Akte X - Staffel 2




Alles zu Chris Carters Mystery-Serien Akte X, MillenniuM und The Lone Gunmen

Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Mi 25. Jul 2018, 20:30

Weiter geht's mit der zweiten Staffel. Im Nachhinein erscheint die erste Staffel ein wenig wie ein Prolog, die Show nimmt erst mit der zweiten richtig Fahrt auf. Wie Demona schon im anderen Thread erwähnte, zwang die Schwangerschaft von Gillian Anderson die Produzenten und Autoren, Scully etwas aus dem Fokus zu nehmen und sowohl die Gesamthandlung als auch einige Randfiguren (insbesondere Skinner und den Raucher) weiterzuentwickeln. Der Show tat das sehr gut.

Aber auch abgesehen davon merkt man, dass die Serie anfängt, ihre eigene Identität zu finden. Es wirkt alles professioneller und selbstsicherer als noch in der recht experimentellen und holprigen ersten Staffel.

Mytharc-Episoden (kursiv die absolut unerlässlichen):

2X01: Little Green Men (Kontakt)
2X03: Blood (Blut)
2X04: Sleepless (Schlaflos)
2X05: Duane Barry (Unter Kontrolle)
2X06: Ascension (Seilbahn zu den Sternen)
2X08: One Breath (An der Grenze)

2X10: Red Museum (Rotes Museum)
2X16: Colony (Die Kolonie I)
2X17: End Game (Die Kolonie II)

2X18: Fearful Symmetry (Sophie)
2X22: F. Emasculata (Verseucht)
2X25: Anasazi (Anasazi)
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von Anzeige » Mi 25. Jul 2018, 20:30

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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » So 29. Jul 2018, 19:22

Folge 1, Staffel 2: "Kontakt / Little Green Men"

Drehbuch: Glen Morgan & James Wong
Regie: David Nutter



Die X-Akten wurden geschlossen, und Mulder und Scully wurden getrennt und in andere Abteilungen versetzt. Von einem Senator erhält Mulder einen Hinweis, dass ein Radioteleskop in einem stillgelegten Observatorium in Puerto Rico ein extraterrestrisches Signal aufgefangen haben soll. Der Politiker verspricht, das staatliche Untersuchungsteam solange wie möglich aufzuhalten. Es bleiben Mulder etwa 24 Stunden, um vor dem Team dort zu sein und die Beweise sicherzustellen.

"Little Green Men", die Auftaktfolge der zweiten Staffel, sollte offensichtlich auch dazu dienen, noch einmal neue Zuschauer anzulocken, die Akte X bisher nicht kannten, deshalb wurde eine leicht zugängliche Geschichte gewählt. Die X-Akten sind geschlossen, und werden dies vorläufig auch noch bleiben, es gibt also keine rasche Auflösung dieses Cliffhangers. Mulder und Scully wurden getrennt. Während Scully an der FBI-Akademie unterrichtet, hat man Mulder einen offenkundigen Straf-Job zugeteilt: Er muss windige Ganoven wie Scheckbetrüger abhören. Von dem befreundeten Senator Matheson erhält er den Hinweis, dass in einem SETI-Observatorium in Puerto Rico außerirdische Signale aufgefangen wurden - fast zwei Jahre, nachdem das SETI-Projekt von staatlicher Seite eingestellt worden war. Dass Mulder einen Unterstützer im Capitol hat, wurde bereits im Pilotfilm und in der Staffel 1-Episode "Tooms" erwähnt, Senator Matheson ist nach dem berühmten Science Fiction-Schriftsteller Richard Matheson benannt.

Das SETI-Projekt, in dem das All nach außerirdischen Botschaften abgehört wurde, die Voyager-Sonden und die mit ihnen transportierten Botschaften und das Observatorium Arecibo haben alle eine reale Basis, allerdings wurde das Observatorium nicht geschlossen. Auch das von Dr. Troisky erwähnte Wow-Signal wurde tatsächlich 1977 aufgefangen; es gilt bis heute als das wahrscheinlichste Zeichen außerirdischer Kommunikation und seine exakte Natur ist immer noch ungeklärt.

Senator Mathesons Hinweis kommt mitten in einer Glaubenskrise, die Mulder durchlebt. Die Episode eröffnet mit einem Monolog Mulders, in dem dieser beklagt, dass sämtliche Bestrebungen, Kontakt mit Außerirdischen herzustellen, beendet und unterbunden worden sind. Es gibt keine neuen Voyager-Sonden mehr, die Finanzierung des SETI-Projekts wurde eingestellt, die X-Akten geschlossen. Besonders das Letztere macht ihm zu schaffen; er macht einen völlig weggetretenen Eindruck, als bekäme er nicht mehr mit, was um ihn herum vor sich geht, fühlt sich verfolgt und will Scully nur noch in dunklen Tiefgaragen treffen. (Dass seine Paranoia nicht ganz unberechtigt ist, zeigt sich etwas später daran, dass auch Matheson davon ausgeht, dass sein Büro abgehört wird - er nutzt Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 2, um sein Gespräch mit Mulder zu übertönen.) Er fängt an, alles anzuzweifeln, woran er je geglaubt hat - selbst, dass seine Schwester von Außerirdischen entführt worden ist: "I’m beginning to wonder if... if that ever even happened." Als Scully ihn darauf hinweist, was er alles schon gesehen hat, antwortet er: "Seeing is not enough, I should have something to hold onto. Some solid evidence. I learned that from you." Er fragt sich, ob er sein Leben lang nur einem Phantom hinterhergejagt ist.

In einer Rückblende sieht man seine Erinnerungen an die Entführung Samanthas: Die Mulder-Kinder spielten ein Brettspiel, im Hintergrund lief ein Fernsehbericht über die Watergate-Anhörungen, es kommt zu einem Streit über das Fernsehprogramm, als das Haus wie bei einem Erdbeben zu wackeln beginnt. Die Tür öffnet sich, es dringt gleißendes Licht ein und man sieht die Silhouette eines Aliens. Samantha wird von einer unsichtbaren Kraft hochgehoben und in Richtung des Lichts gezogen. Fox schafft es noch, die Waffe seines Vaters aus dem Koffer zu holen, aber als es darum geht, auf den Entführer zu schießen, ist er wie paralysiert. Er lässt die Waffe fallen, und Samantha ist weg. Es ist eine verstörende Szene, und man versteht, weswegen er von dem Erlebnis so traumatisiert ist. Nicht nur die Entführung selber ist ist die Ursache, sondern der Tatbestand, dass er sich verantwortlich fühlt - Samantha, so glaubt er, hätte er retten können, hätte er nur rechtzeitig abgedrückt. Die Szene unterscheidet sich deutlich von der Beschreibung im Pilotfilm und in "Conduit" - ob dies ein Kontinuitätsfehler war oder Absicht, ist unklar; immer wieder weist die Serie auf die Möglichkeit falscher oder verzerrter Erinnerungen hin.

Mathesons Hinweis auf einen außerirdischen Kontakt ist für Mulder eine Chance, seinen Glauben wiederzuerlangen, und er macht sich sofort auf den Weg nach Puerto Rico, ohne seine Vorgesetzten oder Scully zu informieren. Als er im Observatorium ankommt, trifft er dort auf einen völlig verstörten Puertoricaner, der auf Spanisch von hellem Licht und seltsamen Gestalten erzählt. Als die Aliens zurückkommen, rennt der Puertoricaner in den Wald, wo er stirbt. Die Szene, als die Aliens dann ins Observatorium eindringen, gleicht der aus den Rückblenden über Samanthas Entführung: Die Tür fliegt auf, es ist ein grelles Licht und die Silhouette eines Aliens zu sehen. Diesmal lässt Mulder die Waffe nicht fallen, sondern will auf das Alien schießen - muss aber feststellen, dass die Waffe nicht funktioniert. Allein diese Erkenntnis muss für Mulder ungeheuer wichtig sein, bedeutet sie doch, er hätte seine Schwester auch dann nicht retten können, wenn er damals die Waffe abgedrückt hätte.

Aufschlussreich ist auch die laienhafte "Autopsie", die Mulder kurz vor dieser Szene an dem Puertoricaner durchführt und die zeigt, wie wichtig Scully für ihn geworden ist. "Before, I could only trust myself. Now, I can only trust you... and they’ve taken you away from me." Überhaupt hat es in der Episode den Anschein, dass Scully die einzige ist, die Mulder noch einigermaßen bei geistiger Gesundheit hält. Dabei ist es Scully, die trotz der Trennung den Kontakt aufrechterhält - was ja auch nicht selbstverständlich ist. Als Mulder dann einfach nicht zur Arbeit erscheint, ruft Skinner Scully an und will von ihr wissen, wo ihr früherer Partner ist. Sie schafft es, rechtzeitig am Observatorium anzukommen, um Mulder vor dem Untersuchungsteam in Sicherheit zu bringen. Sie entkommen mit einem Tonband, das sich aber beim Abhören als leer erweist. Am Ende der Episode ist völlig unklar, was real am Observatorium geschehen ist. Es gibt nach wie vor keine Beweise, Scully war bei der Begegnung mit den Aliens nicht dabei, es könnten auch alles Mulders Hirngespinste sein. Anscheinend reichten die Erlebnisse zusammen mit Scullys Ermutigung dennoch aus, ihm den Glauben an seine Suche wiederzugeben: "I may not have the X-Files Scully, but I still have my work. I still have you. I still have myself."

Erwähnenswert ist noch der zweite Auftritt von Assistant Director Skinner, dem Vorgesetzten von Mulder, und seiner Interaktion mit dem Raucher. Was sich schon in "Tooms" andeutete, wird hier bestätigt: Skinner mag den Raucher und vor allem dessen Einmischung in seine Arbeit nicht. Zunächst liest er Mulder selbst die Leviten, weil dieser seinen Posten verlassen hat; als sich der Raucher dann aber einmischt und Mulder drohen will, und Skinner erfährt, dass Mulders Telefon abgehört wurde, wirft er den Raucher aus dem Büro (eine recht amüsante Szene, da der Raucher erst gar nicht begreift, dass er es ist, der mit "Get out!" der Angesprochene ist). Es ist klar, dass die Abhörmaßnahme gegen Mulder und die Verfolgung von Scully ohne Skinners Wissen durch den Raucher veranlasst worden sind.

"Little Green Men" erfüllt seine Funktion als eine Art zweiter Pilotfilm recht gut; es gelingt der Episode, einen Erstzuschauer mit den Parametern der Serie und den wichtigsten Charakteren bekannt zu machen, ohne dass die bereits mit Akte X vertrauten Zuschauer dabei gelangweilt werden. Die Geschichte an sich hat leider auch einige Schwächen. So erschließt sich mir überhaupt nicht, was diese Aliens eigentlich in dem Observatorium wollten - Kontakt aufnehmen? Laut Deep Throat sind sie doch schon lange hier. Auch verstehe ich nicht, weswegen das Signal nur an dieser einen Station ankommt und von anderen Observatorien nicht aufgefangen wird. Vollends schleierhaft ist mir, warum die Aliens zur Kontaktaufnahme die Voyager-Botschaft zurücksenden - oder warum sie überhaupt Botschaften über Radiosignale senden - 24 Stunden später stehen sie ja schon persönlich in der Tür.

Positiv hervorzuheben an "Little Green Men" ist die schauspielerische Leistung von David Duchovny, der Mulders Gefühlschaos überzeugend herüberbringt. Das Drehbuch stammt zwar von Morgan & Wong, hat aber einige Elemente, die eher für Chris Carter typisch sind - der Eröffnungsmonolog von Mulder wie auch die philosophischen Reflektionen nicht nur von Scully in der Autopsieszene zu Beginn der Episode, sondern auch von Senator Matheson: "Four and a half billion years from now, when the sun exhausts its fuel and swells to engulf the earth, this expression will still be out there, traveling four and a half billion years." Da die Drehbücher generell von Carter überarbeitet wurden, ist es auch möglich, dass er hierfür selbst verantwortlich ist. Gut gefallen hat mir auch die Inszenierung der Rückblende über Samanthas Entführung und der Szenen im Observatorium (hier ist hervorzuheben, dass es Regisseur David Nutter tatsächlich gelungen ist, Vancouver wie Puerto Rico aussehen zu lassen). Amüsant fand ich auch die Unfähigkeit von Scullys Verfolgern am Flughafen - besonders, da Mulder zuvor noch betont hatte, Scully würde es nicht merken, wenn sie verfolgt würde, weil diese Leute "die Besten" seien. Es ist schade, dass die Alienstory, die die Rahmenhandlung bildete, recht unausgegoren war und die Mythologie nicht wirklich voranbrachte. Ich gebe knapp fünf Tonbänder für "Little Green Men".
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » So 29. Jul 2018, 19:24

Folge 2, Staffel 2: "Der Parasit / The Host"

Drehbuch: Chris Carter
Regie: Daniel Sackheim



In Newark, New Jersey wird in der Kanalisation eine Leiche gefunden. Skinner weist einem widerwilligen Mulder den Fall zu, der dies zunächst für Schikane hält. Dann jedoch wird ein Kanalarbeiter angegriffen und weist merkwürdige Bisswunden auf, und Scully findet bei der Autopsie einen Plattwurm in der Leiche. Ein Unbekannter lässt ihnen Hinweise zukommen, dass es hier nicht um einen gewöhnlichen Mordfall geht.

In "The Host" sind Mulder und Scully immer noch getrennt, und Mulder ist weiterhin mit abgehörten Telefongesprächen von Kleingangstern beschäftigt. Als Skinner ihn endlich von den langweiligen Tonbändern wegholt, setzt er ihn auf einen Fall an, der nicht nur eher etwas für die örtliche Polizeibehörde als für das FBI zu sein scheint, sondern bei dem er auch noch in der Kanalisation herumwaten muss. Mulder empfindet dies als Schikane und ist so sauer, dass er die Leiche an Skinners Adresse schickt und wutentbrannt in Skinners Büro mitten in eine Besprechung hereinplatzt. Zu Scully sagt er, er denke darüber nach, das FBI zu verlassen. Scully gefällt diese Vorstellung gar nicht: "I hope that you know that I'd consider it more than a professional loss if you decided to leave." Mulder sagt ihr, der einzige Grund, warum er bleibe, sei, dass das FBI nicht wolle, dass er und Scully zusammenarbeiten. Scully schafft es, sich durch die Hintertür in den Fall einzuklinken und die Autopsie der Leiche an sich zu ziehen.

Der Flukeman selbst, im X-Files Fandom als "Flukie" bekannt, ist eines der populärsten Akte X-Monster; er hat es bis zu T-Shirts und einer eigenen Action-Figur gebracht. (Der Darsteller von Flukie ist übrigens kein geringerer als Darin Morgan, Autor von Folgen wie "Humbug", "Wr Of The Coprophages", "Mulder & Scully Meet The Weremonster" etc.) "The Host" vereint mehrere Horrorelemente, wie das alte Motiv vom Monster, das sich in der Kanalisation aufhält, und die Tschernobyl-Katastrophe, in deren Folge, wie Scully vermutet, Flukie in einer radioaktiv verstrahlten Brühe als Mutation entstanden ist.

Trotz der enormen Popularität von Flukie scheiden sich an der Episode insgesamt aufgrund des beträchtlichen Ekel-Faktors die Geister. Als Begleitunterhaltung zum Abendessen ist sie wirklich nicht zu empfehlen. Schon die Szenen mit den Abwassertanks auf dem russischen Frachter und in der Kanalisation sind eher unappetitlich; vollends schauerlich ist dann Scullys Autopsie und vor allem die Szene mit dem Kanalarbeiter in der Dusche, als der sich übergibt und neben Blut und anderen Körperflüssigkeiten auch einen Plattwurm ausspukt. Also das ist nichts für schwache Nerven. Flukie selber ist eine Kreuzung aus einem Plattwurm und einem Primaten in menschlicher Größe, ein groteskes Geschöpf, mit einem Saugmund und halb-intelligenten Augen, die das Vorhandensein eines rudimentären Bewusstseins andeuten. Flukie ist ein Hermaphrodit und kann sich, wie andere Würmer, selbst reproduzieren. Der überdimensionierte Wurm nutzt dazu den menschlichen Körper als Wirt: "This … creature, or whatever it is … is transmitting its eggs or larvae through its bite."

Flukie ist keine allzu große physische Bedrohung, und letztlich relativ einfach gefangenzunehmen. Das größere Problem ist, dass man nicht recht weiß, was man mit ihm anfangen soll. Wiederholt wird angedeutet, dass man nicht weiß, ob man ihn jetzt als menschliches Monster oder als monströsen Menschen ansehen soll (auch Scully schien mir da sehr unentschlossen). So kommt es zu einigen eher absurden Begebenheiten. Beispielsweise transportiert man Flukie in einem Krankenwagen (Flukie ist ein gewitzter Plattwurm, er entkommt und versteckt sich in einem Dixie-Klo, um wieder in die Kläranlage zu kommen). Wie Skinner sagt, will man ihn in eine psychiatrische Klinik zur Untersuchung bringen, woraufhin Mulder protestiert: "This is not a man. It's a monster. You can't put it in an institution." - "Then what do you do with it, Agent Mulder? Put it in a zoo?" Als Mulder erfährt, dass auch der zweite Angegriffene gestorben ist, konfrontiert er Skinner: "You know, you had a pair of agents that could have handled a case like this. Agent Scully and I might have been able to save that man’s life, but you shut us down." Skinner deutet daraufhin an, dass die Schließung der X-Akten nicht seine Entscheidung war: "I know. This should have been an X-File. We all take our orders from someone."

Auf die richtige Spur gebracht werden die beiden von einem neuen Informanten im FBI, den man fürs erste nur am Telefon hört. Bei seinem ersten Anruf sagt zu Mulder, "I think you should know... you have a friend at the F.B.I.", und später "Success in your current assignment is imperative. Reinstatement of the X-Files must be undeniable." Mehr erfährt man von ihm nicht. Scully schiebt er eine Boulevardzeitung mit einem Artikel über einen Angriff auf ein russisches Schiff unter der Tür durch, mit dem Titel "Monster on Board!"

Neben den genannten Ekel-Szenen, die nicht jedermanns Sache sind, gibt es in "The Host" auch einige grotesk-komische Momente, vor allem, als man den Flukeman auf das Krankenbett gefesselt transportiert. Auch gut gefallen hat mir die Szene, in der Mulder und Scully sich streiten, wie groß so ein Plattwurm werden kann und ob er für solche Bisswunden verantwortlich sein kann. Etwas Carter-typische Philosophie gibts dann am Ende der Episode auch noch, als Scully den zu groß geratenen Plattwurm mit der Tschernobyl-Katastrophe in Verbindung bringt und meint, "Mulder, nature didn’t make this thing. We did". Insgesamt ist "The Host" eine unterhaltsame Episode mit einem sehr bizarren Monster, interessanten Charakterinteraktionen und einer zumindest angedeuteten tieferen Botschaft. An die ganz großen "Monster of the Week"-Episoden reicht sie für meine Begriffe nicht ganz heran. Ich gebe knappe fünf Dixie-Klos dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Sa 4. Aug 2018, 17:55

Folge 3, Staffel 2: "Blut / Blood"

Drehbuch: Glen Morgan, James Wong & Darin Morgan
Regie: David Nutter



In einer Kleinstadt in Pennsylvania kommt es zu einer Serie von Gewaltausbrüchen, Morden und Amokläufen, für die es keinen Grund zu geben scheint. Mulder reist an den Tatort, und findet heraus, dass in allen Fällen ein elektronisches Display bei der Tat zerstört wurde. Er vermutet, dass jemand unterschwellige Botschaften an die Geräte sendet.

Der Tatort in "Blood" ist eine verschlafene Kleinstadt, in der sich so gut wie nie Morde ereignen - nun sind es plötzlich 22 Tote im letzten halben Jahr, durch sieben verschiedene Täter ermordert, die allesamt unverdächtig erscheinen, und eher einem Opfer- als einem Täterprofil entsprechen: "The killers were all middle income, responsible people. None with a history of violence ... The confounding element of the profiles is that, given their backgrounds, the perpetrators would be, statistically, more likely the victims of violent crimes, rather than the originators." Da die örtliche Polizei völlig überfordert ist ("Things like this aren’t supposed to happen here ... This town is not any of those places ... whatever's going on here is way over our heads"), rufen sie das FBI herbei, das Mulder in seiner Eigenschaft als Profiler schickt. Die X-Akten sind hier immer noch geschlossen, und Mulder und Scully sind weiter getrennt. Mulder wirkt immer noch schlecht gelaunt, und der Polizist, der ihn am Tatort empfängt, tat mir in der sehr einseitigen Konversation fast schon leid. Da keiner der Täter irgendwelche Auffälligkeiten vorweist ("telatives and friends reported only minor displays of dysfunctional behavior. Sleep disorders, headaches, eating difficulties... "), tut sich Mulder mit dem Profil außergewöhnlich schwer, und glaubt, dass ein externer Faktor der Auslöser ist.

Wie sich erweist, sind die Taten nicht auf einen einzelnen Faktor zurückzuführen, sondern auf eine Kombination von mehreren. Die Grundlage sind Experimente mit einem neuen Pflanzenschutzmittel, das Angstreaktionen bei Insekten und auch bei Menschen verstärkt. Bei allen Opfern ist die Tat eine Reaktion auf eine Übersteigerung ihrer schlimmsten Furcht: Hämophobie, Klaustrophobie, die Angst, vergewaltigt zu werden. Getriggert werden die Taten dann durch unterschwellige Botschaften auf elektronischen Displays - im Postverteilerzentrum, in einem Supermarkt, in einem Aufzug, in einer KfZ-Werkstatt, auf einer Armbanduhr, und sogar auf der Mikrowelle in einer häuslichen Küche. Das Thema der unterschwelligen Botschaften ist in Akte X nicht neu; schon in "Conduit" tauchte es auf, als der kleine Bruder der entführten Ruby solche Botschaften durch TV-Signale empfing.
Auch in Staffel 4 in "Wetwired" taucht das Thema wieder auf.
"Blood" ist keine Mythologieepisode im eigentlichen Sinn, knüpft aber an die Rahmenhandlung und deren Verschwörungstheorie an; Mulder vermutet ausdrücklich, dass die Botschaften absichtlich übermittelt werden: "The electronic devices relayed messages that told them specifically what to do with their fear in order to alleviate it. The messages were relayed purposely." Auf die Frage von Scully, aus welchem Grund das geschehe, antwortet Mulder: "Fear. It's the oldest tool of power. If you're distracted by fear of those around you, it keeps you from seeing the actions of those above."

Während ich das zur Not noch bereit bin zu glauben, habe ich mit der Handlung noch andere Probleme; so ist mir nicht klar, ob die Botschaften nun echt waren oder nur Halluzinationen sind. Die meisten Szenen legen eine Art Halluzination nahe, denn im Aufzug, im Supermarkt und in der Küche waren noch andere Personen anwesend, die die Botschaften offenbar nicht sahen. Völlig unklar ist auch, wie die Regierung oder wer immer die Botschaften einschleust, sich in eine Mikrowelle, eine Armbanduhr oder einen Taschenrechner hacken soll - dazu müsste man schon annehmen, dass jewedes elektronisches Gerät mit einem Empfänger ausgestattet wurde, was selbst für Akte X eine sehr weit hergeholte Verschwörungstheorie ist.

Der Täter, der im Mittelpunkt von "Blood" steht, ist der Postangestellte Edward Funsch (motiviert war diese Figur offenbar von einer Häufung von Gewalttaten durch Postangestellte in den 1980ern und -90ern), sehr gut dargestellt von William Sanderson. Indem "Blood" die Geschehnisse aus Edwards Sicht erzählt, sieht man, dass Ed verzweifelt versucht, die gewalttätigen Impulse zu unterdrücken. Eds Auseinanderfallen und seine Entwicklung zum Killer geschehen nicht plötzlich, er versucht zu Anfang noch, den Botschaften aus dem Weg zu gehen, bis letztlich sein Widerstand zusammenbricht. Die Darstellung von Ed erzeugt für ihn eine gewisse Sympathie.

In "Blood" haben auch die Lone Gunmen ihren zweiten Auftritt; auf die chemische Analyse von Scully hin stellt Byers den Zusammenhang mit dem Pflanzenschutzmittel her, mit dem möglicherweise experimentiert wird, und verweist auf das historische Beispiel der Experimente mit DDT. "Different chemicals, same stunts." "They just learned how not to be so obvious."

Was mir an "Blood" gefallen hat, war vor allem William Sanderson in der Rolle des Edward Funsch, der die emotionalen Qualen von Edward hervorragend herüberbrachte. Auch die Szene in der KfZ-Werkstatt fand ich gut umgesetzt. Insgesamt weiß ich jedoch nicht so recht, was ich mit der Geschichte anfangen soll - wie die Botschaften in die Mikrowelle, auf die Armbanduhr etc. gelangen, ist für mich nicht nachvollziehbar: Woher weiß der Verantwortliche eigentlich von den Phobien? Oder trifft es die Opfer/Täter nur zufällig? Das würde Mulders Aussage widersprechen, dass der Inhalt der Botschaften bewusst gewählt war. Auch der Zusammenhang mit dem Pflanzenschutzmittel ist mir zu konstruiert. Mir ist nicht klar, welche Teile des Experiments hier geplant waren und was eher unbeabsichtigt eingetreten ist. Insgesamt wirkt "Blood" auf mich wie eine wenig durchdachte Ansammlung verschiedener Ideen, von denen den Autoren nicht klar war, wohin sie führen sollen. "Blood" lässt mich am Ende etwas ratlos zurück; ich vergebe drei zertrümmerte Displays dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Sa 4. Aug 2018, 18:01

Folge 4, Staffel 2: "Schlaflos / Sleepless"

Drehbuch: Howard Gordon
Regie: Rob Bowman



In New York City setzt ein Arzt einen Notruf ab, seine Wohnung stehe in Flammen. Als die Feuerwehr eintrifft, ist der Arzt tot, doch von einem Brand gibt es keine Spur. Wenig später wird ein Vietnam-Veteran in seiner Wohnung tot aufgefunden. Beide Opfer sind laut Autopsie an den Folgen von Verbrennungen bzw. Erschießung gestorben, ohne dass äußerlich Einschüsse oder Verbrennungszeichen zu sehen sind. Es stellt sich heraus, das beide zu Zeiten des Vietnam-Kriegs an Regierungsexperimenten mit Schlafentzug beteiligt waren. Mulder trifft seinen neuen Informanten erstmals persönlich, und bekommt vom FBI einen neuen Partner zugeteilt.

In "Sleepless" wird erstmals die Idee von Supersoldaten in die Serie eingeführt, die sehr viel später noch eine zentrale Rolle einnehmen wird. Supersoldaten sind in der amerikanischen Pop Culture eine lange Tradition, das prominenteste Beispiel ist "Captain America". In der Realgeschichte gab es v.a. nach dem zweiten Weltkrieg Versuche, Supersoldaten hervorzubringen; die in "Sleepless" dargestellte Variante, das notwendige Schlafpensum der Soldaten zu reduzieren, ist dabei eines der wichtigsten Zeile (siehe hier). Auch an paranormalen Fähigkeiten wie Projektionen, Fernsichtigkeit und gesteuerten Träumen wurde gearbeitet. In "Sleepless" stammen die Experimente aus der Zeit des Vietnam-Kriegs und hatten zum Ziel, Soldaten zu schaffen, die völlig ohne Schlaf auskommen. Es ging hierbei nicht nur darum, dass Soldaten nicht ermüden sollten und länger im Einsatz sein konnten, sondern vor allem darum, dass Soldaten nicht mehr von Alpträumen und Visionen verfolgt sein sollten. Durch einen gehirnchirurgischen Eingriff in Kombination mit Antidepressiva konnte das Ziel erreicht werden. Die Experimente waren in Programm des Militärs, das Syndikat hatte damit nichts zu tun.

Augustus Cole aka "Preacher" ist einer dieser Supersoldaten, und er hat infolge der an ihm vorgenommenen Experimente seit 24 Jahren nicht geschlafen. Coles Einheit im Vietnam-Krieg bestand ausschließlich aus solchen Soldaten, die nicht schliefen und den Verstand verloren und anfingen, wahllos zu töten. Cole sieht sich auf einer Art pseudo-religiösen Mission (Mulder bezeichnet es als "Racheengel") und glaubt, es sei seine Aufgabe, die Opfer zu rächen und alle am dem Programm Beteiligten zu töten, angefangen mit dem Arzt, der für die Experimente verantwortlich war. "He had to pay, Henry. All of us have to answer for what did over there — can’t get away from it." Er bringt den Arzt jedoch nicht einfach um, sondern nutzt seine durch die Experimente erlangten paranormalen Fähigkeiten, um ihn durch ein imaginäres Feuer zu töten. Im Gespräch mit Cole sagt der Vietnam-Veteran Willig, der zu Coles Einheit gehörte, " I’m, uh,---tryin’ to forget. You know. I’m trying to get it out of my head. [...] I keep seein’ the faces. Every day I see---" Die Unfähigkeit zu schlafen hat die Soldaten nicht nur vor Alpträumen bewahrt, sondern ihnen auch die Fähigkeit genommen, die Erlebnisse im Traum aufzuarbeiten.

Den Hinweis auf den Fall bekam Mulder von seinem neuen Informanten X, der Scully schon in "The Host" die Zeitung mit den entscheidenden Informationen zukommen ließ und den Mulder in "Sleepless" erstmals auch persönlich kennenlernt. Schon bei der ersten Begegnung wird klar, dass er ein völlig anderer Charakter wie Deep Throat ist. War Deep Throat zwar ebenfalls etwas zwielichtig, so erschien er doch immer freundlich und gutmütig, und stellte für Mulder eine Art Vaterfigur dar. X dagegen ist wesentlich paranoider als Deep Throat, er ist aggressiv und wirkt teilweise geradezu feindselig. "You think I want to be here, agent Mulder? I don't want to be here", macht er Mulder klar, und: "the man we both knew paid for that information with his life, a sacrifice I'm not willing to make." Er warnt Mulder, dass die Schließung der X-Akten und die Trennung von Scully nur der Anfang waren. "The truth is still out there, but it’s never been more dangerous." Es ist völlig unklar, was Xs Motivation für seine Informantentätigkeit ist. Es wird angedeutet, dass sie etwas mit Deep Throat zu tun haben könnten, den er offensichtlich kannte.

Mulders neuer Partner Alex Krycek hat den Fall wenige Stunden vor Mulder eröffnet, so dass Mulder gezwungen ist, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er scheint ein recht unerfahrener junger Agent zu sein ("Look, I may be - green...") und sich für Mulders Arbeit an paranormalen Phänomenen zu interessieren. Mulder traut ihm dennoch nicht, und versucht ihn, soweit es geht auf Distanz zu halten. Es kommt zu einigen amüsanten Szenen, in denen Krycek eher wie ein verschmähter Liebhaber wirkt, der zwischen Mulder und Scully geraten ist, so beispielsweise, als Mulder ihn anfangs einfach stehen lässt: "Hey, I don’t appreciate being ditched like someone’s bad date." In den Szenen mit Mulder und Scully wirkt er ein wenig wie das fünfte Rad am Wagen. Auf Seiten Scullys scheint auch etwas professionelle Eifersucht im Spiel: "Sounds like your new partner’s working out" - "He’s all right. He could use a little more seasoning and some wardrobe advice. But he’s a lot more open to extreme possibilities than... "Than I was?" und "Must be nice not having someone question your every move, poking holes in all your theories."

Ob Mulder Krycek tatsächlich verdächtigt, mehr zu sein, als ein lästiger neuer Partner, ist hier nicht ganz klar. Es stellt sich jedoch heraus, dass mehr dahinter steckt: Am Ende der Episode stiehlt Krycek die Akten und übergibt sie dem Raucher. Er erstattet diesem Bericht, dass Mulder einen neuen Informanten hat. Krycek wurde Mulder zugeteilt, um den Job zu machen, für den ursprünglich Scully vorgesehen war: Mulder zu überwachen und über seine Aktivitäten zu berichten. Als er, nach Scullys Rolle gefragt, konstatiert: "reassigning them to other areas seems to have only strengthened their determination. Scully’s a problem. A much larger problem than you described," stellt der Raucher fest: "Every problem has a solution", was nichts Gutes erwarten lässt. In "Sleepless" ist Krycek einerseits als verlässlicher Partner für Mulder, hindert ihn nicht an den Ermittlungen und bewahrt in sogar vor einer Anklage, andererseits erschießt er den einzigen Mann, der Beweise für die Regierungsexperimente hätte erbringen können und stellt so sicher, dass die Experimente geheim bleiben und Mulder nichts beweisen kann.

Die Motivation von Preacher fand ich glaubhaft und die Figur - wie auch die anderen Gastcharaktere - gut entwickelt. "Sleepless" hat mit Tony Todd in der Role des Augustus Cole einen gut gewählten Gastdarsteller, der den Racheengel Preacher überzeugend spielt. Es gibt auch einige gute Szenen, so gleich zu Anfang das imaginäre Feuer in der Wohnung des Arztes, oder das Gespräch zwischen Cole und Willig in dessen Wohnung. Auch der Showdown am Bahnhof ist gut gelungen. Die Einführung von Krycek und X bringen zusätzliche Komplexität in die Gemengelage der Serie ein und machen "Sleepless" zu einer zentralen Episode. Rob Robert Bowmans Regie und der Soundtrack gefielen mir auch sehr gut. Ich vergebe gute vier Schlaftabletten dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Mi 29. Aug 2018, 18:31

Folge 5, Staffel 2: "Unter Kontrolle / Duane Barry"

Drehbuch: Chris Carter
Regie: Chris Carter



Ein ehemaliger FBI-Agent ist aus der Psychiatrie ausgebrochen und hat seinen Psychiater entführt. Er ist überzeugt, von Außerirdischen entführt worden zu sein. Da er glaubt, dass sie ihn wieder entführen wollen, will er zur Entführungsstelle reisen und den Psychiater an seiner statt entführen lassen. Auf dem Weg überfällt er ein Reisebüro und nimmt dort auch die Anwesenden als Geiseln. Mulder wird als Experte herbeigerufen, um mit dem Entführer zu verhandeln.

"Duane Barry" ist eine der Schlüsselepisoden von Akte X. Sie ist eine typische Alien-Episode, die die Mythologie einen großen Schritt voranbringt und vor allem den Ausgangspunkt von Scullys wichtigstem persönlichen Handlungsbogen darstellt. Der Vorfall, geschehen im Jahr 1982, ist ein Mysterium; Barry wurde in einem Einsatz aus seiner eigenen Waffe angeschossen und im Wald zurückgelassen. Im Anschluss verlor er Frau, Kinder und sein Haus und wurde über ein Jahrzehnt lang immer wieder in psychiatrische Anstalten eingewiesen. Es ist anzunehmen, dass um diese Zeit die Entführungen begannen und er anfing, von Aliens und UFOs zu erzählen. Es kann auch sein, dass der "Unfall" bei seiner ersten Entführung in Skyland Mountain stattfand. Barry ist ein typisches Entführungsopfer, wie wir sie schon öfter kennengelernt haben; ein Außenseiter, in diesem Fall ein Geisteskranker, dessen Erzählungen von niemandem ernst genommen werden. Wie schon im Fall Max Fenigs ("Fallen Angel") ist eine gewisse Charakterverwandtschaft mit Mulder nicht zu leugnen; in Barrys Fall ist es sogar noch offensichtlicher, denn man erfährt, dass er vor diesem Unfall als mustergültiger FBI-Agent galt. Aufgrund seiner medizischen Vorgeschichte könnte es gut sein, dass Barrys Erinnerungen wirklich Wahnvorstellungen sind, wie Scully aufgrund seiner Kopfschussverletzung argumentiert.

Barry erzählt Mulder, die Regierung kooperiere mit Außerirdischen und auch das Militär sei beteiligt: "The government knows why they're here, but they wouldn't dare let the truth out. So they cooperate." Bisher war immer nur die Rede davon, dass die Regierung und das Militär den Aliens feindselig gegenüber traten - unter der von Deep Throat erwähnten UN-Resolution 2013. Dass es eine Kooperation gibt, zumindest von Leuten in der Regierung, ist eine neue Information. Barry erinnert sich, die Aliens angefleht zu haben, mit den Experimenten aufzuhören und ihn gehenzulassen. "They know what I’m saying. But they just… go right on about their business." Das Leiden ihrer Testpersonen ist ihnen gleichgültig. Es geht nicht um Barry persönlich, die Aliens haben nichts gegen ihn, er ist nur ein zufälliges Versuchsobjekt. Man fühlt sich an Tierversuche erinnert.

Ob die Bilder von den Außerirdischen und den Experimenten, die man in den Rückblenden sieht, real sind oder Barrys Wahnvorstellungen, ist nicht ganz klar. Jedenfalls sind es für die gesamte Serie prägende Szenen, die in der einen oder anderen Form immer wieder auftauchen. Dass mit Barry irgendetwas passiert ist, was nicht nur in seiner Einbildung stattgefunden hat, wird jedoch schon im Teaser angedeutet, als der Hund von Barry ein UFO anbellt. Später werden in Barrys Körper Implantate gefunden und die von ihm beschriebenen Löcher in seinen Zähnen, die nach Aussage eines befragten Zahnarztes nicht mit menschlicher Technik hätten gebohrt werden können. Eines der Implantate, das man Barry entfernt, ist mit einer Art Barcode versehen. Als Scully es später versuchsweise über eine Scannerkasse in einem Supermarkt zieht, spielt die Kasse verrückt - eine herrliche Szene. Psychosen oder nicht, Barrys Schilderungen haben auf jeden Fall einen realen Hintergrund, wie auch die anfänglich skeptische Leiterin des Einsatzteams Agent Kazdin schließlich erkennt.

Mulder wird aufgrund seiner Erfahrungen mit Entführten herbeigerufen, und während die anderen Agenten Barrys Aussagen als Hirngespinste abtun, nimmt Mulder sie ernst. Sein Verhalten in der Entführungsszene ist stark persönlich geprägt, er will nicht nur die Geiseln freibekommen, sondern er nutzt die Situation, um mehr über die Aliens herauszubekommen. Inwieweit er Barrys Geschichte glaubt, ist unklar - auch nachdem ihn Scully von Barrys Kopfschuss erzählt. Je weiter sich die Entführungsszenerie entwickelt, umso mehr wird Mulder in Barrys Gedankenwelt hineingezogen, und scheint seine Objektivität zu verlieren. Hier ist nicht nur der psychologisch ausgebildete Profiler am Werk, oder reine Empathie gegenüber Barry - Mulder ist auch von seiner eigenen Suche nach Antworten und seinen Schuldgefühlen wegen Samanthas Entführung angetrieben. An manchen Punkten scheint er fast die Anwesenheit der Geiseln zu vergessen: "Where do they take you, Duane? Is there a ship? Do they take you to a ship, Duane? How do you get there? Are you conscious or being transported?" Und, als Mulder über Samantha spricht: "I've seen kids sometimes, young girls." - "What are they doing to them?" - "Doing tests. You know… testing them. I tell them not to cry." - "Are they hurting them?" Mulders neuer Partner Krycek hat in "Duane Barry" nicht viel zu tun, außer, dass er für Agent Kazdin Kaffee holen darf.

"Duane Barry" ist die erste Episode, in der Chris Carter nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch Regie führte. Es ist ein sehr gelungenes Debüt, angefangen von der Eröffnungsszene, in der die Kamera Barry durch sein heruntergekommenes Haus folgt, über die denkwürdigen Entführungsszenen und die Rückblenden mit den Experimenten, bis zur Geiselhaft, in der der Showdown in einem dunklen Bildschirm versteckt wird. Bei aller Dramatik hat "Duane Barry" auch einige komische Elemente, so das Detail, dass Barry nicht weiß, wo der Entführungsort ist und sich deshalb in ein Reisebüro begibt, die Szene, in der Krycek Kaffee holen geschickt wird, oder die Szene im Supermarkt, als Scully das Implantat über die Scannerkasse zieht. Sehr dramatisch ist auch der Cliffhanger, als Barry vor Scullys Fenster auftaucht, gerade als sie Mulder anruft und ihm die Sache mit der Scannerkasse erzählen will.

"Duane Barry" ist nicht nur eine der wichtigsten Akte X-Episoden überhaupt, sie brachte auch Carol Pounder und Christ Carter Emmy-Nominierungen für die Rolle der Agent Kandiz bzw. das Drehbuch ein. Etwas verwunderlich ist, dass nicht der ausgezeichnete Steve Railsback in der Rolle des Duane Barry berücksichtigt wurde. Ich vergebe sechs Implantate dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Mi 29. Aug 2018, 18:32

Folge 6, Staffel 2: "Seilbahn zu den Sternen / Ascension"

Drehbuch: Paul Brown
Regie: Michael Lange



"Ascension" geht nahtlos dort weiter, wo "Duane Barry" aufhörte, nur am anderen Ende der Telefonleitung. Mulder kommt zu spät, um Scullys Entführung zu verhindern, wird danach - natürlich vergeblich - von Skinner von der Fahndung nach ihr ausgeschlossen, und macht sich mit Krycek auf eigene Faust auf die Suche nach Scully. Sie folgen Barry, der Scully im Austausch an seiner Stelle zur Entführung anbieten will, zur vermutlichen Entführungsstelle auf dem Gipfel eines Bergs. Mulder versucht Barry, der mit dem Auto unterwegs ist, mit der dortigen Seilbahn zu überholen, wird dabei aber von seinem Partner Krycek sabotiert.

Die Tagline von "Ascension" heißt "Deny Everything" und sie stammt von X, aus seiner Konversation mit Mulder kurz vor dem Ende der Episode, und sie betrifft die Vermutung, dass Scullys Entführung geplant war. Man erinnert sich, dass am Ende von "Sleepless" Scully von Krycek als "Problem" bezeichnet wurde, worauf hin der Raucher antwortete: "Every problem has a solution". Gleich zu Beginn der Episode, in der Unterredung mit Skinner, bringt Mulder die entscheidende Frage auf den Punkt: "There's a question of how he [Barry, Anm. von mir] could've gotten to her in the first place." In der Tat - wo hatte Barry Scullys Adresse her? Später in der Episode wird das Thema nochmals angesprochen. "You really think he tracked her down with that implant?" - "Well, that's the easiest explanation. It's also the most implausible." - "Is there another possibility?" - "Somebody could have given him her address. I don't know who."

Es ist ziemlich offensichtlich, wer da in Frage käme. Schon als Mulder Skyland Mountain als den wahrscheinlichen Entführungsort identifizierte und sich auf den Weg machte, wirkte Krycek alles andere als begeistert. Als Mulder dann mit der Seilbahn versucht, den mit dem PKW in Richtung Gipfel fahrenden Barry mit der Seilbahn einzuholen, wird der bisher nur als Spion agierende Krycek zum Saboteur: Er schlägt den Mitarbeiter der Talstation nieder und schaltet die Seilbahn aus. Als Mulder dann die Gondel verlässt und versucht, über das Kabel bis zur Bergstation zu klettern, schaltet er die Seilbahn wieder ein und setzt damit bewusst Mulders Leben aufs Spiel. Die Stunt-Szenen auf der Seilbahn gehören zu den bemerkenswertesten der ganzen Serie. Es ist zwar offensichtlich, dass Krycek hier sehr stark improvisiert, aber die von ihm verursachte Verzögerung reicht aus, dass Mulder zu spät kommt, um Scullys Entführung noch zu verhindern. Im Krankenhaus tötet er schließlich Barry, bevor Mulder ihn weiter befragen kann, und sorgt dafür, dass Mulder für dessen Tod nicht angeklagt wird.

Krycek - der in "Duane Barry" nur Kaffee holen durfte - handelt im Auftrag des Syndikats, ist aber offensichtlich sehr weit unten in der Syndikatshierarchie ("You have no rights, only orders to be carried out"), was ihn erkennbar frustriert. Die Flugzeuge, die man am Ende sieht, sind auch keine außerirdischen UFOs wie das, das Barry zu Anfang von "Duane Barry" gesehen hat, sondern es sieht sehr nach irdischem Flugzeug aus. Am Ende verschwindet Krycek, und Mulder findet im Auto die Zigarettenstummel des Rauchers - eine Szene, die, wie Reviewer Darren Mooney schreibt, an die Entdeckung eines betrogenen Liebhabers erinnert. Schon in "Sleepless" hat Akte X mit diesen Allegorien zu einer Affäre zwischen Mulder und Krycek gespielt. Als Krycek dann nicht mehr zur Arbeit auftaucht und sein Telefonanschluss stillgelegt ist, scheint nicht nur Mulder, sondern auch Skinner klar zu sein, was gespielt wurde, und Skinner lässt daraufhin die X-Akten wieder öffnen ("That's what they fear the most.") m.W. ist das erste Mal, dass sich Skinner hier offen auf Mulders Seite stellt.

Scullys Entführung ist für Mulder womöglich schlimmer als ihr Tod es wäre, ist es doch für ihn ein Déjà-Vu-Erlebnis, da er nach seiner Schwester Samantha bereits zum zweiten Mal eine ihm nahestehende Person nicht vor der Entführung bewahren kann. Am Ende sieht er nur noch ein helles Licht und einen jubelnden Duane Barry, der froh ist, dass er diesmal verschont geblieben ist. Die Szenen mit den Experimenten an Scully stammen vermutlich aus Mulders Fantasie, und entsprechen seinen schlimmsten Alpträumen. Wie ihm das zusetzt, zeigt die Konfrontation des völlig aufgelösten Mulder mit Barry im Krankenhaus, als er ihn beinahe erwürgt - obwohl Barry selber auch nur ein Opfer ist. Gegen Ende der Folge ist eine berührende Begegnung mit Scullys Mutter zu sehen, die die Hoffnung noch nicht aufgeben will.

Es ist erstaunlich und sehr bemerkenswert, wie ein ungeplantes und für die Show höchst problematisches Ereignis, die Schwangerschaft von Gillian Anderson, von den Machern von Akte X kreativ in einen Handlungsbogen umgemünzt wurde, der die ganze Serie veränderte. Die Autoren mussten einen Weg finden, für eine Zeitlang Scully aus der Handlung zu nehmen. Viele Shows hätten Scully einfach für ein paar Wochen auf eine Konferenz geschickt oder anderweitig aus dem Verkehr gezogen. Akte X ließ das Syndikat Scully entführen und brachte damit nicht nur die Mythologie voran - davon, dass das Syndikat und nicht Aliens Personen entführte, war vorher nie die Rede - sondern leitete auch den wichtigsten persönlichen Handlungsbogen ein, denn es ist klar, dass über diese Entführung und ihre Konsequenzen danach nicht so einfach hinwegzugehen ist. Fast nebenbei fand man damit noch eine elegante Lösung, wie die X-Akten wieder zu öffnen und der Cliffhanger vom Staffelfinale der ersten Staffel aufzulösen ist.

Schon allein dies macht "Ascension" zu einer besonderen Episode. Darüber hinaus hat die Folge noch eine Reihe spektakulärer Szenen und interessanter Storyelemente zu bieten. Hervorzuheben sind natürlich die Szenen rund um die Seilbahnfahrt, allen voran Mulders Stunts auf der Kabine, die wirklich haarsträubend sind, auch wenn man natürlich weiß, dass ihm nichts passieren wird. Erschreckend sind auch wieder die Szenen mit den Experimenten an Scully auf dem fremden Schiff, und die Konfrontation Mulders mit Barry im Krankenhaus ist sehr packend inszeniert (hier, wie überhaupt in "Ascension", ist auch David Duchovnys schauspielerische Leistung positiv hervorzuheben). Die Schlussszene, als Mulder auf dem Gipfel von Skyland Mountain in den sternenlosen Nachthimmel starrt, ist fantastisch und untermalt seine Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit in diesem Moment. "Ascension" ist nicht nur eine der zentralsten Episoden von Akte X, sondern insgesamt auch hervorragend gelungen. Ich gebe knappe sechs Seilbahnkabinen dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Do 6. Sep 2018, 22:27

Folge 7, Staffel 2: "Drei / 3"

Drehbuch: Chris Ruppenthal, Glen Morgan & James Wong
Regie: David Nutter



Die X-Akten wurden wieder geöffnet, und Mulders erster Fall ist ein ritualistischer Mord in L.A., bei dem den drei Opfern sämtliches Blut entnommen wurde. Schon zweimal gab es Mordserien mit denselben Merkmalen. Mulder vermutet, dass eine Gruppe von Tätern verantwortlich ist, die sich für Vampire halten.

"3" nimmt sich wieder eines der traditionellen Horror-Mythen an, diesesmal sind es die Vampire. Schon in "The Jersey Devil" (ortsansässiges Monster in New Jersey), "Shapes" (Werwölfe) und "Shadows" (Poltergeister) tat sich Akte X mit diesen klassischen Motiven schwer, und auch in "3" ergeht es der Serie nicht anders. Es sind alle klassischen Klischees vorhanden - Blut, Sex, Versuche, die Unsterblichkeit zu erlangen, und schwarze Kleidung. Ähnlich wie schon die Staffel-1-Episode "Gender Bender" greift auch "3" die Aids-Thematik wieder auf (nach dem Motto: "Sex ist gefährlich"), und der Umgang damit ist in "3" auch nicht wirklich tiefsinniger oder interessanter.

Von dem Trio von Vampiren, von Mulder als "Father, Son and Unholy Ghost" bezeichnet, lernt man nur einen näher kennen, John ("The Son"), der in einer Blutbank arbeitet. Beim Verhör behauptet John, ein echter Vampir und damit unsterblich zu sein. Mulder glaubt ihm nicht und ein Versuch, der zeigt, dass John - entgegen seinen Behauptungen - in einem Spiegel sichtbar ist, überzeut Mulder, dass John unter einer Psychose leidet. Er lässt John in eine Zelle sperren, in der er grellem Sonnenlicht ausgesetzt ist, um ihn so zur Aussage über seine beiden Komplizen zu bringen. Doch als die Sonnenstrahlen auf John treffen, beginnt er, zu verbrennen. Das Verhör Johns durch Mulder ist noch mit das Interessanteste an "3", geht es doch hier die Motive von John und seinen Komplizen, nämlich, durch ihre Verbrechen Unsterblichkeit zu erlangen. Die Schrift aus Blut am Tatort zitiert aus der Bibel - "he who eats of my flesh and drinks of my blood shall have eternal life and I will raise him up on the last day" - und scheint dieses Zitat wörtlich zu nehmen. John zufolge ist das irdische ewige Leben das einzige, was eine Bedeutung hat: "Look, what nobody realizes is that there is no afterlife [...] There's no heaven. There's no soul. There's just rot and there's just decay."
Die Folgeepisode "One Breath" hingegen argumentiert unmissverständlich, dass es ein Leben nach dem Tode gibt.
Er und seine Komplizen glauben, durch ihre Verbrechen dieses ewige irdische Leben erlangen zu können und auf diese Weise dem Nichts, das ihrer Meinung nach dem Tod folgt, zu entgehen. Als John dann unter dem Sonnenlicht verbrennt, später in der Episode aber wieder zurückkommt, ist klar, dass hier etwas Paranormales im Gange ist.

Kristen, die dunkelhaarige Frau, von der uns die Episode zunächst glauben machen will, dass sie "The Unholy Spirit" ist, ist tatsächlich eigentlicih unschuldig und nur in die Angelegenheit hineingeraten, weil sie früher mit John liiert war und seither von dem Vampirtrio verfolgt wird. Eine Vampirin ist sie nicht, und in ihrem finalen heroischen Akt der Selbstaufopferung tötet sie sicih selbst - eine Unschuldige - um zur Vampirin zu werden und den Vampir John zerstören zu können.

Der ganze etwas wirre Fall existiert hauptsächlich, um die Abwesenheit von Gillian Anderson wegen ihrer Entbindung zu überbrücken und dazu zu nutzen, dem Zuschauer zu zeigen, wie Mulder ohne Scully zurecht kommt. Dem Kalender in Mulders Kellerbüro zufolge ist es sieben Monate her, dass die X-Akten geschlossen wurden; die Entführung von Scully ist einige Wochen her. In der Eröffnungsszene sieht man, wie Mulder Scullys FBI-Ausweis und ihre Brille in ihre X-Akte legt. Er führt seine Untersuchung durch, wirkt aber nicht ganz bei sich. In einer Szene sagt er, "I don't sleep anymore," und es ist klar, dass sich dies nicht nur ein Scherz im Zusammenhang mit den Vampiren ist. Er flüchtet sich in die Affäre mit Kristen Kilar, die als Opfer einer Kindheit mit einem brutalen genau die Richtige für Mulders Beschützer-Komplex ist.

Das Drehbuch von "3" leidet unter einer ähnlich wirren Story wie das über die Kindred-Kolonie; eigentlich soll es um "Father, Son and Unholy Ghost" gehen, aber Kristen ist letztlich nicht der Unheilige Geist, nach dem gesucht wird und für den man sie über fast die ganze Episode hält, sondern ein Opfer dieser Vampir-Dreieinigkeit. Die echte "Unholy Ghost" ist, wie sich herausstellt, eine ganz andere Frau, über die man nichts erfährt und die man kaum zu sehen bekommt. Das ist alles etwas unausgegoren, inklusive der Auferstehung von John, über die man auch nichts weiteres erfährt. Es gibt auch einige Ungereimtheiten, so z.B. dass John zwar alle Eigenschaften eines Vampirs aufweist, aber dennoch im Spiegel zu sehen ist. Etwas merkwürdig ist auch, dass er - als relativ neuer Mitarbeiter - in der Blutbank fortlaufend Glühbirnen erstören kann, und dies keinen Verdacht erregt, und auch niemand merkt, dass er dort erhebliche Mengen Blut stiehlt.

"3" hat durchaus auch Dinge aufzuweisen, die für die Episode sprechen. Regisseur David Nutter inszeniert die Folge sehr atmosphärisch, visuell ist "3" durchaus ansprechend, und arbeitet viel mit Symbolik: Der Wein, die rote Farbe, das zerbrochene Glas. Der Moment, als Mulder das X-Akten-Büro wieder betritt, ist gut gemacht, ebenso das Verhör mit John im Gefängnis. Gut gelungen ist auch der Twist der Drehbuchautoren, dass Kristen einen Weg findet, den Vampir auszulöschen, ohne selber jemanden töten zu müssen - diese Szene ist auch sehr gut inszeniert. Insgesamt hat mich "3" aber nicht überzeugt. Die Handlung ist insgesamt zu verworren und hat zu viele Löcher, die Affäre zwischen Mulder und Kristen wirkte auf mich gezwungen und gestellt. Letztlich existiert "3" nur, um mit Mühe ein durch Gillian Andersons Abwesenheit verursachtes Loch im Produktionszeitplan zu stopfen. Ich gebe gute zwei Blutkonserven dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Do 6. Sep 2018, 22:29

Folge 8, Staffel 2: "An der Grenze / One Breath"

Drehbuch: Glen Morgan & James Wong
Regie: R.W. Goodwin



Scully taucht in einem Krankenhaus auf und befindet sich in kritischem Zustand. Die Ärzte sind ratlos und aufgrund ihrer Patientenverfügung entscheidet sich die Familie, die lebenserhaltenden Maschinen abzuschalten. Mulder kann diese Entscheidung nicht einfach akzeptieren, und setzt alles in Bewegung, um Scully doch noch zu retten oder wenigstens die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

"One Breath" ist eigentlich der dritte Teil des Zweiteilers "Duane Barry / Ascension" und zählt zwar zu den Mythologie-Episoden, ist aber in erster Linie eine Charakterfolge, die sich darum dreht, wie Mulder mit Scullys Rückkehr und ihrem offenbar bevorstehenden Tod umgeht. Mrs Scully hat schon den Grabstein bestellt, da taucht ihre Tochter plötzlich bewusstlos und in kritischem Zustand in einem Krankenhaus auf. Keiner weiß, wie sie da hin gekommen ist, geschweige denn, was ihr fehlt, was Mulder vollends in Rage bringt. In seiner Verzweiflung sucht er Freund und Feind auf, um an Informationen zu kommen, die Scully helfen könnten. Erst besucht er die Lone Gunmen (ich fand die Szene, als Frohike im Smoking und mit den Blumen im Krankenhaus auftauchte, rührend), die in Scullys Datenfiles Hinweise auf gentechische Experimente finden: "... the protein chains are a result of branched DNA. [...] The cutting edge of genetic engineering [...] This technology fifty years down the line." Auf Mulders Frage hin, wozu dies dient, antworten die Lone Gunmen: "A biological equivalent of a silicon microchip [...] Could be a tracking system [...] Developmental stages of a biological marker." - "You mean a high-tech identity card?" Bereits hier taucht zum ersten Mal die Idee eines gentechnisch erzeugten Identitätscodes auf, die später in der Serie noch eine große Rolle spielen wird. Das Vorhandensein zweier verschiedener DNA-Stränge, die Langly und Co. auf den Charts sehen, zeigt die Überreste zugeführter außerirdischer oder hybrider DNA, die nach den Versuchen inaktiviert wurde und nun als toxischer Müll in Scullys Blut bleibt ("... something as insidious as grafting a human into something ... inhuman"). Scully wurde somit temporär in eine Hybridin transformiert. Einen Rat, wie Scully zu helfen ist, haben die Lone Gunmen für Mulder aber auch nicht.

X, mit dem Mulder dann in der Tiefgarage aneinandergerät, wirkte auf mich regelrecht panisch. Er verlangt von Mulder, Scully aufzugeben und hat sichtlich Angst, dass jemand ihm bzw. seiner Verbindung zu Mulder auf die Schliche kommt und er so endet wie Deep Throat. Er bezeichnet Mulder als "Schuljungen" und sein "Werkzeug", das er nur benutzt, wenn er es braucht (braucht wozu? Immer noch ist rätselhaft, was Xs Motivation eigentlich ist. Das Zitat "I used to be you. I was where you are now" lädt zu weiteren Spekulationen ein). Die eiskalte Art, mit der er den Typen abknallt, der Scullys Blutprobe mitgenommen, hat, macht den Unterschied zwischen ihm und Deep Throat wieder einmal deutlich.

Nach einem fruchtlosen Besuch bei Skinner ist der nächste, mit dem Mulder zusammenrasselt, der Raucher (amüsante Szene kurz davor in Skinners Büro, als der Raucher das "bitte nicht Rauchen"-Schild ignoriert). Mulder ist da schon ganz nahe dran, zur dunklen Seite zu wechseln und den Raucher einfach zu erschießen. Der Raucher gibt mehr oder weniger zu, hinter Scullys Entführung zu stecken, und erklärt ihm, er glaube, dass er das Richtige tue. "Don't threaten me, Mulder, I've watched presidents die" - ein klassisches Akte-X-Zitat und eine fantastische Szene. Wie schon X macht der Raucher kryptische Andeutungen, was er alles weiß, das Mulder nicht weiß und die Welt nicht erfahren darf. Als Mulder dann beim FBI kündigen will, akzeptiert Skinner das nicht. Die Gespräche mit Skinner und davor mit Melissa machen klar, dass Mulders desolate Verfassung mindestens so sehr auf Schuldgefühle und Selbstvorwürfe und Selbsthass, Scullys Schicksal verursacht zu haben, wie auf den Verlust von Scully selber zurückzuführen ist.

Nach dem nicht durchgeführten Racheversuch am Raucher (bezeichnend, dass Mulder noch nicht einmal versucht, aus ihm herauszubekommen, wie Scully vielleicht zu helfen sein könnte - das Ganze ist wirklich ein ziemlicher Ego-Trip) bekommt er von X eine zweite "Chance", auf die dunkle Seite zu wechseln und an Scullys Entführern Rache zu nehmen (wieder charakteristisch, dass so Xs Vorstellung von Hilfe in dieser Situation aussieht). Bevor die von X zu Mulders Wohnung gelotsten Einbrecher dort ankommen, steht aber Scullys Schwester vor der Tür. Melissa, die im Krankenhaus mit ihrem Kristallpendel wie das Klischee einer typischen abgedrehten New-Age-Tusse wirkte, durchschaut hier völlig, was in Mulder vorgeht, und bringt ihn dazu, den "dunklen Ort" (die ausgeschalteten Lichter meinte sie damit nicht) zu verlassen und Scully an ihrem (vermeintlichen) Totenbett zu besuchen, um sich zu verabschieden. Als Mulder dann in sein verwüstetes Apartment zurückkommt, ist endgültig alles zuviel für ihn; der emotionale Gipfel der Episode, als er im Dunkeln weinend zu Boden sinkt. Eine tolle schauspielerische Leistung, wie überhaupt in der ganzen Episode, des angeblich "hölzernen" Duchovny.

Mulders persönliche Krise in "One Breath" resultiert aus der Machtlosigkeit, die er angesichts der Situation empfindet, seiner Verzweiflung und Angst, Scully zu verlieren. "Your anger and your fear’s blocking any positive emotions she needs to feel," sagt ihm Melissa, als er sich weigert, Scullys Tod zu akzeptieren, und statt an ihrem Krankenbett zu sein, unbedingt etwas tun will, um die Geschehnisse aufzuhalten. "I need to do more than just wave my hands in the air!" (Auch X gegenüber betont er das noch einmal: "I owe her more than just sitting around doing nothing!"). Sowohl Melissa als auch Skinner und X sagen ihm, er müsse Scully gehen lassen, verbinden aber völlig unterschiedlichen Rat damit. Während X ihn geradezu auffordert, Scully zu rächen, weckt Skinner indirekt noch Schuldgefühle und verschlimmert dadurch Mulders Krise: "We all know the field we play on and we all know what can happen in the course of a game. If you were unprepared for all the potentials, then you shouldn’t step on the field." - "What if I... I knew the potential consequences but I... I never told her?" - "Then you’re as much to blame for her condition as... The Cancer Man." (Ich weiß nicht, ob das wirklich gerecht gegenüber Mulder ist; was hätte er ihr denn sagen sollen, was sie selbst als FBI-Agentin hätte wissen müssen - und vor allem, was sie ihm zu diesem Zeitpunkt auch geglaubt hätte?) Melissa schließlich bringt es auf den Punkt: "Why don't you just drop your cynicism and your paranoia and your defeat. You know, just because it's positive and good doesn't make it silly or trite! Why is it so much easier for you to run around trying to get even than just expressing to her how you feel? I expect more from you. Dana expects more." Es geht "One Breath" und den Autoren darum, dass Mulders Krise zu einem erheblichen Teil auf Selbstmitleid und anderen letztlich egoistischen Motiven basiert als auf dem Wunsch, Scully zu helfen - denn Racheaktionen helfen Scully nichts.

Am Ende ist es bemerkenswert, dass Mulder Melissas Ratschlag folgt und, statt die von X ihm angebotene Rachemöglichkeit zu ergreifen, zu Scully geht. Es erinnerte mich sehr an die Szene in Star Wars: Die Rückkehr der Jedi-Ritter, als Luke Skywalker, statt den Imperator zu töten, sein Lichtschwert wegwirft. Ob Mulders Anwesenheit an ihrem Krankenbett, als Scully im Zwischenreich ihre Entscheidung traf, irgendetwas bewirkte, lässt die Episode offen. Wichtig für Mulder ist, dass er hier der dunklen Seite nicht verfallen ist.

"One Breath" ist schließlich m.W. auch die erste Episode, in der man etwas mehr über Walter Skinner erfährt. Interessant ist hier vor allem die zweite Szene, in der er über seinen Einsatz in Vietman erzählt. Skinner war freiwillig dort im Einsatz: "I did it on a blind faith. I did it because I believed it was the right thing to do." Die Erlebnisse dort ließen ihn diesen Glauben verlieren: "I lost my faith. Not in my country or in myself, but in everything. There was just no point to anything anymore." Er fügt hinzu, er wisse nicht, ob er nun glaube oder nicht, dass es das richtige war. Skinner erzählt dann von einer Nahtodeserfahrung, er fiel auf einer Patrouille, wurde für tot erklärt und sagt, er habe - wie aus klassischen Nahtodeserzählungen bekannt - seinen eigenen Körper von außerhalb gesehen. "I'm afraid to look any further beyond that experience. You? You are not. Your resignation is unacceptable." Er weist hier auf einen wichtigen Unterschied zwischen ihm selbst und Mulder hin - Skinner ist einer der Vernünftigesten, vielleicht der Vernünftigste aller Charaktere, wagt sich aber über bestimmte Grenzen nicht hinaus und wird im Zweifel Kompromisse machen, was im Verlauf der Serie noch wichtig werden wird. Interessant war auch eine andere Aussage von ihm, als Mulder ihm sagt, er habe sein Leben riskiert: "Agent Mulder, every life, everyday is in danger. That's just life." Man vergleiche das mit der Panik, mit der X reagiert.

Insgesamt ist "One Breath" eine tolle Episode, über die man nicht nur über Mulder, sondern auch über X, den Raucher und Skinner erfährt. Das Übersinnliche nimmt in "One Breath" klar die Rolle des Positiven ein, vor allem in Gestalt der mysteriösen Schwester Owen, die nur Scully sieht und die es laut Auskunft einer anderen Schwester gar nicht gibt. Es ist nicht klar, ob Schwester Owen nur in Scullys Gedanken existiert, oder eine unerklärliche Wesenheit ist.
Es gibt Spekulationen, es könnte sich dabei um eine der Walk-Ins handeln, der außerirdischen Beschützerrasse, die in Red Museum erstmals erwähnt wird und später in "Closure" im Zusammenhang mit dem Tod Samanthas.
Im Hinblick auf die schauspielerischen Leistungen ist die in dieser Episode überragende Vorstellung von David Duchovny hervorzuheben, der hier alle Aufgaben, vor die mit Mulders Gefühlschaos gestellt wird, mit Bravour meistert. William Davies hat als der Raucher seinen ersten größeren Auftritt und gefiel mir ebenso gut wie Steven Williams als der paranoide X. Was die Inszenierung angeht, haben mir besonders die verschiedenen Szenen Scullys im Zwischenreicht (im Ruderboot sowie beim Aufeinandertreffen mit ihrem Vater) sehr gut gefallen. Die Szenen im Boot, das nur von einer Leine gehalten wird, dienen als Metapher für die sich weit vom rettenden Land (dem Diesseits) entfernt befindliche Scully, von dem aus die Lebenden mit ihr zu kommunizieren versuchen. Scully scheint sie zu hören, aber aufgrund der Entfernung nicht zu verstehen. Besonders eindrucksvoll die Szene, in der die Leine dann reißt. Sehr gut gemacht sind auch die Konfrontationen Mulders mit dem Raucher, X und schließlich die Interaktion mit Melissa in seiner Wohnung. "One Breath" ist mit gutem Grund eine der beliebtesten Akte X-Episoden überhaupt. Ich kann mich dem nur anschließen und gebe sechs Ruderboote dafür.
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Re: Akte X - Staffel 2

Beitragvon nevermore » Do 6. Sep 2018, 22:31

Folge 9, Staffel 2: "Der Vulkan / Firewalker"

Drehbuch: Howard Gordon
Regie: David Nutter



Bei Forschungsarbeiten in einem inaktiven Vulkan in Oregon sendet das Forschungsteam einen Notruf an ein Observatorium, danach bricht der Kontakt ab. Ein mit einer Kamera ausgestatteter Roboter sendet Bilder eines reglos auf dem Boden liegenden Mannes und eines sich bewegenden Schattens aus dem Inneren des Vulkans, wo es eigentlich kein Leben geben kann - und auch die Anwesenheit des Roboters dort war nicht geplant. Als Mulder und Scully dort ankommen, stellen sie fest, dass der Projektleiter offenbar den Verstand verloren hat und eine unbekannte Lebensform, ein auf Silizium basierender Pilz, die Forscher infiziert hat.

"Firewalker" hat von der Prämisse her viel Ähnlichkeit mit der Staffel 1-Episode "Ice"; es geht auch hier um eine bisher unbekannte Lebensform, die Mitglieder eines irgendwo im Nirgendwo operierenden Forschungsteams infiziert. Die Infizierten entwickeln paraoides Verhalten und werden zur tödlichen Gefahr. Wer von den Beteiligten infiziert ist, weiß man nicht, und somit herrscht eine paranoide Atmosphäre. Bereits der Einstieg erinnert an den Teaser von "Ice": Man sieht Filmaufnahmen, die ein vom Forschungsteam verwendeter Roboter an ein Observatorium sendet; sie zeigen die Leiche des leitenden Seismologen auf dem Boden des Vulkaninneren liegend, sowie einen sich bewegenden Schatten. Mulder und Scully werden von einem Wissenschaftler kontaktiert, der das Projekt wegen Problemen mit dem unter einer psychiatrischen Erkrankung leidenden Projektleiter Daniel Trepkos verlassen hat. Als die Agenten im Forschungscamp ankommen, erfahren sie, dass Trepkos sich seit der ersten Erkundung des Vulkans durch den Roboter Firewalker sonderbar verhält. In seinen Notizen finden sich Hinweise, dass Trepkos im Vulkaninneren eine unbekannte, auf Silizium basierende Lebensform entdeckt hat. Der Organismus, ein Pilz, hat mit seinen Sporen bereits die Teammitglieder infiziert. Die Sporen sondern Alkaloide ab, die bei den Infizierten wahnhaftes Verhalten auslösen, bevor der ausgewachsene Pilz sie tötet. Trepkos, der das wusste, wollte alle Infizierten töten, um die Ausbreitung der Infektion zu verhindern.

"Firewalker" leidet m.M.n. etwas darunter, dass nach den dramatischen Ereignissen im Dreiteiler um Scullys Entführung hier ziemlich abrupt und unvermittelt zur Tagesordnung übergegangen wird. Eigentlich sollte man meinen, dass Scullys Erlebnisse irgendeine Auswirkung haben, aber davon sieht man kaum etwas hier. Ebenfalls nicht hilfreich sind die schon erwähnten Parallelen mit "Ice", neben der verwandten Prämisse wird eine ähnliche Irreführung verwendet: Der anfänglich verdächtig agierende Trepkos ist nicht das eigentliche Problem. Bei näherer Betrachtung werden jedoch auch Unterschiede augenfällig, besonders, was die Interaktionen der Charaktere betrifft. Während "Ice" sich auf die Partnerschaft von Mulder und Scully konzentriert und diese auf die Probe stellt, ist dies in "Firewalker" kaum ein Thema; statt dessen wird Mulder der Figur des Trepkos gegenübergestellt. Trepkos weist eine ganze Reihe von Ähnlichkeiten mit Mulder auf: Er ist brilliant und hat originelle Ideen, aber auch paranoid und isoliert, und es ist schwierig, mit ihm zusammenzuarbeiten. Die Monologe auf seinen Tonbandaufnahmen könnten von Mulder stammen: "The possibility of this new, or perhaps unfathomably old, life form has left me sleepless, wondering if I haven't lost all perspective. If my intense desire to find the truth hasn't finally eclipsed the truth itself." Wie Mulder ist Trepkos auf der Suche nach der "Wahrheit", und es ist sicherlich kein Zufall, dass er gleich zu Beginn der Episode die Erforschung des Erdinneren in seiner Bedeutung mit der Erforschung des Weltalls vergleicht.

Eine weitere Gegenüberstellung stellt einen Bezug zu Scully her: Trepkos hat eine junge Praktikantin, Jessie O'Neil, mit auf die Forschungsexpedition genommen, mit dem Versprechen, "that this would be an adventure, and that it would change my life." O'Neil ist durch ein Arbeitsverhältnis in seine Welt hineingezogen worden, hat sich seiner Suche nach seiner Version der "Wahrheit" angeschlossen, und als Resultat wurde ihr Leben zerstört. Die Ähnlichkeiten zu Scully sind offensichtlich: Auch Scully ist durch ihre Arbeit in Mulders Suche verwickelt worden, und bereits zu diesem Zeitpunkt hat sie mit ihrer Entführung schon einen hohen Preis dafür bezahlt. Später in der Episode gibt es eine Stelle, als Trepkos Mulder gegenüber steht, die man als eine Art Metakommentar verstehen kann. "I came down here to investigate Erikson's death." - "That's not why you're here. You still believe you can petition heaven and get some penetrating answer. If you found that answer, what would you do with it?" Dieselbe Frage hat sich Mulder selbst schon in "Little Green Men" gestellt: Wenn er den Aliens begegnen würde, was würde er dann tun? Und in derselben Konversation: "Firewalker brought up an elephant. The truth is an elephant described by three blind men. The first man touches the tail and says it's a rope. The second man feels the rough leg and says it's a tree. The third man feels the trunk and says it's a snake. [...] I say the earth holds some truths best left buried." Trepkos ist eine extremere Version von Mulder, oder vielleicht auch nur eine Version, die ihren Weg schon weiter und ohne eine Begleiterin, die ihn auf dem Erdboden hielt, gegangen ist.

Interessant ist in "Firewalker" die Idee der Silizium-Lebensform, die Trepkos glaubte, im Vulkan entdeckt zu haben, und die in der Science Fiction schon öfter aufgetaucht ist, beispielsweise mit der Horta in der Star Trek-Episode "The Devil in the Dark". Beide "Science"-Bücher zu den X-Akten - das von Jeanne Cavelos und das von Carters wissenschaftlicher Beraterin Anne Simon - setzen sich mit dieser Episode und der Frage, unter welchen Bedingungen solche Lebensformen existieren könnten und wie sie aussehen könnten, auseinander. Das Resultat ist in beiden Büchern, besonders plausibel ist die in dieser Folge gezeigte Variante nicht.
Das Wachsen des Pilzes im menschlichen Wirt erinnerte mich an die später in der Serie auftauchenden "Embryonen" der Grauen.

Die Auswirkungen der Infektion mit diesem Pilz sind eindrucksvoll inszeniert, wie auch die Episode selbst einige recht atmosphärischen Szenen aufweist. Besonders die Aufnahmen in den Vulkanhöhlen sind sehr gut gelungen. Auch die Szenen mit Scully und der infizierten O'Neil haben mir gut gefallen, ebenso wie die schauspielerische Leistung von Shawnee Smith in der Rolle der Jessie O'Neil. Leider reicht die Episode trotz einiger guter Inszenierungen nicht an "Ice" heran. Was die Episode aus dem Durchschnitt heraushebt, ist die Gegenüberstellung von Mulder und Trepkos, und die Charakterisierung der beiden Figuren, die vor allem die Charakterentwicklung von Mulder weiterbringt. Ich gebe gute vier Vulkan-Roboter dafür.
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