares Bild ab, das von dem beinahe allmächtigen Strippenzieher, der er zu Beginn der Serie zu sein schien, nicht mehr viel übrig lässt.

Der ganze Streit drehte sich um das außerirdische Stilett, das Bill Mulder im Sommerhaus versteckt hatte, und hinter dem sowohl der Raucher als auch X her ist - der Mulder darauf ansetzt, es zu finden. Als Mulder es schließlich gefunden hat, weigert er sich, es X zu übergeben, und es kommt zur Prügelei zwischen den beiden. In dieser Konfrontation lässt die Episode die Bombe endgültig platzen: "Let me get clear on something here, what we're talking about is colonization. The date is set, isn't it?" (Die Aussage, "the date is set" fiel schon im Verhör des Rauchers, jedoch ohne die Information, um was es geht.) Bisher konnte man nur Vermutungen anstellen, jetzt sind Pläne der Aliens ein für allemal geklärt.

Die Angelegenheit um das außerirdische Stilett ist etwas verwirrend. Es hat den Anschein, als hätte das Syndikat nur dieses eine Exemplar - man muss sich fragen, weswegen das grade Bill Mulder übergeben wurde (hat das etwas mit Samantha zu tun?) und warum er es in diesem eigentlich verlassenen Haus versteckte. Was genau daran so besonders ist - warum es nicht ein normales Skalpell auch tut, oder warum man es nicht einfach nachbauen kann - wird nicht wirklich erklärt.
In einer Diskussion schlug ein Teilnehmer vor, es handle sich um Magnetit, was im Lichte der Informationen aus Season 9 zumindest einen gewissen Sinn ergäbe, aber trotzdem nicht erklärt, weswegen das Stilett für Menschen anscheinend nicht reproduzierbar ist.
Die Manöver, das Stilett in Mulders Besitz zu bringen, ließen mich an Excalibur denken, das mythische Schwert des König Arthur: Da Mulder derjenige ist, in dessen Besitz es ist, hat er nun eine Sonderstellung, und kann Jeremiah und den außerirdischen Kopfgeldjäger töten, während der Raucher (und auch X) wieder auf Hilfe der Aliens angewiesen ist.
Leider wird dieses Bild dadurch entwertet, dass Mulder das Stilett am Ende einfach zurücklässt, was angesichts des ganzen Dramas um die Waffe wirklich keinen Sinn ergibt.
Aber wenn wir schon beim Thema Arthur sind - überhaupt, und dies ist sicherlich wieder Duchovnys Input zu dieser Episode zu verdanken, geht in "Talitha Cumi" der Joseph Campbell-Handlungsbogen weiter; Mulder erfährt wieder mehr Unliebsames über die Vergangenheit seiner Eltern, und wird vor eine schwierige Wahl gestellt: Entweder mit Jeremiah zu gehen, und seine Suche fortzusetzen, oder diesen zu seiner im Sterben liegenden Mutter zu bringen.

Im Vergleich zu "Anasazi", dem Finale der zweiten Staffel, kommt "Talitha Cumi" um einiges ruhiger und weniger action-gepackt daher. Die Informationen, die die Mythologie voranbringen, finden sich eher in den Dialogen als in großen Ereignissen wieder. Die wesentlichen Neuigkeiten sind, dass die Aliens planen, die Erde zu kolonisieren, und zwar zu einem bereits feststehenden Zeitpunkt, und dass das Syndikat dabei mit ihnen kooperiert. Der Cliffhanger bringt nicht Mulder oder Scully in direkte Gefahr, sondern ihren neuen Verbündeten Jeremiah Smith - der erste Verbündete, bei dem man keine Zweifel haben muss, auf welcher Seite er steht. Die eindrucksvollsten Szenen waren für mich die Verhörszenen in Jeremiahs Zelle und die Begegnung des Rauchers mit Teena Mulder. An schauspielerischen Leistungen ist neben den in diesen Szenen Beteiligten David Duchovny hervorzuheben, der den in dieser Folge wieder sehr mitgenommenen Mulder und seine emotionalen Konflikte großartig darstellte.

Das war nun eine sehr lange Exegese, aber die Episode hatte auch sehr viel zu sagen, wenn auch eher unspektakulär. An "Anasazi" kommt sie für mich nicht heran, trotz der vielen interessanten Themen. Ich gebe knapp sechs außerirdische Stilette dafür.
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Re: Akte X - Staffel 3

Beitragvon nevermore » Mi 30. Jan 2019, 13:59

Zu der ganzen Gemengelage um Wunder, Glauben an Wunder vs. Wissenschaft und die Notwendigkeit, die Leute beim Glauben an die Wissenschaft und vom Glauben an Wunder abzuhalten, fielen mir noch ein paar Dinge ein.

Erstens, weder Mulder noch Scully entsprechen diesen Kriterien. Mulder sowieso nicht, mit seinem Glauben an das Paranormale, aber auch Scully nicht.
Genauer gesagt glaubt Mulder in gradezu religiöser Weise an Aliens, aber da Aliens in Akte X quasi Gott sind, passt das auch wieder.
Scully ist zwar Wissenschaftlerin, glaubt aber trotzdem an Wunder (siehe "Revelations"). Schon von daher fallen sie unter des Rauchers Rubrik "gefährlich". Mulder und Scully sind beide "Gläubige" - dass Scully auch gläubig ist, hat man wohl bei ihrer Anstellung bei den X-Akten übersehen.

Zweitens, man muss diesen Dialog im Verhör beinahe schon so verstehen, dass der Raucher die Wissenschaft als ein Instrument ansieht, um die Leute dumm und unterdrückt zu halten. "Science is their religion, no greater explanation exists for them. They must never believe any differently if the project is to go forward." So einen Zusammenhang herzustellen ist eigentlich schon ein starkes Stück, besonders von einem Atheisten als Drehbuchschreiber, und grade das Gegenteil dessen, was gängige Argumentation von Atheisten ist - nämlich dass der Glaube eingesetzt wird, um die Leute dumm und unterdrückt zu halten, und die Wissenschaft der Weg zur Befreiung ist. Dawkins hat ja Akte X aus anderen Gründen Wissenschaftsfeindlichkeit vorgeworfen - die ich allerdings für nicht stichhaltig halte. Die Kirche hielt lange Zeit die Wissenschaft für eine Bedrohung, aber Raucher sieht den Glauben als Bedrohung für seine Autorität.

Ok, "dumm" ist vielleicht nicht das richtige Wort, "gefügig" würde es besser treffen. Dass etwas als "wissenschaftlich fundiert" ist, wird doch manchmal gradezu ein Totschlagargument präsentiert (wieviel sich dann Jahrzehnte später als verkürzt, falsch oder gar gefälscht herausstellt, das ist dann nur noch eine Schlagzeile unter "ferner liefen" wert). Wenn man es versteht, diesen Informationsfluss zu steuern, unliebsame Gegenmeinungen zu diskreditieren oder unter dem Deckel zu halten, oder auch nur zu verhindern, dass kritische Geister Forschungsmittel enthalten, hat man erreicht, dass die Wissenschaft sozusagen zur "Religion" wird - für den Normalmenschen nicht mehr überprüfbar, und viel unangreifbarer als bloßer Glaube, da es ja "bewiesen" ist. Seien wir mal ehrlich, das wissenschaftliche Credo ist ja, das die Ergebnisse reproduzierbar und damit für andere überprüfbar sein sollen. Das ist wegen der notwendigen Voraussetzungen technischer und damit auch finanzieller Art aber immer weniger gegeben. Vor allem bei Vorhaben wie neuen Militärflugzeugen oder elaborierter Gentechnik, um die es in Akte X oft geht - von Verwendung außerirdischer Technologie oder Gewebe, die nur den Regierungseinrichtungen zugänglich sind, müssen wir da gar nicht reden. Es ist ja auch ein wiederkehrendes Thema in der Serie, dass die Regierung mit ihren Experimenten viel weiter ist, als die Scientific Community glaubt ("Mulder, this is Science Fiction!"). Vielleicht gehen die Überlegungen in diese Richtung.

Und drittens (und vorläufig letztens), schon wieder bringt hier Carter die Außerirdischen mit dem Göttlichen in Verbindung. Zwar ist Jeremiah kein Außerirdischer, sondern ein Hybrid, aber seine Fähigkeit zur Wunderheilung kommt klar vom außerirdischen Teil seiner Genetik. Wie schon in "Fallen Angel", "Red Museum" und "Piper Maru". Man konnte die Entwicklung wirklich kommen sehen.
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